Trinkgeld: Transparenz steigert Attraktivität als Arbeitgeber

Iris Wettstein – 31. Juli 2023
Obwohl in den letzten Jahren die bargeldlosen Zahlungen stark zunahmen, wird das Trinkgeld für die Angestellten laut einer Umfrage nicht generell kleiner. Wichtig ist aber für die Betriebe, die Verteilung transparent zu machen.

Ein Trinkgeld ist eine freiwillige und persönliche Anerkennungsgeste des Gastes gegenüber dem Mitarbeitenden. Laut einer Studie des gfs.bern von 2022 geben 95 Prozent der Befragten in der Gastronomie Trinkgeld. Ein Drittel der befragten Personen geben etwa 10 Prozent, viele runden auf den nächsten Franken oder sogar Zehnfrankenbetrag auf. Eine ähnliche Studie der ZHAW School of Management and Law zeigt, dass mehr als drei Viertel der Befragten das Trinkgeld in bar geben, und zwar weil viele glauben, dass es bei Kartenzahlung nicht beim Servicepersonal ankommt.

Wie das Trinkgeld im Restaurant unter den Mitarbeitenden verteilt wird, ist nicht einheitlich geregelt. Einige Betriebe rechnen jeden Abend ab, andere wöchentlich oder sogar monatlich. Bei der Familie Wiesner Gastronomie AG (FWG) wird alle zwei Wochen abgerechnet. Jeder Servicemitarbeitende hat sein eigenes Kreditkartengerät. Dadurch ist ersichtlich, wie viel Trinkgeld jeder Person zusteht. Ein Teil wird abgezogen und geht an die Küche – eine faire Aufteilung ist wichtig. «Fühlt sich jemand aus dem Service ungerecht behandelt, hat diese Person jederzeit die Möglichkeit, den Auszug einzusehen», sagt Daniel Wiesner, Co-Geschäftsführer der FWG.

In einem Artikel zitiert «20 Minuten» Gastroangestellte, die ihre Chefs beschuldigen, Trinkgeld abzuzweigen. Der Wirteverband Basel-Stadt sagt gegenüber der Pendlerzeitung: «In seriös geführten Betrieben kann der Gast mit Sicherheit davon ausgehen, dass Trinkgelder in der vollen Höhe den Mitarbeitern zugutekommen.» Auch Wiesner weist den Vorwurf zurück: «Der grösste Teil der Chefs ist ehrlich und steckt nichts in die eigene Tasche.»

Trinkgeld trotz Kartenzahlung

In den letzten Jahren nahm die Zahl der bargeldlosen Zahlungen stark zu. Dass dadurch weniger Trinkgeld gegeben wird, ist aber ein Trugschluss. Gemäss der Jahresumfrage von GastroSuisse stellt fast die Hälfte der Betriebe keine Veränderung im Trinkgeldverhalten fest und knapp ein Fünftel stellt einen Anstieg fest. Auch die Mitarbeitenden bei der FWG konstatieren eher mehr Trinkgeld. Auf Grund der verschiedenen Betriebstypen ist es für Wiesner schwierig zu sagen, wie viel Trinkgeld genau gegeben wird. Sicher ist: Am Abend ist es mehr als im Mittagservice. Zu der FWG gehören unter anderem die Restaurants Negishi Sushi Bar, Nooch Asian Kitchen oder The Butcher.

Obwohl die Verteilung des Trinkgeldes in der unternehmerischen Freiheit der Betriebe liegt, ist es ratsam, die Verteilung transparent zu machen. Nicht umsonst ist Höhe des Trinkgelds beziehungsweise die Regelung der Verteilung ein wichtiger Faktor bei der Arbeitgeberattraktivität.