Kemmeriboden-Bad: «Wir sind unendlich dankbar für die grosse Solidarität»

Oliver Borner – 26. Juli 2022
Vor drei Wochen wurde das Hotel Kemmeriboden-Bad in Schangnau BE durch eine Flutwelle schwer beschädigt. Seither laufen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Ab nächsten Monat will das Gastgeberpaar mit einem Gastro-Pop-Up zumindest teilweise wieder durchstarten.

Der Schock war gross, als am 4. Juli eine Flutwelle das Hotel Landgasthof Kemmeriboden-Bad im Emmental unerwartet traf und verwüstete. Nach intensivem Regenfall in den Bergen schwoll der naheliegende Fluss Emme zum reissenden Strom an und setzte das historische Gebäude grossteilig unter Wasser. «Dabei hatte es hier bei uns nicht einen einzigen Tropfen geregnet», erinnert sich Hotelbesitzer Reto Invernizzi an den Nachmittag. Der 40-Jährige hatte gerade eine Weinverkostung auf der Terrasse beendet, als das Wasser kam. Innerhalb von zehn Minuten verwandelte sich der idyllische Landgasthof in ein Feld aus Schlamm und Schwemmholz.

«Wir sind unendlich dankbar»

Drei Wochen sind seit dem Unglück vergangen und das Gelände ist kaum wiederzuerkennen. Wo einst Gäste auf der Terrasse ein Glas Wein oder ein Dessert genossen, liegt heute grösstenteils Geröll. Die Arbeiten dauern weiterhin an. Aus den Gebäuden wird noch immer Schutt herausgetragen, Bagger stehen auf der ehemaligen Terrasse des Landgasthofes, Bauarbeiter reissen im Erdgeschoss den Boden auf. «Der Ausbruch und Aushöhlung des Hauses ist noch immer die grösste Herausforderung», sagt Invernizzi. Viele Wände mussten wegen des Schlamms und des Wassers rausgerissen werden, damit keine Fäule und Gestank entstehen können. «Glücklicherweise war und ist das das Haus nicht einsturzgefährdet», so Invernizzi. Damit konnte der worst case verhindert werden.

Wie hoch der zustandegekommene Schaden tatsächlich ist, steht noch nicht fest. Das hänge unter anderem damit zusammen, dass viele Teile aus dem Inventar des Hotels weggespült wurden und bis heute nicht mehr auffindbar sind. Das macht die Schätzung durch die Versicherung schwierig. Klar ist allerdings, dass die Aufräumarbeiten noch länger andauern werden. «Wir können leider noch nicht sagen, wann der Kemmeriboden wieder für Gäste geöffnet werden kann. Es kann in einem oder auch in zwei Jahren soweit sein», so Invernizzi.

Worauf sich der Gastgeber zusammen mit seiner Frau aber verlassen kann, ist die Hilfe der hiesigen Bevölkerung und anderen Hoteliers aus der Region. «Wir sind überwältigt, wie viele Menschen uns in dieser schwierigen Zeit unter die Arme greifen wollen. Wir sind unendlich dankbar für die riesige Solidarität», so Invernizzi, obwohl  es für ihn zu Beginn nicht einfach gewesen sei, diese Hilfe anzunehmen.

 

Neustart mit Gastro-Pop-Up

Den Mut hat das Gastgeberpaar trotz des Vorfalls nicht verloren. Es gibt einen Lichtblick am Ende des Tunnels. «Anfang August dürfen wir im Berner Kantonalbankhaus in Thun BE, im Bistro Franc, ein Pop-Up eröffnen», verkündet Invernizzi. Dieses soll mit einer kleinen Karte und den beliebten Kemmeriboden Meringue den Gästen ein Stück Kemmeriboden-Bad zurückbringen. Davon sollen auch die lokalen Partner aus dem Emmental profitieren, welche den Landgasthof seit seiner Gründung unterstützt und mit ihren Lebensmitteln beliefert haben. Losgehen soll es in Thun am 3. August 2022.

Ein solches Pop-Up soll es in absehbarer Zeit auch im Kemmeriboden geben. «Wir hoffen, dass wir bis im Herbst hier vor Ort ein ähnliches Konzept anbieten können», meint Invernizzi. Dabei sollen auch alle Mitarbeitenden miteinbezogen werden, welche alle weiterhin beim Hotel angestellt bleiben. Diese Zuversicht hat das Gastgeberpaar auch mit Blick auf die Infrastruktur. «Wir haben mit dieser Katastrophe die Chance, Altlasten in diesem Haus auszumerzen, um es damit für die kommenden Generationen fit zu machen». So müsse beispielsweise an vielen Orten der komplette Untergrund neu konzipiert und gebaut werden. Grosse Veränderungen soll es am Konzept des Landgasthofs trotz der Katastrophe und eines Neustarts nicht geben. «Wir werden versuchen, alles möglichst wieder so aufzubauen, wie es vorher war», sagt Reto Invernizzi. Insbesondere die historischen Räume, wie die berühmte Gaststube, sollen wieder in altem Glanz erstrahlen.