Das Valbella Resort investiert in Mitarbeitende

Reto E. Wild – 24. März 2022
Ende November 2022 eröffnet das Valbella Resort ein Personalhaus mit 75 Betten. Damit erhofft sich das Familien- und Seminarhotel entscheidende Vorteile im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Und dank einem Umbau sollen jährlich 70 000 Liter Heizöl eingespart werden.

Ramona (50) und Thomas Vogt (51) sind schon seit 21 Jahren Gastgeber im Valbella Resort und damit Vorgesetzte von rund 160 Angestellten – inklusive Teilzeitmitarbeitenden. Das Resort besteht aus drei Gebäudekomplexen, umgeben von rund 25 000 Quadratmetern Fläche. Jetzt steht das Ehepaar vor besonders wegweisenden Projekten: Bis Ende November 2022 soll ein modernes Personalhaus mit 46 Einzel- und Doppelzimmern mit Kochmöglichkeiten sowie 2 Wohngemeinschaften entstehen – total 75 Betten für die Mitarbeitenden. Sie bezahlen dafür monatlich zwischen 500 und 800 Franken Mietzins. Wir haben ­Thomas Vogt, der seine berufliche Karriere 1984 im Valbella Resort als Koch startete und sich später mit einer Servicelehre sowie an der Hotelfachschule Belvoirpark Zürich weiterbildete, zum Gespräch in der Lenzerheide GR getroffen.

Thomas Vogt, was hat der Neubau des Personalhauses gekostet, und weshalb haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?
Thomas Vogt: Das war ein zweistelliger Millionenbetrag. Es mag sich überheblich anhören: Aber wir finden derzeit Gäste schneller als Mitarbeitende. Seit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative schiesst der Bodenpreis durch die Decke. Für Einheimische und Mitarbeitende wird das Wohnen immer teurer. Und im Kampf gegen den Fachkräftemangel haben wir nun einen grossen Vorteil. Ich weiss von befreundeten Hoteliers, die das Angebot beschränken müssen, weil sie das nötige Personal nicht finden. In Zukunft profitiert nicht nur das bessere Hotel, sondern das Haus, das bessere Arbeits- und Wohnbedingungen bietet.

Wie schwierig ist es für das Valbella Resort, Mitarbeitende zu finden?
Wir weiteten unsere Personalrekrutierung auf Mallorca, Teneriffa und nach Griechenland aus. Mit unserem Personalhaus bieten wir nicht einfach ein Bett zum Schlafen an, sondern etwas Schönes. Junge, die sich bei uns bewerben, wollen eine Work-Life-Balance, möglichst 60 bis 80 Prozent Teilzeit arbeiten, schöner wohnen, und erst dann folgt der Lohn als Kriterium. Als ich vor gut 30 Jahren meine Kochlehre absolvierte, war ich noch irgendwo im Untergeschoss untergebracht. Die Ansprüche haben sich geändert. Das Personalhaus hat zudem den Vorteil, dass unsere Angestellten keinen Arbeitsverkehr produzieren und in der Gemeinde Steuern zahlen.

Kommt es trotz Personalhaus zum Preiskampf um Angestellte?
Klar, wenn wir beispielsweise keinen Koch mehr finden, werden die Löhne klettern. Stiege ein Lohn eines Fachspezialisten um 5 bis 7 Prozent, könnten wir uns das leisten

Bei 160 Angestellten reichen 75 Personalbetten nicht.
Unsere Rechnung wird aufgehen, denn die Kadermitarbeitenden haben ihre Wohnungen. Wir müssen für die Hilfskräfte etwas bieten und werden deshalb mit einer Bettenzahl für knapp die Hälfte des Personalbestands durchkommen.

Was ziehen Sie für eine Bilanz 2021?
Wirtschaftlich gesehen gelang uns nochmals ein super Jahr. Das hat auch damit zu tun, dass wir uns am richtigen Ort befinden: Die Lenzerheide realisierte bereits im Pandemiesommer 2020 einen neuen Rekord. Im Sommer 2021 konnten wir die hohe Auslastung halten, verloren aber viele Seminare. Kongresse und Events tragen bei uns normalerweise 28 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Dank über 80 Prozent Schweizer Gästen konnten wir diese Annullationen nahezu kompensieren. Der Winter war insgesamt mit einer Auslastung von 70 bis 75 Prozent sehr gut. Doch auch bei uns stellt sich die Frage, ob wir genügend Personal haben, um das Geschäft zu bewältigen.

2U7A0173

Hoteldirektor Thomas Vogt: «Wir finden derzeit schneller Gäste als Mitarbeitende.» (Bild: Reto E. Wild)

Wie sieht es denn aus?
Ab dem 1. April haben wir unsere drei Häuser geschlossen. Das Haupthaus wird nach einer Renovation erst am 26. August 2022 wieder eröffnet. Ab dann bieten wir noch 119 statt 130 Zimmer im alpinen Design an. Während dieses Umbaus werden wir alle Mitarbeitenden beschäftigen können, um die Zimmer auszuräumen und wieder auszustatten. Normalerweise beschäftigen wir im Som­mer rund ein Drittel weniger Per­sonal als im Winter. Nach dem Umbau werden wir auf einen Jahresbetrieb umstellen. Unsere Sommersaison wird jeweils von Mitte Mai bis November reichen. So dürfte unsere Gesamtauslastung, die im Sommer üblicherweise bei 45 Prozent liegt, etwas sinken. Dann bucht die grosse Mehrheit der Gäste unser Spezialangebot für Familien: Knapp unter 200 Franken pro erwachsene Person gibt es eine Suite mit Frühstück, Halbpension, Velovermietung, Bergbahntickets, Minibar und den Parkplatz in der Tiefgarage. Ausser Wein zum Abendessen und die Massage im Spa ist alles inbegriffen.

Die Umstellung zum Jahresbetrieb ist für Sie als Arbeitgeber ein Pluspunkt.
Ganz klar. Wenn wir einen Jahresvertrag anbieten können, hilft das sehr. Wir müssen umdenken und den Angestellten vielleicht nahelegen, dass sie im Sommer allenfalls vorkompensieren, weil es im Winter dann wieder sehr viel zu tun gibt. Mit dieser Umbausituation sind unsere Stellen nun besetzt. Aber grundsätzlich sind wir für tolles Personal immer offen. Erhalte ich eine Spontanbewerbung von einem guten Kandidaten, werde ich ihn verpflichten, statt im Winter monatelang suchen zu müssen.

Könnten auch Flüchtlinge aus der Ukraine infrage kommen?
Im Moment nicht. Doch wer ist flexibler als ein Hotelier? In der Küche reden wir Deutsch, Italienisch, Englisch als Verständigungssprache und selbst Spanisch.

Was erwarten Sie für 2022?
Eine gute Frage. Wir haben seit der Pandemie alle das Gespür verloren. Wie beeinflusst der Krieg in der Ukraine unser Geschäft? Wie entwickelt sich der Euro? Niemand weiss das wirklich.

Mit der Pandemie haben Sie einen Kulinarikpass eingeführt. Was ist das für ein Konzept?
In den vergangenen 40 Jahren buchten die Kunden Zimmer/Frühstück und haben in unserem Restaurant Capricorn à la carte gegessen. Wir wollten unserem Hotelgast etwas Spezielles bieten und haben ein Abendmenü mit täglich zwölf wechselnden Gängen kreiert: darunter 3 Vorspeisen, 3 Hauptgänge und 3 Desserts. Dieses Menü kostet neu 75 Franken. Das ist die beste Änderung, die ich in den letzten 20 Jahren realisierte.

Wieso?
Üblicherweise betrifft die Kritik in einem Hotel den Restaurantbereich. Seit der Einführung des Kulinarikpasses hat sich dies deutlich verringert. Zudem konnten wir mit dem reduzierten Angebot die Lebensmittelverschwendung reduzieren. Das Menü ist nachhaltig mit vielen Produkten aus der Region.