Mitja Birlo, Koch des Jahres – wie klingt das?
Das ist ein Ritterschlag! Als ich davon erfuhr, konnte ich es kaum glauben.
Nehmen Sie uns mit zu jenem Moment.
Ich öffnete die E-Mail und musste sie zweimal lesen. Was da in meinem Kopf vorging, weiss ich nicht mehr genau. Ein surrealer Moment. Danach musste ich in die Küche und durfte mir nichts anmerken lassen. Die Sache musste geheim bleiben.
Wie reagierte Hotelbesitzer Remo Stoffel?
Er erfuhr es auch frühzeitig. Ich glaube, er freut sich noch mehr als ich.
Und dann weihten Sie Ihre Partnerin Florentina Shenari, die Gastgeberin und Sommelière im Silver ist, ein?
Ja, abends stiessen wir mit einem gereiften Champagner an.
Nun steht Ihr Name in einer Reihe mit Stefan Heilemann, Tanja Grandits, Heiko Nieder, Franck Giovannini, Rico Zandonella, Nenad Mlinarevic, Peter Knogl und Co.
Darüber freue ich mich wie ein Kind. Als ich Jungkoch war, blätterte ich immer den Gault Millau durch und träumte davon, eines Tages darin zu stehen. Heute ist es mir allerdings sehr wichtig, zu betonen, dass ein ganzes Team hinter dieser Auszeichnung steht.
Sie gelten als Teamplayer. Wie führen Sie?
Bei mir soll und muss sich jeder kreativ einbringen. Wer irgendwo etwas Spannendes sieht, soll dies in der Silver-Küche umsetzen dürfen. Klar, meine Köche arbeiten nach meiner Handschrift und ich feile beim Finetuning der Gerichte mit. Aber das Resultat entsteht aus der Zusammenarbeit und am Arbeiten mit Freude.
Wann werden Sie laut?
Das kann mal vorkommen, wenn schlampig gearbeitet wird. Wenn einer beim Kochen die Abkürzung nehmen will. Das geht auf unserem Niveau nicht. Aber ich werde selten vor allen laut. Lieber nehme ich diesen Koch nach dem Service zur Seite und bespreche die Sache mit ihm. Meine Köche spüren mich. Manchmal sage ich nichts und auch dann wissen sie, dass ich genervt bin.
Auch privat ziehen Sie keine grosse Show ab: Auf Ihrem Instagram-Profil sind nur sechs Fotos zu sehen. Das sieht man bei jungen Spitzenköchen selten.
Wer Eindrücke von unserer Arbeit sehen will, findet die auf dem Profil des Restaurants. Social Media ist nicht so meins. Ich sehe mich nicht als Star.
Und das wird sich nun auch nicht ändern?
Als Star werde ich mich auch künftig nicht sehen. (lacht) Kann sein, dass das eine oder andere Bild dazu kommt. Ich weiss ohnehin noch nicht, was mich nun erwartet.
Womit rechnen Sie?
Ich nehme an, dass das Restaurant nun auch unter der Woche stets ausgebucht sein wird. Und dass Eventanfragen kommen. Ich habe mich darüber mit Heiko Nieder (der Chef des The Restaurant im Zürcher Hotel Dolder war Koch des Jahres 2019; Anm. d. Red.) unterhalten. Er riet mir, ich solle nicht gleich auf Teufel komm raus alle Anfragen annehmen, zumal es ziemlich viele sein werden.
Vals, wo Sie kochen, liegt für viele Gäste nicht gerade am Weg. Fehlt Ihnen der grosse Rummel nie?
Nein, die Bedingungen hier sind top. Ich mag die Ruhe, die Natur.
Welchen Berufskollegen würden Sie demnächst gerne besuchen?
Ich habe so viel Gutes vom Chef’s Table im Hotel Rote Wand im Vorarlberg gehört (Max Natmessnig, Küchenchef im Restaurant Chef’s Table wurde vergangene Woche Österreichs Koch des Jahres 2022; Anm. d. Red.). Da möchte ich unbedingt bald hin.
Wer sind die Schlüsselfiguren, die Sie auf dem Weg zum Koch des Jahres begleiteten?
Das sind so viele. Von meiner Familie über meine Partnerin, die Mitarbeiter in der Küche, im Service und im Hotel, frühere Ausbildner und Chefs. Leider kann ich einer entscheidenden Persönlichkeit nicht mehr danken.
Wem?
Götz Knauer, er war Küchenchef im Restaurant Torschreiberhaus in Stadthagen. Bei ihm habe ich kochen gelernt. Aber er war für mich viel mehr, ein Mentor. Als mir 2018 die Stelle als Küchenchef im Silver angeboten wurde, fragte ich ihn, ob ich sie annehmen soll. Er ist leider Mitte 2021 gestorben. Er hätte sich so gefreut – und ich mich gerne mit ihm.
Wie haben Sie sich beim Team bedankt?
Ich bemühte mich, eine emotionale Rede zu halten, musste aber feststellen, dass mir das Kochen deutlich besser liegt als das Schwingen grosser Reden. (lacht)