«Der Charakter und die Philosophie des Betriebs sind entscheidend»

Oliver Borner – 15. Juni 2022
Vor zwei Wochen gewann das Hotelierpaar Alexandra und Reto Invernizzi vom Hotel Landgasthof Kemmeribodenbad den Titel «Hotelier des Jahres 2022». Im Interview mit dem GastroJournal spricht Reto Invernizzi über den Gewinn der Auszeichnung und die Leidenschaft, mit welcher das Paar den Betrieb in sechster Generation führt.

Reto Invernizzi, zunächst herzliche Gratulation zum Titel «Hotelier des Jahres»! Wie fühlt es sich an, diesen Preis zu erhalten?
Reto Invernizzi: Vielen Dank. Für uns ist es eine grosse Ehre, diesen Preis in Empfang nehmen zu dürfen. Zudem ist es eine grosse Wertschätzung für das Engagement und unsere Anstrengungen als Team und Region. Gleichzeitig nehmen wir diesen Preis auch mit grosser Ehrfurcht entgegen.

Wo sehen Sie die Gründe für diesen Erfolg?
Das müssten Sie die Jury fragen. Ich denke aber, es ist ein Generationenwerk, welches uns die Auszeichnung eingebracht hat. Alle Besitzer vor uns haben ihre Hausaufgaben gemacht und uns ermöglicht, einen funktionierenden Betrieb in sechster Generation zu übernehmen, bei dem wir uns von Anfang an nach vorne orientieren konnten. Es könnten auch die eigenen Ideen und das Engagement für die Berufsbildung sein, die den Ausschlag gegeben haben.

Was bedeutet es Ihnen Chef dieses Traditionsbetriebs zu sein?
Mich macht es in erster Linie stolz, dass wir hier auf dem Kemmeriboden ein solches Kulturerbe, das über Generationen bestand hatte, vertreten und leben können.

Was motiviert Sie, jeden Tag für Ihre Gäste da zu sein?
Ich habe Menschen generell sehr gerne und gebe ihnen gerne das Gefühl, bei uns willkommen zu sein. Das in seinem eigenen Haus zu erleben, ist für mich die grösste Motivation, die es gibt.

Ihr Betrieb ist durch Innovationen (u.a mit Projekten wie Stroh Deluxe oder den Iglus) nie stehen geblieben. Woher nehmen Sie die Inspiration für neue Projekte?
Wir haben bei uns einen Ideenpool, wo wir Einfälle und Ideen sammeln und darüber diskutieren. Dabei binden wir auch gezielt unsere Lernenden ein, für die wir immer ein offenes Ohr haben. Zudem sind wir allen Ideen gegenüber sehr offen und versuchen, immer Neues zu entdecken und dies in unseren Betrieb einzubauen.

Warum sind diese Projekte so erfolgreich?
Ich glaube, das liegt daran, dass wir nur Projekte verfolgen, die wirklich Hand und Fuss haben. Zudem müssen diese Projekte zu uns passen und unsere Identität verkörpern. Nur so wird der Betrieb nachhaltig und kann in und über die Region hinaus überzeugen.

Was macht für Sie persönlich ein gutes Hotel aus?
In der heutigen Zeit ist es zwingend, dass der Komfort und die Qualität stimmt. Dieser Aspekt hat in den vergangenen zehn Jahren enorm an Bedeutung zugenommen und ist daher sicher entscheidend. Daneben muss der Betrieb Charakter und ein passendes, eigenes Profilaufweisen , welches er auch gegen aussen mit Überzeugung vertritt. In den meisten Fällen wirkt sich dies positiv auf den Gast aus und er kommt dann auch gerne wieder.

Die Hotelbranche kämpft momentan mit mehreren Herausforderungen. Wie gehen Sie in Ihrem Betrieb damit um?
Die grösste Herausforderung sind momentan die steigenden Preise, vor allem im Energiebereich. Obwohl wir das eigentlich nicht wollen, sind wir gezwungen, unsere Preise anzupassen, um unsere Kosten zu decken.

Wie sieht es mit dem Fachkräftemangel aus?
Wir sind glücklicherweise bisher von einem Mangel an Fachkräften grösstenteils verschont geblieben. Wir bemühen uns stets darum, dass unsere Mitarbeitende und Lernende bei uns glücklich sind.

Wie machen Sie das?
Wir investieren sehr viel in die Aus- und Weiterbildung unserer Lernenden und zeigen all unseren Mitarbeitenden unsere Wertschätzung für ihre Arbeit. So schenkten wir beispielsweise allen Mitarbeitenden an Weihnachten eine Woche zusätzliche Ferien im 2022. In unserer Branche fehlt es den Angestellten oftmals an Zeit. Deshalb beschenkten wir unser Team mit zusätzlichen 365 Ferientagen.

Der Blick in die Zukunft dürfte damit positiv ausfallen. Welche Projekte stehen als nächstes an?
Konkrete Projekte sind momentan keine geplant. Wir versuchen aber, bereits jetzt die Leitplanken für die nächste Generation in diesem Haus zu schlagen, indem wir beispielsweise im Bereich Raumplanung Vorarbeiten leisten. Wir wollen unsere Hausaufgaben bereits jetzt machen, damit die nächste Generation, ähnlich wie wir, mit Elan in die Zukunft starten kann.