Der Bundesrat hat heute beschlossen, dass er die Ausweitung des Covid-Zertifikats auf Restaurants, Bars und Cafés in Betracht zieht, sollten die Zahlen von Coronapatienten in Schweizer Spitäler weiter ansteigen. Bis zum 30. August will er nach der Konsultation der Sozialpartner und der Kantone entscheiden, ob es zu einer solchen Ausweitung kommt oder nicht.
Dieser Entscheid löst beim Gastrodachverband GastroSuisse grosse Betroffenheit aus. «Wir sind besorgt», sagt Casimir Platzer, Präsident von GastroSuisse, an einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag. Erst noch habe der Bundesrat davon gesprochen, dass die Schweiz in Richtung Normalisierung gehe. Nun zeige er sich aber plötzlich von der Idee angetan, dass der Besuch eines Restaurants, einer Bar oder eines Cafés nur noch mit Covid-Zertifikat möglich sein soll. «Diese Massnahme ist diskriminierend und spaltet unsere Gesellschaft», urteilt Platzer. Eine Ausweitung verunmögliche bis zu einer Million Menschen pro Tag einen Besuch in einem Restaurant, was schlicht und ergreifend ungerecht sei.
Keine rechtliche Grundlage
Weiter befürchtet der Berner Oberländer massive Umsatzeinbussen für alle Betriebe. Dabei stützt er sich auf Zahlen aus dem umliegenden Ausland, wo die Zertifikatspflicht seit mehreren Wochen und Monaten bereits in Kraft ist. Des Weiteren dürfe der Bundesrat eine solche Ausweitung gar nicht in Betracht ziehen. «Das Legalitätsprinzip in Artikel 5 der Bundesverfassung als fundamentales Prinzip unseres Rechtsstaates verlangt nämlich, dass wichtige Ungleichbehandlungen auf Stufe Gesetz geregelt werden. Eine Rechtsgrundlage auf Stufe Gesetz besteht für so einen gesellschaftlich relevanten Entscheid derzeit nicht», so Platzer. Aus diesem Grund lehnt GastroSuisse eine Ausweitung des Zertifikats entschieden ab.
Rückendeckung für seine Position erhält der Verband aus dem Bundesparlament. «An gewissen Anlässen ist es sicherlich notwendig, ein Zertifikat zu verlangen. Allerdings können wir den Wirten ein solches nicht zumuten, da sie keine Zeit haben, diese Zertifikate zu kontrollieren. Der Wirt ist immer noch ein Wirt und kein Polizist», sagt Nationalrat Alois Gmür auf Anfrage. Allerdings gesteht auch er ein, dass eine Ausweitung des Zertifikats immer noch besser sei, als die Betriebe ganz zu schliessen. «Das Zertifikat soll aber erst zum Zug kommen, wenn die Spitäler überfüllt sind und es auf Grund der Coronapatientinnen und -patienten in den Spitälern keine andere Alternative mehr gibt», so der Schwyzer Bierbrauer.
SVP-Nationalrätin Esther Friedli meint: «Eine mögliche Ausdehnung des Covid-Zertifikates auf den Besuch von Innenräumen in Restaurants und kulturelle Einrichtungen lehne ich entschieden ab. Damit wird die Bevölkerung in zwei Gruppen geteilt. Anstatt alle Gäste willkommen zu heissen, sollen wir Wirtinnen und Wirte neu Polizisten spielen. Die Gastrobranche leistet seit über 18 Monaten einen massgebenden Beitrag zur Bewältigung der Pandemie und wurde arg gebeutelt. Dass die Gastronomie nun nochmals massiv beeinträchtigt und auf ihrem Buckel die Impfquote erhöht werden soll, kann ich nicht akzeptieren. Die meisten Patienten auf den Intensivstationen sind Reiserückkehrer. Der Bundesrat müsste vielmehr in diesem Bereich Massnahmen ergreifen, anstatt im Inland die Unternehmen wieder in ihrer Arbeit zu beeinträchtigen.»
Hoteldirektor Raphael Herzog sagt im Interview mit dem GastroJournal: «Kommt es tatsächlich zu diesem Zertifikat, werden wir diese Vorgaben selbstverständlich unter dem Motto Hospitalhygiene in Hospitality umsetzen. Doch dieser Schritt führt zu Unsicherheiten im Team. Wir befürchten, dass es im Eventbereich zu Absagen kommt. Das wäre für uns schmerzlich.»