«Frauen dürfen sich nicht unterschätzen!»

Isabelle Buesser – 27. Februar 2024
Fabienne Epiney leitet die Niederlassung von Gastroconsult in Sitten VS. Das GastroJournal hat mit der Direktorin über ihre Karriere, den Zustand der Gastronomiebranche und die Stellung von Frauen in der Gastronomie und im Finanzsektor gesprochen.

Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich derzeit als Geschäftsführerin von Gastroconsult Sion?

Fabienne Epiney: Meine Hauptaufgabe ist es, unsere Kunden zu unterstützen und zu beraten, damit sie die vielfältigen Herausforderungen in der Branche meistern können. In den letzten Jahren sind wir aufgrund zahlreicher Turbulenzen zunehmend gefragt: Covid-19, Energiepreise, allgemeine Preiserhöhungen und viel mehr. Die Beratung unserer Kunden nimmt einen immer wichtigeren Platz in unserer Arbeit ein.


Wie geht es der Gastronomiebranche im Wallis?

Derzeit geht es den Betrieben gut. Vor allem in den Ferienorten können die Restaurants von den guten Schneebedingungen in diesem Winter profitieren. Das lockt die Gäste an. In der Ebene ist die Situation diverser, da sich die Betriebe an die Post-Covdi-19-Ära anpassen mussten. Einige Kunden konnten die negativen Veränderungen durch innovative Ideen und Umstrukturierungen auffangen. Die Arbeitsbedingungen sind jedoch schwieriger geworden, insbesondere durch Personalprobleme und allgemeine Preiserhöhungen.


Wie sind Sie Geschäftsführerin von Gastroconsult Sion geworden?

Ich habe meine Laufbahn vor vielen Jahren als Buchhalterin begonnen. Danach konnte ich mich in andere Aufgaben innerhalb des Unternehmens einbringen und mich in den Bereichen Rechnungswesen, Steuern und Wirtschaftsprüfung weiter ausbilden. Nachdem ich mehrere Jahre als Mandatsleiterin und als stellvertretende Direktorin gearbeitet hatte, konnte ich die Leitung der Niederlassung in Sion übernehmen, als mein Vorgänger in den Ruhestand ging.


Welche Ausbildung haben Sie abgeschlossen?

Ich habe zunächst ein kaufmännisches Diplom geschafft, danach habe ich mich beruflich weitergebildet und das Diplom als Finanz- und Rechnungsfachfrau und ein Diplom im Leadership and Management erreicht. Parallel dazu nahm ich an Fortbildungskursen- und an einem Kurs zur Erwachsenenausbilderin teil. 


Hat die Tatsache, dass Sie eine Frau sind, die Dinge in Ihrer Karriere manchmal schwieriger gemacht?

Nein, weil ich das Glück hatte, mich in einem Unternehmen zu entwickeln, das auf die Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter achtet. Als der ehemalige Direktor in den Ruhestand ging, schlugen mir meine Vorgesetzten vor, das Zweigbüro in Sion zu leiten. Mehrere Frauen bekleiden Führungspositionen bei Gastroconsult und sind Mitgliederinnen des Verwaltungsrats.


Welche Herausforderungen stehen Frauen bei der Übernahme von Führungspositionen im Finanzbereich derzeit gegenüber?

Neben der Bedeutung einer anerkannten Ausbildung dürfen Frauen sich selbst nicht unterschätzen. Sie müssen den Mut haben, sich für verantwortungsvolle Positionen zu bewerben. Immer mehr Unternehmen legen Wert auf die Kompetenzen ihrer Mitarbeiterinnen. Die Herausforderungen hängen daher von der Anerkennung dieser Kompetenzen und der Organisation von Familien mit Kindern ab.


Welchen Rat würden Sie Frauen geben, die eine Führungsposition anstreben?

Gegenwärtig müssen Frauen alle angebotenen Ausbildungsmöglichkeiten nutzen, sei es durch Lehrlingsausbildung, Studium oder die vielen bestehenden Weiterbildungsmöglichkeiten, die zu anerkannten Qualifikationen führen. In der Schweiz haben wir das Glück, Zugang zu all diesen Ausbildungsmöglichkeiten zu haben. Darüber hinaus – ich wiederhole es – dürfen Frauen sich selber nicht unterschätzen, sondern müssen den Mut haben, sich für verantwortungsvolle Positionen zu bewerben und sich in Diskussionen und bei der Entscheidungsfindung selbstbewusst durchzusetzen.


Welchen Platz nehmen Frauen Ihrer Meinung nach in der Walliser Gastronomie ein? Haben sie die gleichen Chancen wie die Männer?

Im Bereich der Gastronomie sind Frauen im Wallis gut vertreten. Einige von ihnen bekleiden leitende Positionen als Betriebsleiterin, Küchenchefin oder leitende Angestellte in bekannten Einrichtungen. Soweit ich weiß, sind die Chancen die Gleichen wie für die Männer. In der Vergangenheit haben einige Frauen in der Schattenwirtschaft gearbeitet, aber ich glaube nicht, dass die jüngere Generation sich noch an diesen Grundsatz hält.