«Wir müssen das Image der Branche verbessern»

Oliver Borner – 15. Juni 2023
Am 20. und 21. Juni gastiert die Gastrobranche mit ihrer jährlichen Delegiertenversammlung (DV) in Arosa GR. Als Präsident von GastroGraubünden und Gastgeber ist Franz Sepp Caluori für die Organisation der wichtigsten Tage der Schweizer Gastronomie verantwortlich. Im Interview mit dem GastroJournal blickt er auf die anstehende DV und beurteilt die aktuelle Lage der Bündner Gastronomie.

Franz Sepp Caluori, am 20. und 21. Juni gastiert die Delegiertenversammlung von GastroSuisse in Arosa. Wie ist die Gefühlslage beim «Tätschmeister»?
Franz Sepp Caluori: Hervorragend. Der Verband hat viel Zeit in die Organisation gesteckt und ich bin zuversichtlich, dass es eine attraktive Delegiertenversammlung geben wird. Wir freuen uns als Verband sehr darauf, die Delegierten von GastroSuisse in Arosa begrüssen zu dürfen.

Worauf freuen Sie sich besonders?
Vor allem auf den Galaabend. Da können wir als Verband zeigen, was wir können und die eine oder andere Überraschung einbauen.

Eine Überraschung?
Ich werde an dieser Stelle natürlich nichts verraten.

Was wird anders als bei früheren Austragungen der DV sein?
Einerseits lädt der Verband alle Präsidentinnen und Präsidenten der jeweiligen Kantone einen Abend vor der DV als Kick-off zum Apéro auf die Alparosa ein. Unter dem Motto «Alpenchic» werden die Gäste einen geselligen Abend mit einem abwechslungsreichen Programm erleben. Am Galaabend wird zudem nicht das ganze Menü serviert. Wir haben uns entschieden, dass nur die beiden Vorspeisen an den Tischen serviert werden. Für den Hauptgang dürfen die Gäste aufstehen und ihr Essen an Marktständen selbst auswählen.

Warum das?
Wir wollen den Galaabend ein wenig auflockern. Wenn die Gäste sich von ihrem Plätzen erheben, gibt das viel mehr Raum für Gespräche und den Austausch untereinander. Wir wollen mehr Dynamik in die Veranstaltung bringen.

Dynamisch soll es auch danach weitergehen.
Ja. Nach dem Galaabend wird es die SwissWine-Lounge und die Calanda-Bar mit DJ-Musik und Tanz geben.

Für Abwechslung ist also gesorgt. Warum ist Arosa der perfekte Austragungsort für die DV?
Arosa verkörpert ganz Graubünden. Es verbindet den ländlichen mit dem städtischen Charakter, es gibt sowohl Winter- als auch Sommertourismus, das Kulturangebot ist mit seinen Festivals sehr gross. Kurzum, in Arosa kommen alle wichtigen Eigenschaften unseres Kantons zusammen.

Sie sind seit vielen Jahren in der Gastrobranche tätig. Wie hat sich diese seither verändert?
Die Branche hat sich stark verändert. Dies fällt mit Blick auf die Art der Betriebe auf. Die traditionellen Landgasthöfe in den Destinationen sind weniger geworden und werden vermehrt von neuen, innovativen Konzepten abgelöst. Dabei spielen die Gäste eine zentrale Rolle.

Inwiefern?
Dank der grossen Tourismus-Hotspots wie Laax-Flims-Falera, Davos, Engadin, St. Moritz oder Arosa-Lenzerheide kommen seit Jahrzehnten viele nationale und internationale Gäste zu uns in den Kanton. Dieser Mix verlangt von den Betrieben, dass sie sich stets weiterentwickeln und neue Konzepte anbieten, um den Gästen das beste Erlebnis zu bieten.

Wie geht die Branche mit diesen Veränderungen um?
Sie macht das bei uns im Kanton sehr gut. Die Betriebe unterstützen einander und gehen Hand in Hand in die Zukunft. Das konnten wir bereits in der Coronapandemie sehr gut beobachten.

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Franz Sepp Caluori setzt sich mit seinem Verband stark für die Förderung des Gastronachwuchses ein. (Bild: Nicola Pitaro)

Apropos Mitglieder: Wie geht es den Mitgliedern von GastroGraubünden?
Die Stimmung ist bei unseren Mitgliedern generell sehr gut. Es gibt aber aktuelle Herausforderungen, welche die Branche beschäftigen.

Ich nehme an, Sie sprechen vom Fachkräftemangel?
Richtig. Es gibt einzelne Mitglieder, die Bereiche ihrer Betriebe geschlossen oder ihre Öffnungszeiten entsprechend angepasst haben, weil sie zu wenig Mitarbeitende gefunden haben.

Treten die Mitglieder mit solchen Problemen auch persönlich an Sie heran?
Natürlich. Ich bin als Konditor und Betreiber eines Cafés selbst noch an der Basis dabei und führe daher sehr oft Gespräche mit unseren Mitgliedern. Da kriegt man schon mit, wo der Schuh drückt.

Was macht GastroGraubünden, um das Problem Fachkräftemangel zu bekämpfen?
Der Verband setzt sich schon seit vielen Jahren dafür ein, dass junge Menschen die Gastronomie- und Hotelleriebranche wählen. Dafür haben wir, lange vor anderen Kantonalverbänden und GastroSuisse, in den sozialen Medien – Instagram, TikTok, Snapchat, Facebook, etc. - auf unsere Berufe aufmerksam gemacht. Das bekannteste Format ist Gastro Story, welche den jungen Menschen digital einen Einblick in die Branche ermöglicht.

Gastro Story ist bei YouTube sehr erfolgreich. Wie sieht das Engagement im Offline-Modus aus?
Da haben wir unter anderem im Januar 2023 in Zusammenarbeit mit der Graubündner Kantonalbank (GKB) das «Next Generation Board» lanciert. Dort bieten wir Workshops an, in denen sich Jugendliche und Angestellte aus der Branche austauschen können. Dabei geht es vor allem darum, dass wir als Verband von den jungen Menschen lernen. Die sagen uns, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussieht, nicht umgekehrt. In diesem Zusammenhang wollen wir Jahresarbeitszeit einführen, um vor allem unseren Saisonarbeitenden entgegenzukommen. Hier haben wir im März eine Basisbefragung bei unseren Mitarbeitenden gemacht, um herauszufinden, welche Erwartungen und Bedürfnisse seitens der Mitarbeitenden sowie der Arbeitgebenden bestehen.

Wie kommt das Engagement des Verbands bei den Mitgliedern an?
Wir spüren eine grosse Unterstützung für unsere Bemühungen. Es ist dem Verband stets ein Anliegen, dass die Betriebe in die laufenden Projekte einbezogen werden. Das wird sehr geschätzt.

Inwiefern bringen diese Bemühungen im Kanton den gewünschten Erfolg?
Das ist noch schwierig zu sagen. Bis messbare Resultate vorhanden sind, braucht es Zeit. Aber wir konnten in den letzten Jahren dank unseren Anstrengungen den Rückgang an Lernenden bremsen. Das ist ein erster Erfolg und geht sicher auch auf unsere Bemühungen  und das Engagement unserer Ausbildungsbetriebe zurück. Wir wollen aber nicht stehen bleiben. Die laufenden Projekte werden stets weiterentwickelt und optimiert.

Warum gestaltet sich die Suche nach Nachwuchs nach wie vor als schwierig?
Das grösste Problem ist die Demographie. Aktuell gehen mehr Personen in den Ruhestand als junge Menschen auf den Arbeitsmarkt nachrücken. Gleichzeitig wächst die Wirtschaft und folglich gibt es unvermeidbare Lücken. Daneben sehe ich auch ein Imageproblem der Branche. Eltern und auch die Öffentlichkeit erfahren aus den Medien leider nur negative Beispiele. Dass unsere Branche aber vielfältige Möglichkeiten und Perspektiven bietet, sehr abwechslungsreich ist und vielfältige Karrierechance bereit hält, geht dabei leider vergessen. Deshalb muss es uns gelingen die vielen «Good Stories», welche die Branche schreibt, nach aussen zu tragen und ins Schaufenster zu stellen. Die Gastro Story ist unsere Antwort darauf – und hat im 2022 im übrigen einen Swiss HR Award gewonnen.

Wie hat sich die Mitgliederzahl von GastroGraubünden in den letzten Jahren entwickelt?
Die Mitgliederzahl liegt seit mehreren Jahren konstant bei etwa 1000 Mitgliedern. Wir hatten vor der Pandemie einen kleinen Rückgang, welcher aber mittlerweile durch neue, junge Mitglieder wieder mehr als aufgeholt wurde.

Sie sind gelernter Konditor und Confiseur. Wie oft stehen Sie noch in der Backstube?
Jeden Tag. Es ist für mich ein Ausgleich zu all den anderen Ämtern, die ich ausübe. Es macht mir nach wie vor sehr viel Spass und möchte es nicht missen.

Was ist Ihr liebstes Dessert?
Das ist einfach. Bananensplit! Den gibt es auf der ganzen Welt und schmeckt - in der Regel - immer gleich gut.

Wo im Kanton Graubünden sind Sie in Ihrer Freizeit besonders gerne?
Wenn ich im Kanton Graubünden unterwegs bin, dann am liebsten irgendwo in den Bergen. Im Ausland bin ich am liebsten am Meer.

Sie sitzen seit 2014 für die Mitte im Grossen Rat des Kantons Graubünden und sind Standesvizepräsident. Was sind Ihre politischen Ziele?
Ein politisches Ziel habe ich bereits erreicht. Nämlich, dass die Betriebe während der Coronapandemie mehr Geld bekamen, als der Kanton zunächst geplant hatte. Ganz aktuell setze ich mich für das Klimagesetz ein, über das am 18. Juni abgestimmt wird.

Obwohl sich der Dachverband GastroSuisse dagegen ausspricht?
Ja. Ich bin überzeugt, dass der ökologische Nachhaltigkeitsaspekt bei den Gästen sowie den Mitarbeitenden bei der Wahl eines Hotels, eines Restaurants oder ihres Arbeitgebers noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. Die Betriebe tun daher gut daran, sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Dieses Gesetz unterstützt sie dabei und bietet wichtige Anreize. Unsere Branche kann und muss eine Vorreiterrolle in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit einnehmen, um das höchste Gut unseres Kantons - die Natur - zu schützen.

Was wünschen Sie der Branche/dem Verband für die Zukunft?
Ich wünsche unserer Branche und den Betrieben viele Gäste, genug Mitarbeitende und weiterhin viel Erfolg.