Es ist ruhig am Nachmittag in der Spitalküche vom GZO (Gesundheitsversorgung Zürcher Oberland) in Wetzikon ZH. Viele der Angestellten sind in der Zimmerstunde, und nur in einem grossen Topf köchelt die Lasagnesauce vor sich hin. Nichts deutet darauf hin, dass in ein paar Stunden wieder hektisches Treiben herrscht.
Robert Hubmann (48) ist Ende März 2023 mit dem Viktor-Award für die beste Spitalküche ausgezeichnet worden und leitet seit fünf Jahren das 30-köpfige Team im Spital Wetzikon. Für den gebürtigen Österreicher, der seine Kochausbildung in seiner Heimat absolvierte, ist es wichtig, dass alles frisch, saisonal und möglichst lokal auf dem Teller der Patientinnen, Patienten und Mitarbeitenden landet. Abgesehen von ein paar Spezialprodukten, die es maximal einmal im Monat gibt, wie die Albula-Bergkartoffeln oder den Zander aus dem Wallis, kommt alles aus der Region. Rund 80 Prozent des Fleisches stammen von Tieren, die in den zwölf Gemeinden, die auch Aktionäre des Spitals sind, aufgewachsen sind. Um seiner Linie treu zu bleiben, stellt Hubmann die Menüpläne sechs Wochen im Voraus zusammen, damit es mit den Lieferfristen nicht zu knapp wird.
Hubmann, der seit 1995 in der Schweiz lebt, sagt von sich: «Kochen ist alles, was ich kann.» Er ist eidgenössisch diplomierter Küchenchef und Produktionsleiter, diplomierter Sommelier und hat 2007 die Betriebsleiterausbildung bei GastroSuisse absolviert. Nach seinem Wechsel an die GZO hat er zudem die Ausbildung zum Diätkoch absolviert. «Diese ist zwar keine Voraussetzung als Chef, doch ich möchte wissen, was in meiner Küche wie zubereitet wird», sagt der 48-Jährige. «Ich will nicht einfach nur der Chef sein.»
Zwölf Jahre lang kochte Hubmann in Bad Ragaz SG. Unter seiner Leitung war das Grand Resort Golf Restaurant eines der ersten Golfrestaurants, die mit Punkten im GaultMillau ausgezeichnet wurden. Trotz seinen Erfolgen sei der Wechsel der richtige Schritt gewesen. Zwar hatte er bereits in Bad Ragaz eine Jahresstelle, diese hätte sich aber eher wie eine Saisonstelle angefühlt, «es gab immer ein Block Arbeit und ein Block Freizeit». Die jetzigen Präsenzzeiten sind für den zweifachen Familienvater viel angenehmer, denn er kann nun auch im Sommer eine Woche Ferien nehmen. «Und ich kann endlich wieder Lernende betreuen, das hat mir sehr gefehlt.»
Frauen sind in der Überzahl
Der Wechsel von der Gourmetgastronomie in die Spitalküche wurde von einigen belächelt. «Die Spitalküche ist aber genauso komplex», betont Hubmann. Insgesamt werden 37 Kostformen im Spital zubereitet. Am häufigsten muss glutenfrei oder laktosefrei gekocht werden. Dazu kommen proteinarme/-reiche Kost, Aufbaukost, Gerichte ohne Salz und viel mehr. Die Liste ist fast unendlich. Für den Genesungsverlauf der Patientinnen und Patienten ist gesundes, ausgewogenes und ihrem Krankheitsverlauf angepasstes Essen enorm wichtig. Für die Mitarbeitenden der GZO wird auf der gleichen Grundlage gekocht – eine ausgewogene und gesunde Küche für alle. Das Buffet für die Mitarbeitenden wird jedoch noch etwas aufgepeppt. So bekommen zum Beispiel die Patientinnen und Patienten keine Pilze, weil diese schwer verdaulich sind, für die Mitarbeitenden diese aber kein Problem sind.
Probleme oder Unstimmigkeiten gebe es im Küchenteam fast nie. Falls doch einmal schlechte Stimmung herrscht, spricht Hubmann das an. «Probleme werden am besten direkt angesprochen. Fühlen sich alle fair und respektvoll behandelt, kann man diese meist schnell aus der Welt schaffen.» Rund 30 Mitarbeitende hat Hubmann unter sich, das sind 12 ausgelernte Diät-Köche und Diät-Köchinnen, 5 Lernende und 14 Allrounder. Wie so oft im Spital, sind auch in diesem Team die Frauen in der Überzahl – das Team besteht zu zwei Dritteln aus Frauen. Die Crew stellt fast alles im Haus her, es gibt sogar eine eigene kleine Patisserie. Vorkochen kommt in der GZO fast nie vor. Es ist nicht nur gesünder für die Patientinnen und Patienten, man gewinnt einen Tag an der Haltbarkeit, und man spart auch noch eine ganze Menge Energie. Energie, die sonst durch das Vorkochen, Runterkühlen und wieder Aufwärmen verloren geht. Eine Ausnahme bildet die Sauce für die Lasagne, die muss vorgekocht werden, damit anschliessend eine frische Lasagne zubereitet werden kann.
Nominiert für den Zukunftsträger
Deutlich über 600 Essen werden täglich in der Spitalküche frisch zubereitet und verteilt. Die Mahlzeiten gehen an die Patientinnen und Patienten, an die Mitarbeitenden sowie an zwei Kitas und zwei Schulen in der Umgebung. Foodwaste stellt fast kein Problem dar. Die Kitas werden auf Vorbestellung beliefert, und die Anzahl der Patientinnen und Patienten ist bekannt, einzig bei der Versorgung der Mitarbeitenden kann es zu Überschüssen kommen. Während sich die Mitarbeitenden am Buffet selbst bedienen können, wird den Patientinnen und Patienten das Essen auf die Zimmer serviert. Angerichtet werden die unterschiedlichen Menüs auf einem langen Fliessband, welches in der Mitte der Küche steht. Effizientes Arbeiten ist dort wichtig. «Mein Ziel ist es, dass ich das Fliessband während der Vorbereitung nie abstellen muss», sagt Hubmann.
Grosse Zukunftspläne und Veränderungen hat Hubmann nicht im Sinn. Etwas könnte sich aber ändern: In seinem Büro neben dem Viktor-Award könnte schon bald eine weitere Auszeichnung stehen, er ist nämlich für den Zukunftsträger 2023 von GastroSuisse und Swiss Gastro Solutions nominiert. Dieser wird am 4. September in Zürich vergeben. Und dort ist genau das gesucht, was Robert Hubmann über sich sagt: «Ich bin ein Vollblutgastronom. Ich will das Feuer und die Leidenschaft für die Küche an die nächste Generation weitergeben.»