Seit vergangener Woche gilt in der EU ein Verbot für den Verkauf von Einweggeschirr aus Plastik. Dies hat Auswirkungen auf die Gastrobetriebe in den 27 Mitgliedstaaten. Sie müssen sich überlegen, welche Verpackungen sie künftig ihren Kundinnen und Kunden mitgeben. Von einem solchen Verbot ist die Schweiz weit entfernt. Letztmals 2018 hatte der Bundesrat betont, dass er beim Thema Einwegverpackung aus Plastik weiterhin auf die Freiwilligkeit der Betriebe setzen will. Dementsprechend wird es den Betrieben auch in Zukunft freigestellt bleiben, ob sie auf Einweg- oder eine Mehrwegverpackung setzen wollen.
«Diese Freiwilligkeit hat in der Schweiz durchaus ihre Berechtigung», wie Jeannette Morath, Geschäftsleiterin des Netzwerks reCircle, auf Anfrage sagt. Das Netzwerk setzt sich seit mehreren Jahren für den Einsatz von wiederverwendbaren Verpackungen ein und vertreibt dazu auch eigene Mehrwegverpackungen. So habe die Nachfrage nach wiederverwendbaren Verpackungen in der Gastronomie in den letzten Jahren stetig zugenommen, ohne dass ein Gesetz dies vorschreibt. Das hängt unter anderem mit dem Druck der Kundschaft zusammen. «Bei vielen Gästen hat sich in den letzten Jahren auch aufgrund der öffentlichen Umweltdiskussion ein Bewusstsein für wiederverwendbare Verpackungen gebildet», so Morath. So hätten sich auch die Gastrobetriebe vermehrt mit der Thematik auseinandergesetzt und solche Verpackungen mittlerweile eingeführt.
Skepsis bleibt bestehen
Dennoch bedeutet das nicht, dass alle Gastronomiebetriebe vollstes Vertrauen in wiederverwendbare Verpackungen mitbringen. «Wir erleben regelmässig Skepsis von Seiten der Gastronominnen und Gastronomen», sagt Morath. Eines der häufigsten Bedenken sei dabei die Hygiene, welche in der Branche sehr wichtig ist. Zudem sei es grundsätzlich immer schwierig, von alten Gewohnheiten wegzukommen und etwas Neues auszuprobieren. Bequemlichkeit ist also ein entscheidender Faktor.
Erste Betriebe setzen bereits heute auf wiederverwendbare Verpackungen im Take Away-Bereich. (Bild: Familie Tremonte)
Dabei gäbe es für Gastronominnen und Gastronomen durchaus gute Argumente, in ihren Betrieben künftig auf wiederverwendbare Verpackungen zu setzen. «Zuallererst sind wiederverwertbare Verpackungen langfristig billiger als Einwegverpackungen. Wegwerfprodukte kosten im Schnitt zwischen 20 und 80 Rappen das Stück, was sich im Gegensatz zu einer wiederverwertbaren Verpackung, die weit über 100 Mal benutzt werden kann, einfach nicht rechnet», sagt Jeannette Morath. Gleichzeitig ermögliche die Verwendung von wiederverwertbaren Verpackung die Bindung der Kunden an den Betrieb. «Wenn die Kunden wissen, dass sie in einem Betrieb ihre eigene Verpackung für ihr Essen mitbringen können, kommen sie automatisch immer wieder. Das bringt den Betrieben im Endeffekt auch mehr Einnahmen», so Morath weiter. Auch im Kampf gegen Foodwaste helfe die Verpackung entscheidend mit: während viele Konsumentinnen und Konsumenten Reste in Einwegpackungen regelmässig wegwerfen, nähmen sie diese bei wiederverwertbaren Verpackungen regelmässig mit nach Hause.
Optimistischer Blick in die Zukunft
Trotz dieser Skepsis und dem generell trägen Umstellung von Einweg- auf Mehrwegverpackungen glaubt das Netzwerk an die Fortsetzung der aktuellen Bewegung hin zur wiederverwendbaren Verpackung. «Wir sehen bereits heute, dass sich viele Betriebe für Mehrwegverpackungen interessieren, vor allem auch, weil die Nachfrage bei den Kundinnen und Kunden stetig zunimmt», so Morath. Mit dieser Entwicklung sei es daher nicht unwahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren 50 bis 60 Prozent aller Gastrobetriebe in der Schweiz auf wiederverwendbare Verpackungen setzen werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, brauche es zudem Innovationen im Bereich der Digitalisierung und der Automatisierung. So müsse der Zugang zu solchen Verpackungen sowohl für die Konsumentinnen und Konsumenten als auch für die Gastronominnen und Gastronomen einfacher verfügbar und auch brauchbar sein. Erst dann sei eine langfristige und breite Etablierung von wiederverwendbaren Verpackungen realistisch.