Foodtruck-Verband wehrt sich gegen Wegwerfgeschirrverbot

Oliver Borner – 17. März 2022
Eine Motion im Nationalrat will den Gebrauch von Wegwerfgeschirr in der Gastronomie verbieten. Mit der Unterstützung von GastroSuisse wehrt sich Foodtruck-Verbandspräsident Andreas Seiler gegen die Motion und plädiert auf alternative Lösungen.

Die Vermeidung von Abfall gehört seit Jahren zu einer der grössten Herausforderungen in der Gastronomie. Besonders im Bereich Take-Away sind Anbietende darauf angewiesen, für ihre Gäste schnelle und pragmatische Lösungen zur Essensausgabe über die Gasse zu ermöglichen. Diesem System, das sich seit Jahren bewährt und in vielen Bereichen ebenso weiterentwickelt hat, will eine Motion im Nationalrat an den Kragen. Im Juni 2020 reichte die Grüne Nationalrätin Delphine Klopfenstein-Broggini eine Motion für ein komplettes Verbot von Einweggeschirr in der Take-Away-Gastronomie ein, worüber der Nationalrat noch in dieser Session beraten will. Wiederverwendbares Geschirr und Besteck müsse in der Takeway-Gastronomie zur Norm werden, da sie eine «geringe Ressourceneffizienz» hätten und der Umwelt dadurch grossen Schaden zufügten.

«Mehrweggeschirr ist keine «One-size-fits-all»-Lösung»

Gegen diese Motion stellt sich nun der Verband der Foodtrucks Schweiz zusammen mit GastroSuisse in einem öffentlichen Papier. «Mehrweggeschirr ist nicht für alle Betriebe in der Take-Away-Branche umsetzbar», sagt Andreas Seiler, Präsident des Foodtruckverbands. Je nach Art und Beschaffenheit der Speisen und Getränke müsse eine andere Verpackung genutzt werden – eine Verpackung, die zum Teil noch gar nicht existiert. Zudem würde die Einhaltung der Hygienevorschriften der Take-Away-Gastronomie durch Mehrweggeschirr gefährdet, wie Seiler weiter ausführt. «Bei Geschirr und Verpackungen, das von den Gästen mitgebracht wird, kann ein Takeaway-Betrieb die Lebensmittelsicherheit ab dem Moment, in dem sich die Speisen und Getränke im Behältnis des Gastes befinden, nicht mehr gewährleisten», sagt er. Der Betrieb gehe damit ein zu hohes Risiko für sich selbst ein.

Weiter würde ein Verbot von Einwegverpackungen vielerorts den Umbau der Infrastruktur erfordern und der Gastronomie einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil bescheren, beispielsweise gegenüber dem Detailhandel, so Seiler. Das sieht auch der Bundesrat so, welcher bereits nach der Einreichung der Motion im Sommer 2020 zum Thema Stellung genommen hatte. Darin heisst es: «Ein Verbot jeglichen Einweggeschirrs gestützt auf Artikel 30a Buchstabe a des Umweltschutzgesetzes bedeutet für den Detailhandel, die Take-Away-Betriebe und andere Anbieter eine Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit». Wegen des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit dürften solche Verbote nur erlassen werden, wenn andere Massnahmen - auch solche der Wirtschaft selbst - nicht genügend effektiv wären. Die Landesregierung beantragt daher die Ablehnung der Motion.

 

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Andreas Seiler ist Präsident des Foodtruck-Verbands Schweiz. (Bild: zVg)

Die Schweiz hinkt hinterher

Ein Blick über die Landesgrenze hinaus zeigt, dass die Schweiz im Bereich Einweggeschirr alles andere als eine Musterschülerin ist. Während im vergangenen Sommer in den 27 EU-Mitgliedstaaten zahlreiche Einwegprodukte aus Plastik verboten wurden, stemmt sich die Schweiz bislang gegen jegliche Verbote. Das hat Folgen: Pro Jahr und Person fällt in der Schweiz gemäss der Meeresschutzorganisation OceanCare rund dreimal mehr Plastikabfall an als im europäischen Durchschnitt. Rund eine Million Tonnen Kunststoff wird in der Schweiz jedes Jahr unter anderem zu Wegwerfprodukten wie Verpackungen oder Einweggeschirr verarbeitet. Davon enden geschätzte 780 000 Tonnen im Müll, welcher zwar in den meisten Fällen entsorgt wird, allerdings aber auch in Schweizern Gewässern, Böden und in der Luft landet. Gemäss einer Studie des Bundesamts für Umwelt (Bafu) gelangten damit jährlich über 14 000 Tonnen Mikroplastik in die Umwelt.

Wäre es vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll, zumindest ein Verbot für Plastik-Einweggeschirr zu unterstützen, so wie es einzelne Kantone bereits umgesetzt haben? «Nicht unbedingt», sagt Foodtruck Verbandspräsident Andreas Seiler. Es sei nach wie vor nicht klar, ob die Ersatzprodukte aus anderen Materialen umweltverträglicher sind als diejenigen aus Plastik. «Der Verband ist nicht gegen Fortschritt und nicht gegen Mehrweg, sondern gegen Verbote ohne wirtschaftlich ertragbare und von der Gesellschaft akzeptierte Lösungen», betont Seiler.

Aus diesem Grund sieht er im Recycling von Plastikabfällen das grössere Potential zur Problematik des Einweggeschirrs. Dazu haben der Nationalrat vor zwei Jahren und der Ständerat vor einem Jahr bereits eine Motion von FDP-Nationalrat Marcel Dobler angenommen. Über die Motion für das Verbot von Einweggeschirr wird der Nationalrat voraussichtlich am Donnerstag debattieren.