Schweiz Tourismus zieht positive Sommerbilanz

Oliver Borner – 18. August 2022
Der Sommer beschert dem Schweizer Tourismus trotz weniger Schweizer Gästen eine gute Zwischenbilanz. Dennoch bleiben grosse Herausforderungen.

Die Schweizerinnen und Schweizer bleiben der Schweiz treu. Das gilt 2022 auch für den Tourismus. Gemäss Schweiz Tourismus (ST) reisten zwar wieder mehr Schweizerinnen und Schweizer dank der aufgehobenen Coronamassnahmen ins Ausland, viele verbrachten aber ihre Ferien auch in diesem Jahr in der Schweiz. Dies zeigt sich in den Hotellogiernächten Juli 2022: das Bundesamt für Statistik (BFS) sieht in einem ersten Trend zwar nicht mehr so viele Schweizer Gäste wie im Vorjahr (-10 Prozent), aber im Vergleich zum Rekordjahr 2019 resultiert noch immer ein Wachstum von 17 Prozent für den Markt Schweiz.

«Diese Entwicklung freut uns. Sie zeigt, dass die Schweizerinnen und Schweizer die Schweiz weiterhin als Feriendestination schätzen und bereit sind, ihr Geld in der Schweiz auszugeben», sagt ST-Direktor Martin Nydegger heute an einer Medienkonferenz. Die Schweizer Gäste hätten einen grossen Nachholbedarf und setzten nun den in den letzten zwei Jahren angesparten Sparbatzen ein. Dies zeigt sich auch bei den Ferienwohnungen. Die führende Ferienwohnungsplattform e-domizil vermeldet zwischen Juni und August einen Anstieg des Suchvolumens im Vergleich zu 2019 von satten 62 Prozent. Marcel Meek, Geschäftsführer e-domizil, freut sich: «Ausgebuchte Regionen gab es in der Schweiz bisher nur im Winter zu Weihnachten/Neujahr oder in den Sportferien. Neu gibt es einen zweiten solchen Peak im Sommer».

 

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Martin Nydegger an der heutigen Pressekonferenz in Zürich. (Bild: Archiv)

Ausländische Gäste kehren nur langsam zurück

Bei den ausländischen Gästen zeigt sich ein anderes Bild. Im Sommer haben laut BfS zwar wieder mehr ausländische Gäste die Schweiz besucht, im Vergleich zum Referenzjahr 2019 fehlen jedoch noch immer 15 Prozent der Hotellogiernächte.

Das schlägt sich in der Halbjahresbilanz nieder. Demnach fehlt ein Drittel der Hotellogiernächte aus den ausländischen Märkten. Leise Zuversicht herrsche lediglich für Frankreich (-9 Prozent), Deutschland (-15 Prozent), die Benelux-Staaten (-17 Prozent). Italien und vor allem das Vereinigte Königreich zeigen dagegen tiefrote Zahlen (-20 Prozent /-27 Prozent). Insbesondere die schwierigen Zustände an den englischen Flughäfen könnten letztere vom Reisen abgehalten haben, spekuliert Nydegger.

Aus Übersee konnten bis jetzt für 2022 sogar nur die Hälfte der Logiernächte 2019 erreicht werden. Eine Rückkehr zeichne sich nur bei den brasilianischen (-17 Prozent), arabischen (-23 Prozent) und nordamerikanischen Reisenden (-25 Prozent) ab. Dies bestätigen auch die Rückmeldungen aus der Branche. In den grossen asiatischen Märkten China mit Hongkong sowie Taiwan, Indien und Korea lasse die Erholung dagegen nach wie vorauf sich warten. Das soll die Sommerbilanz allerdings nicht schmälern, wie Nydegger sagt. «Die Branche hat sich nach zwei schwierigen Jahren einen solchen Sommer verdient.»

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Mit der neuen Kampagne «Run the Swiss Cities» soll der Städtetourismus angekurbelt werden. (Bild: ST)

Städtetourismus soll mit neuer Kampagne belebt werden

Auch beim Städte- und Geschäftstourismus ist noch keine Erholung in Sicht. Die Städte mussten landesweit im ersten Halbjahr weiterhin leiden, von Lausanne (-21 Prozent) bis Luzern (-33 Prozent). Um den Städtetourismus bei seiner Aufholjagd nach zwei Jahren Pandemie weiter zu unterstützen, lanciert ST diesen Sommer mit «Run theSwiss Cities» in Zusammenarbeit mit der Schweizer Laufschuhfirma On eine neue Kampagne. Diese wird in der Schweiz, in Deutschland, in Frankreich sowie in den Benelux-Staatenaktiv ausgespielt. In den Werbeclips stehen neben Roger Federer weitere nationale Persönlichkeiten wie beispielsweise Marathonläufer Tadesse Abraham vor der Kamera.

Krisen dämpfen Erwartungen für den Herbst

Trotz gutem Sommergeschäft stellen sich dem Tourismus aktuelle Krisen in den Weg. «Die schwelende Pandemie, die Unsicherheiten bezüglich Energieversorgung und Lieferketten, der Fachkräftemangel, der Klimawandel mit Hitzewellen und Trockenheit, der Krieg in Europa sowie die Währungs-und Inflationssorgen setzen den Tourismus aktuell von vielen Seiten unter Druck», sagt Nydegger. Diese Rahmenbedingungen gäben den Ton an und schmälerten damit die Erwartungen für den Herbst. Nachfragen bei Tourismusvertretern zeigten, dass Zuwachsraten von höchstens 5 Prozent gegenüber dem Herbst 2021 erwartet werden.