Platzer und Bigler rechnen mit Bersets Rolle in der Pandemie ab

Redaktion/sda – 07. Februar 2022
Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer und Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, kritisieren die Rolle von Gesundheitsminister Alain Berset während der Corona-Pandemie in einem Interview scharf.

Zwei Aushängeschilder der Schweizer Wirtschaft rechnen nach zwei Jahren Pandemie mit Gesundheitsminister Alain Berset ab. Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, Hans-Ulrich Bigler (63), und der Präsident von Gastrosuisse, Casimir Platzer (59), kritisieren Berset und den gesamten Bundesrat in einem Doppelinterview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» scharf.
So habe sich Berset anfänglich noch bemüht, breit abgestützte Lösungen zu suchen, so habe er sich mit der Zeit immer mehr abgekapselt, sagen die beiden Verbandspräsidenten. Die anderen Bundesräte hätten sich zunehmend zurückgezogen und das Feld Berset überlassen mit der Begründung, sie mischten sich nicht in die Belange anderer Departemente ein. Für zahlreiche Themen gebe es Ausschüsse. Bei der Jahrhundert-Pandemie habe dagegen nur das Departement von Alain Berset die Entscheidungskraft gehabt.

«Totalausfall» Seco

Die Schweiz habe in der Bewältigung der Pandemie das Gleichgewicht zwischen gesellschaftspolitischen, wirtschaftspolitischen und gesundheitspolitischen Aspekten komplett verloren, sagte Bigler. Der Schwerpunkt sei völlig auf die Volksgesundheit gelegt worden.

Dabei zeigten Studien ein anderes Bild: Je länger ein Lockdown dauere, desto überproportional grösser seien die wirtschaftlichen Schäden. Diese Dimension sei nie ernsthaft diskutiert worden. Auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sei während der Pandemie-Bekämpfung ein Totalausfall gewesen.

Heilige Kuh ÖV

Die beiden Wirtschaftsvertreter werfen dem Bundesrat zudem vor, er habe einzelne Branchen unfair behandelt, etwa die Gastronomie und den Tourismus. Andere hingegen seien allerdings als «heilige Kühe», etwa der öffentliche Verkehr. Darum habe es im Zug auch nie ein Essverbot gegeben und die Abstandsregeln hätten nicht gegolten.

Die rasche Reaktion des Bundesrates zu Beginn der Pandemie sei das einzige Highlight der Corona-Politik geblieben, sagte Platzer auf die Frage, ob es auch positive Punkte in der Corona-Bilanz geben. Bigler bezeichnete es als solide Leistung, dass Liquiditätskredite zu Beginn der Pandemie rasch zur Verfügung gestellt worden seien. Hier müsse man Finanzminister Ueli Maurer und die Banken loben.