In den vergangenen Wochen war es in der Branche immer wieder ein Thema: Wer wird Nachfolger des zurücktretenden Trésorier Walter Höhener, der seit 2012 im Vorstand von Gastro Suisse sitzt und seit sechs Jahren die finanziellen Geschicke des Verbands leitet? Die 231 Delegierten können aus vier Kandidaten wählen: Maurus Ebneter (Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt), Daniel Müller (Geschäftsleiter bei Bindella), Urs Pfäffli (offizieller Kandidat von GastroZürich) sowie Vorstandsmitglied Moritz Rogger (Präsident von GastroRegion Sursee). Nach dem ersten Wahlgang verpasst Ebneter das absolute Mehr nur um zwei Stimmen. Im zweiten Gang erhält er dann aber 143 von 223 Delegiertenstimmen und setzt sich klar vor Pfäffli (64) und Müller (14) durch. Maurus Ebneter sagt unmittelbar nach der Wahl: «Gesunde Finanzen sind das Fundament eines starken Verbands. Dafür werde ich mich als Trésorier einsetzen.»
Chronologie einer Dramatik wie bei einer Bundesratswahl
Rogger zieht seine Kandidatur als Trésorier zurück und konzentriert sich auf die Wiederwahl im Vorstand, wo sechs Sitze zu besetzen sind – bei acht Kandidaten! Die Spannung steigt wie bei einer Bundesratswahl, das Ergebnis überrascht: 219 Delegierte geben ihren Wahlzettel ab und wählen die SVP-Nationalrätin Esther Friedli (151 Stimmen, neu), Bruno Lustenberger (Präsident GastroAargau, bisher, 140), Gilles Meystre (Präsident GastroVaud, bisher, 140), Muriel Hauser (Präsident GastroFribourg, bisher, 125), André Roduit (Präsident Gastro Valais, bisher, 125) und Moritz Rogger (bisher, 121) per 1. Juli 2021 in den GastroSuisse-Vorstand. Daniel Müller (neu) erreicht mit 110 Stimmen zwar das absolute Mehr, scheidet aber als überzähliger Kandidat aus. Der bevölkerungsreichste Kanton Zürich mit der wohl innovativsten Gastronomie des Landes ist damit im Vorstand von GastroSuisse weiterhin nicht vertreten. Die Bündnerin Annalisa Giger-Sialm (109) wird nach nur drei Jahren Vorstandstätigkeit abgewählt. Sie dürfte ein Opfer der Strahlkraft von Esther Friedli sein, für die sich GastroGraubünden-Präsident Franz Sepp Caluori in einer Wortmeldung persönlich einsetzt.
Keine Zweifel bestehen bei der Wiederwahl von Casimir Platzer, der als Einziger für das Amt des Präsidenten kandidiert und GastroSuisse seit 2014 führt. Bei 220 eingehenden Wahlzetteln erhält er 207 Stimmen für seine Wiederwahl, 13 Stimmen gehen leer ein. «Ich danke Ihnen für das Vertrauen, das sie mir für weitere drei Jahre geben. Ich wache jeden Morgen voller Energie auf, um mich weiterhin für den Verband und seine Mitglieder einzusetzen», sagt der spätestens seit der Coronakrise national bekannte GastroSuisse-Präsident. Sein Vize Massimo Suter, der Präsident von GastroTicino, erhält 199 Stimmen von 224 eingegangenen Wahlzetteln (25 sind leer) und wird fast genauso glanzvoll wiedergewählt. Suter vervollständigt den neunköpfigen Vorstand von GastroSuisse.
«Die Gesundheit der Menschen ist uns immer wichtig»
Platzer bezeichnet die Gesamterneuerungswahlen für die Amtsperiode von 2021 bis 2024 als «Pièce de Résistance» der Delegiertenversammlung vom 18. Mai 2021. Deshalb stehen die weiteren Geschäfte der Traktandenliste im Schatten dieser Wahlen. In seiner Eröffnungsrede betont der Berner Oberländer: «Die Gesundheit der Menschen war und ist uns immer wichtig. Ebenso fundamental ist aber auch, dass unsere Mitglieder eine Perspektive haben und fair entschädigt werden.» Der abgetretene Gilde-Präsident und Hotelier René F. Maeder erklärt in einer Wortmeldung: «Es ist nicht Aufgabe des Verbands, Massnahmen des Bundesrats und der Wissenschafter in Frage zu stellen.» Maeder sieht diese Meinung nicht als Kritik am Vorstand, sondern als Anregung für die Zukunft.
Daniel Borner, Direktor von GastroSuisse, zitiert in seinem GastroSuisse-Jahresbericht 2020 den verstorbenen deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt, der einst gesagt hat: «In der Krise beweist sich der Charakter.» GastroSuisse habe in diesem «schrecklichen Krisenjahr» Charakter gezeigt. Viele andere Gewerbetreibenden hätten sich ebenfalls einen so agilen Verband gewünscht. «Nach der Krise wird vor der Krise sein. Jetzt wissen wir, für welche Herausforderungen wir gerüstet sein müssen. Wenn diese Krise vorbei ist – was derzeit noch nicht der Fall ist –, dann ist Zeit zurückzublicken und Bilanz zu ziehen.» Es sollen Lehren gezogen und Massnahmen erarbeitet werden. Dafür brauche es aber eine gründliche Analyse.
Die Verbandsspitze und ihre Delegierten hoffen, dass die nächste Versammlung wieder vor Ort durchgeführt werden kann. Terminiert ist diese für den 30./31. Mai 2022 in St. Gallen. Gastgeber ist Walter Tobler, Präsident von GastroSt. Gallen. Platzer zeigt sich in seinem Schlusswort optimistisch: «Es ist erfreulich, welche grosse Solidarität wir aus der Bevölkerung erhalten. Es lebe GastroSuisse!»