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Gourmet auf dem Schiff: Das Geheimnis hinter dem Erfolg

– 11. November 2021
Das Excellence Gourmetfestival zieht Jahr für Jahr viele neue Gäste und Wiederholungstäter an. Weshalb lohnt sich die Reise für Köche und Gäste? Und wie gewinnt der Veranstalter das Vertrauen der Passagiere trotz der Pandemie?

«Wahnsinn, was so ein Gemüse alles kann», findet ein Gast, als ihn Moderator Dani Fohrler fragt, ob ihm das Dinner gefallen hat. «Und dann erst noch ein Fenchel – den mag ich sonst nicht besonders.» Der ganze Saal applaudiert. Es sind 150 Gäste, das Schiff ist ausgebucht. Gastkoch Dominik Hartmann lächelt verlegen.

Die «Countess», so der Name des Schiffs, tuckert zu jener Zeit auf dem Rhein. Irgendwo zwischen dem Start in Basel und dem Ziel in Strassburg. Es ist kurz vor 23 Uhr, wer nicht ganz genau aus dem Fenster blickt, merkt in der Dunkelheit kaum, dass sich das Schiff bewegt. Bewegt ist dafür Daniel Fuog. Der gelernte Koch und Absolvent der Hotelfachschule Belvoirpark ist seit vier Jahren fürs Reisebüro Mittelthurgau tätig, die das Excellence Gourmetfestival veranstaltet: «Wir feiern nächstes Jahr unser zehnjähriges Jubiläum. Dominik, dürfen wir euch gleich wieder anfragen?»

Fuog gesteht, dass er vor der Fahrt mit Hartmann ein wenig nervös war. Wie würden die Gäste diese Küche wohl annehmen? Während die Fahrten an den Wochenenden auch ein jüngeres Publikum anzieht, sind es unter der Woche mehrheitlich ältere Gäste, die das Erlebnis auf einem der beiden Gourmetschiffe «Princess» oder «Countess» buchen. Der 29-jährige Hartmann, dessen Restaurant Magdalena in Rickenbach SZ mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist, verzichtet mehrheitlich auf Fleisch. Sein Hauptgang auf dem Schiff: Randen, Chicorée, Preiselbeere. Hartmann: «Ich war selbst auch gespannt, wie die Gerichte ankommen. Im Restaurant haben wir zurzeit eine Karotte an einer Dashi mit Chicorée und Buchweizen als Hauptgericht. Das wäre bei dieser Klientel vielleicht übermutig gewesen.» Der vom Gast explizit gelobte Fenchel kommt geschmort mit Haselnuss und auf einem Safransud in den tiefen Teller. «Ein ziemlich komplexer Prozess, das Resultat verblüfft manchen Gast.»

Attraktive Preise, Herzblut, Expertise

Das Erfolgsrezept des Gourmetfestivals vom Reisebüro Mittelthurgau: ausgezeichnete Köche, durch den Abend führt ein bekannter Moderator wie eben Fohrler oder Sven Epiney, eine kurzweilige Schiffsfahrt, ein Tagesausflug in Strassburg. Zum Hafen in Basel und von Strassburg nach Hause geht es mit dem Reisecar, der an diversen Standorten in der Schweiz Halt macht. Hinzu kommen attraktive Preise ab 295 Franken pro Person in der Doppelkabine. Nicht inklusive sind dabei einzig die Getränke, wobei die Weinbegleitung, Drinks und Wasser sehr preiswert angeboten werden. Stephan Frei, Geschäftsleiter des Reisebüros Mittelthurgau: «Die Gäste merken, dass da Herzblut und Expertise dahintersteckt. Das nehme ich für mein Team und die Teams unserer Gastköche in Anspruch. Aber vielleicht ist es auch viel einfacher und die Geheimformel lautet: Es schmeckt einfach unglaublich gut. Sehr angenehm für die Gäste ist, dass man nach dem Gourmetabend und dem Chill-out in der Lounge das Hotelbett gleich um die Ecke hat.»

Nachdem die letztjährige Ausgabe pandemiebedingt abgesagt wurde, investierte man für dieses Jahr in die Ionisierungstechnik auf den Schiffen und in den Bussen – die Frischluftgarantie zahlt sich aus: Das Festival ist praktisch ausgebucht. «Weil wir die 3G-Infektionsschutzregel mit Zertifikatspflicht anwenden, gab es einzelne Gäste, die deswegen absagten», erzählt Frei. «So kamen Gäste auf der Warteliste zum Zug.»

Abwechslung, Teamevent, Zustupf

Doch weshalb lohnt sich das Engagement für die Köche und deren Teams, die den freien Tag für einen weiteren Tag in der Küche opfern? Zwei Tage vor Hartmann ist Sebastian Rösch (33) an der Reihe. Der Einsternekoch aus dem Zürcher Restaurant Mesa kocht klassischer, der bayerische Einschlag begeistert die Gäste: Kartoffel mit Spinat und weissem Trüffel, Spanferkelhaxe mit Dörrbirne und Blumenkohl, Lammschulter und -milke mit Kartoffelknödeln. «Solche Abende ausser Haus sind immer eine tolle Abwechslung», erklärt Rösch. «Ein neues Publikum, wir wissen vom Menü her ziemlich genau, was auf uns zukommt, und wir geniessen die Zeit in Strassburg.» Klar ist: Die vierstellige Gage – alle Gastköche erhalten die gleiche pro Abend – macht es nicht alleine aus. Die meisten Küchenchefs regeln mit ihrem Betrieb solch externe Auftritte so, dass die Gage als Zusatzverdienst in die Kasse des Kochs fliesst. Ob er die Teammitglieder entschädigt, ist sein Entscheid. Rösch lädt seine Köche und Serviceleute tags darauf zum Mittagessen in Strassburg ein – mit Blick aufs Teambuilding wohl die nachhaltigere Idee, als jedem ein paar Geldscheine zu überreichen.

Spannend, so Rösch, sei auch die Zusammenarbeit mit der Küchen- und Servicecrew der Excellence. Die ihm bis dahin unbekannten Köche spannt er zum Anrichten der Teller mit ein. Als kurzfristig sein Jungkoch Thomas Müller mit einem blutenden Kopf – er knallte unglücklich gegen den Salamander – ausfällt, ist Rösch froh um zwei fremde, aber ­geschickte Hände eines Schiffskochs. «Man merkt schnell, dass wir Köche alle vom gleichen Schlag sind.»

Während das Mesa Ende Jahr wohl seine Türen schliesst (GastroJournal berichtete), dürfte das Magdalena auf dem Schiff neue Gäste gewonnen haben: Gleich mehrere Passagiere versprechen Hartmann am Ende des gelungenen Abends, schon bald nach Rickenbach zu fahren.