Zum Auftakt des Anlasses von GaultMillau Schweiz im Tessin, an der Wirkungsstätte des Koch des Jahres, richtet GaultMillau-Chef Urs Heller kritische Worte an die geladenen Gäste: «Es war ein schwieriges Jahr. Wir hatten so viele Betriebsschliessungen wie noch nie. 100 Betriebe sind ausgeschieden. Man spürt den Post-Corona-Effekt.» Und fügt an: «Aber wir haben 100 neue Restaurants entdeckt. Ich freue mich, dass es immer wieder Gastronomen gibt, die todesmutig in dieses Geschäft einsteigen.»
Das Fünfsternehotel Eden Roc in Ascona TI kann seinen besten Mann feiern: Marco Campanella, der erst 32-jährige Familienvater und Chef im La Brezza, kriegt den 19. GaultMillau-Punkt.
GaultMillau-Chef Urs Heller: «Wir fahnden seit fünf Jahren nach Switzerlands next Superstar. Wir hatten die Qual der Wahl, weil sehr viele Talente an die Spitze drängen. Wir haben uns für Marco Campanella entschieden, weil er uns immer wieder begeistert - mit seiner modernen Küche, mit seinen unglaublichen Saucen, mit seiner Vielseitigkeit. Und mit seinem Talent, ein junges Team für seine Mission zu begeistern. Er hat sich jedes Jahr beharrlich weiterentwickelt.»
Dass er im La Brezza mit grösster Selbstverständlichkeit auch Veganer glücklich mache, zeichne ihn zusätzlich aus. Campanella kocht im Sommer in Ascona, im Winter im Schwesterhotel Tschuggen in Arosa; dort wird er vorläufig noch mit 18 Punkten bewertet.
Zu seiner Wahl sagt der am Bodensee aufgewachsene Campanella, Sohn von Eltern aus Apulien: «Meine Küche hat sich reduziert. Für mich ist wichtig, dass jeder Teller rausgeht und jedes Kraut perfekt liegt. Mein persönlicher Anspruch ist, die Gäste glücklich zu machen. Die Herausforderung ist die Konstanz. Jetzt ist es wichtig, dass wir da, wo wir anfangen, nicht aufhören. Nur mit der Geduld kommen die Erfolge.» Es sei wichtig, dass die Gäste merken, wie viel Liebe hinter unserer Arbeit steckt. «Mich macht der Ritterschlag mit den 19 Punkten mega glücklich und stolz. Es ist toll, so ein starkes Team im Rücken zu haben.»
Die schweizweit sieben Chefs in der 19-Punkte-Liga von GaultMillau: Tanja Grandits (Basel), Peter Knogl (Basel), Franck Giovannini (Crissier VD), Andreas Caminada (Fürstenau GR), Philippe Chevrier (Satigny GE), Heiko Nieder (Zürich) und neu Marco Campanella (Ascona). Die Suche nach einem achten 19-Punktechef laufe weiter.
Zu GaultMillaus Aufsteiger des Jahres 2025 gehören die Andermatter «Chedi-Twins» Dominik Sato und Fabio Toffolon, der Rickenbacher «Vegi-King» Dominik Hartmann und der Fribourger Romain Paillereau, die alle den 18. Punkt erhalten.
Zwei Neue mit 17 Punkten
Zu den Aufsteigern 2025 zählen auch zwei Chefs mit neu 17 Punkten. «Im Suvretta House St. Moritz macht Fabrizio Zanetti im riesigen Grand Restaurant einen unglaublich guten Job; Fine Dining, in der Hochsaison schon mal für 240 Gäste pro Abend!», begründet Heller. Lucrèce Lacchio leitet an der Hotelfachschule in Lausanne (EHL) das ambitionierte Restaurant Le Berceau des Sens; Gäste und Tester sind begeistert: 17 Punkte. Mitja Birlo, Koch des Jahres 2022, meldet sich nach kurzer Pause zurück: 18 Punkte für The Counter, «ein spektakuläres Tresen-Restaurant im Zürcher Hauptbahnhof», heisst es in der Begründung.
«The Green Chef of the Year» heisst Nicolas Darnauguilhem von der Pinte des Mossettes in den Wäldern um Cerniat FR. Er erfüllt die strengen Angaben von BioSuisse und erhält 17 Punkte.
Und es gibt vier «Entdeckungen des Jahres»: Dan Rodriguez-Zaugg und Alejandro Polo haben in der kulinarischen Weltstadt Barcelona zusammengearbeitet (Disfrutar, Nummer 1 in der «50 Best»-Weltrangliste), wenden jetzt Techniken der spanischen Avantgarde in Schaffhausen an (Sommerlust, 15 Punkte).
André Kneubühler kochte jahrelang bei Tanja Grandits in Basel und zeigt jetzt im Hotel The Omnia in Zermatt VS, dass er auch ein starker Chef ist (16 Punkte). In der Romandie entdeckte GaultMillau in der Weinbar Arakel das Talent von Quentin Philippe (15 Punkte). Dass auf der Isola di Brissago ein vielversprechender junger Chef kocht, wissen selbst viele Tessiner nicht: 14 Punkte für «Entdeckung» Joao Antunes in der Villa Emden.
Der GaultMillau will gezielt die besten Mitarbeitenden an der Front fördern und auszeichnen. «Gastgeberin des Jahres» ist Ines Triebenbacher, die seit der Eröffnung 2020 im Igniv in Zürich arbeitet. «Das Wichtigste ist, Empathie für andere Menschen zu haben. Servicetechniken sind weniger entscheidend. Es ist mega schön, dass ich mit meiner Persönlichkeit Gästen einen tollen Moment zubereiten kann», sagt die 34-Jährige.
«Sommelier des Jahres» ist der Vorarlberger Fabian Mennel von Christian Kuchlers Taverne zum Schäfli in Wigoltingen TG. «Grundsätzlich bin ich nicht der Typ, der scharf auf Auszeichnungen ist. Mir ist wichtig, unseren Gästen ein schönes Erlebnis zu bereiten. Ich nehme mich nicht zu wichtig», sagt der 33-Jährige gegenüber dem GastroJournal.
Der «Patissier des Jahres» Titouan Claudet spielt sein grosses Talent im Fünfsternehotel «The Woodward» in Genf aus.