Die Wasers aus Beckenried: Geräucherter Fisch als Delikatesse

Corinne Nusskern – 19. Juli 2022
Sie bestehen darauf: Es sei wirklich nur ein Hobby. Die Lachse und andere Fische, welche Martin und Ruth Waser in ihrer Räucherei in Beckenried NW von Hand zu Delikatessen veredeln, sind begehrt – vor allem in der Gastronomie.

Zartgelb schimmert das Fleisch des geräucherten Heilbutts. Im Mund verbindet sich die buttrig zarte Konsistenz mit dem Geschmack von Kräutern und Rauch. Ein Gaumenfest. Genauso wie all die verschieden marinierten und geräucherten Lachse von Martin und Ruth Waser in Beckenried NW. Das Ehepaar sitzt auf der Terrasse ihres Hauses über dem Vierwaldstättersee, von der anderen Seeseite grüssen die Rigi und die Mythen, doch das Wichtigste spielt sich unter der Terrasse ab: auf den 60 Quadratmetern ihrer Räucherei, der Ofen steht draussen unter dem Dach. Seit über 25 Jahren räuchern sie hier Fische, zu 90 Prozent Lachse. Es ist ihr Hobby, und soll es auch bleiben – obwohl ihnen die Küchenchefs von rund zwei Dutzend meist gehobenen Gastrobetrieben die geräucherten Fische mit Handkuss abnehmen.

Hauptberuflich arbeitet Martin Waser (57) mit zwei Brüdern im familieneigenen Forstbetrieb. Doch der Fisch liess ihn, seit er Koch im Hotel Sternen in Beckenried gelernt hat, nicht mehr los. «Damals kam ich erstmals mit Graved Lachs in Kontakt», erzählt er. Nach der Wirte­schule verlässt er die Branche und beginnt, selbst Lachs zu räuchern. Daniel Aschwanden vom Boutiquehotel Schlüssel Beckenried wird damals sein erster Gastrokunde, bald folgt das Hotel Villa Honegg in Ennetbürgen NW. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda der Küchen­chefs wächst die Nachfrage. Heute zählen nicht nur Betriebe wie das Culinarium Alpinum in Stans NW, das Hotel Kempinski Palace in Engelberg OW (mehr dazu ab Seite 22) oder das Drehrestaurant Rondorama auf dem Stanserhorn zu den Kunden, sondern auch ein Delikatessunternehmen in Norditalien.

Von Hand gefüttert

Anfangs räucherten sie im Ofen der lokalen Metzgerei. «Da mussten wir mal eine Charge entsorgen, weil der Ofen nicht gesichert war», erzählt Waser. Heute kein Thema mehr. Im eigenen Ofen können sie in einem Durchgang 100 Kilogramm Fisch räuchern. Dann zieht zarter Fischrauch aus dem Kamin neben der Terrasse empor. Doch zurzeit ruht der Ofen. «Wir haben gerade Lieferstopp, weil die Lach­se noch zu klein sind», sagt Waser. Sie beziehen diesen aus Schottland aus einer absolut medikamentenfreien Zucht. «Es ist nachhaltig, die Fische werden von Hand gefüttert, per Kiemenstich getötet, von Hand filetiert und auf Eis an uns geliefert», erklärt Waser. Der schwarze Heil­butt stammt aus grönländischem Wildfang, Schweizer Fische kaufen sie bei Swiss Lachs in Lostallo TI, bei der Basis 57 in Erstfeld UR oder bei Brüggli in Sattel SZ, die Hechte kommen aus dem Vierwaldstätter- und dem Murtensee.

«Die Qualität muss stimmen», sagt Ruth Waser (55). Erst dann greift ihr Mann zu Salz und Kräutern für die Trockenmarinade. 90 Prozent aller Kunden bevorzugen den Lachs auf diese Art. Doch Waser mariniert die Filets auch mit einer asiatischen Paste oder selbst gesammelten Preisel- und Heidelbeeren, Destillaten wie dem regionalen Walden-Gin und Seven Seals Whisky. Oder mit Williams. «Die Aromen sollen den Geschmack fördern und nicht übertönen!», sagt Waser. Rund vier Tage lagern die Fische in der entstehenden Salzlake im Kühler – stets liegend, nie hängend.

Drei Tonnen Fisch pro Jahr

Den Ofen zum Kalträuchern und Trocknen wirft Martin Waser meist über Nacht an, befüllt mit Buchenschnitzeln. Auch da spielt Waser mit speziellen Materialien wie etwa Holzschnipseln aus Seven-Seals-Whiskyfässern, in denen während etlicher Monate Whisky lagerte. Nach zwei Lagerdurchgängen werden sie gewechselt und statt sie zu entsorgen, erhalten sie bei Wasers als Holzschnipsel ein zweites Leben. Auch Quitten- oder Apfelbaumholz kommen zum Einsatz.
Durch das Verglühen der Schnitzel entsteht Rauch. Er wird auf 25 bis 27 Grad Celsius gekühlt und umwabert die Filets. Dies dauert je nach Filetgrösse und Wetter unterschiedlich lange. Bei hoher Luftfeuchtigkeit braucht es mehr Zeit.

Und dies alles zu Preisen, die für die Handarbeit mehr als fair sind. Den Kräuterlachs verkaufen Wasers ab 52 Franken pro Kilo, die mit Destillaten behandelten Lachse ab 60 Franken, den schwarzen Heilbutt sowie die Schweizer Fische ab 65 Franken pro Kilo.
Drei Tonnen Fisch räuchern Wasers pro Jahr, 70 Prozent davon gehen in die Gastronomie, 30 Prozent an Private. Einen Drittel der Produktion realisieren sie in der Vorweihnachtszeit. Martin mariniert und räuchert, Ruth vakuumiert und organisiert den Vertrieb. «Die sogenannte Besinnlichkeit beginnt bei uns erst am 25. Dezember», sagt sie lachend.

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«Die Unterschiede der diversen Marinaden und Hölzer schmeckt man im Endprodukt extrem!» Ruth und Martin Waser mit einem Kräuter- und einem Whiskylachs. (Bild: Corinne Nusskern)

Der letzte Schliff gibt der Gastronom

Man hört immer wieder vom unverkennbaren Waser-Geschmack. Was machen sie besser als andere? Waser winkt ab. «Die anderen machen es einfach anders», meint er bescheiden. «Und dies sagen ja die Kunden, nicht wir.» Etwa Phi­lipp Tschumi (37), F & B-Manager und stell­ver­tretender Gastgeber im Hotel Villa Honegg in Ennetbürgen NW: «Wasers Rauchlachs begeistert uns und unsere Kunden durch sein zartes Fleisch und das dezente Raucharoma, das von Kräuterduft begleitet wird.»

Das Ehepaar Wasers geniesst seine ge­räucherten Fische gern mit einem guten Brot und frischen Zwiebeln. Auch Bee­ren­schaum oder Apfelchutney passe sehr gut. «Oder die Schwanzspitze des Kräuterlachses mit Frischkäse zu einer Mous­se fertigen und auf frischer Gurke ser­vieren», gibt Waser ein Rezept preis. «In den Betrieben verfeinert jeder Küchenchef unsere Produkte anders und schafft seine eigenen Kreationen.» So auch in der Villa Honegg. «Wir setzen den Rauchlachs zum Frühstück als dünne Tranchen mit Honegg-Gartenkräutern garniert in Szene, integrieren ihn ins Mittagsmenü oder bereiten ihn als leckeres Tatar mit hausgemachtem Brioche zu», führt Tschumi aus.

Für das Ehepaar Waser ist es faszinierend zu sehen, was die Köche aus ihren Produkten machen.» Manchmal kommen Köche auch mit speziellen Ideen auf sie zu. So räucherte Waser in seinem Ofen auch schon Entenbrust oder Pilze. «Diese in einen Risotto gemischt, ist der Wahnsinn!», schwärmt Waser. Spannend sei auch Käse: «Geschmacklich interessant und farblich überraschend.» Welches ist das verrückteste Produkt, das er je in seinen Räucherofen legte? «Butter!», sagt Waser schmunzelnd. «Durch den hohen Fettanteil wird die Butter so zu einem intensiven Geschmacksträger.»
Sobald Martin und Ruth Waser über ihr Räuchertun reden, spürt man die Passion und Faszination für ihr Hobby. Rund 60 Stunden pro Monat investieren sie dafür. «Wer weiss, vielleicht machen wir etwas mehr nach der Pensionierung. Wir hegen aber keine Pläne», sagt Waser vorsichtig. Eines ist sicher: Die Gastronomen würden es ihnen danken.