4-Tage-Arbeitswoche: «Es braucht mehr Dynamik bei den Arbeitszeiten»

Oliver Borner – 03. März 2022
Ab April führt die Hotelgruppe 25hours Hotels in all ihren Hotels eine 4-Tage-Arbeitswoche ein. Der Verband HotellerieSuisse begrüsst den mutigen Schritt und sieht das Modell als wichtiges Instrument für die Zukunft.

Nach einer dreimonatigen Pilotphase in den beiden Hotels in Hamburg (GER) gab die Hotelgruppe 25hours Hotels am Dienstag bekannt, dass sie ab dem 1. April in all ihren Hotels das Modell der 4-Tage-Arbeitswoche einführen wird. Konkret wird an vier Tagen in der Woche zu gleichem Gehalt gearbeitet, drei Tage frei sind garantiert. Teilschichten gibt es im 4-Tage-Modell nicht. Eine Schicht dauert neun Stunden mit einer Pause von 45 Minuten. Die Hotelgruppe betont, dass sich alle Mitarbeitenden für das 4-Tage-Modell entscheiden können, unabhängig von Einsatzbereich und Position. Allerdings müssen sie dies nicht. Es steht ihnen weiter frei, im bisherigen Arbeitsverhältnis, sprich fünf Tage in der Woche, zu arbeiten.

Bei HotellerieSuisse kommt der Schritt der Hotelgruppe gut an. «Wir finden es grundsätzlich positiv, wenn Hotels die Initiative ergreifen und neue Arbeitsmodelle ausprobieren und einführen», sagt Ueli Schneider, Leiter Business Development und Mitglied der Geschäftsleitung. Dies sei gerade in Zeiten, in denen insbesondere in der Hotellerie und Gastronomie akuter Fachkräftemangel herrscht, eine wichtige Massnahme. Eine Umfrage von HotellerieSuisse im Januar 2022 hatte gezeigt, dass über zwei Drittel aller Hotels Mühe haben, Stellen in ihren Betrieben zu besetzen. «Da kann eine Umstellung beim Arbeitsmodell durchaus sinnvoll sein», so Schneider.

 

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Ueli Schneider ist Leiter Business Development und in der Geschäftsleitung von HotellerieSuisse. (Bild: zVg)

Modell passt nicht für jeden Betrieb

Für Schneider überwiegen die Vorteile des neuen Arbeitsmodells. «Die kürzeren Arbeitszeiten machen die Berufe in der Hotellerie für alle Altersgruppen attraktiver, was mit Blick auf den Fachkräftemangel entscheidend ist», sagt er. Insbesondere die Flexibilität sei besonders für junge Angestellte interessant, da die langen und teilweise auf das Wochenende verteilten Arbeitszeiten viele davon abschreckten, in der Hotellerie zu arbeiten.

Weiter könne das Modell auch die Produktivität innerhalb des Betriebs steigern und bei der Familienplanung helfen. «Kürzere Arbeitszeiten können das Vereinbaren von Familie und Beruf vereinfachen und damit dafür sorgen, dass mehr Angestellte langfristig in der Branche tätig bleiben», so Schneider. Gleichzeitig betont er, dass das Modell in dieser Art und Weise nicht für jeden Betrieb funktioniert und daher jeder Betrieb individuelle Lösungen suchen muss. Denkbar ist beispielsweise eine Mischform von 4- und 5-Tage-Arbeitswoche, bei der nur eine Abteilung, zum Beispiel der Service, auf eine 4-Tage-Arbeitswoche umgestellt wird.

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Hoteldirektor Raphael Herzog setzt seit vergangenem August in seinem Betrieb teilweise auf eine 4-Tage-Woche. (Bild: GastroJournal)

«Wir haben nur positive Erfahrungen gemacht»

Ein Betrieb in der Schweiz, der seit vergangenem Frühling bereits auf die 4-Tage-Arbeitswoche setzt, ist das Hotel Vitznauerhof in Vitznau LU. Gastgeber und Direktor Raphael Herzog ist von dem neuen Arbeitsmodell überzeugt. «Das Feedback der Belegschaft war durchwegs positiv», sagt er. Insbesondere ausländische Mitarbeitende schätzten den zusätzlichen Freitag, da sie in dieser Zeit nach Hause zur ihren Familien reisen können.

Dieses positive Feedback hat Herzog dazu bewogen, das Modell auf weitere Bereiche in seinem Betrieb auszuweiten. «Letzten Frühling führten wir das Modell lediglich in einem Restaurant ein. Ab der kommenden Saison, welche nächste Woche startet, wird auch unser Restaurant Sens mit Sternekoch Jeroen Achtien dazukommen», so Herzog. Um dies mit den kürzeren Arbeitszeiten im Service zu vereinbaren, werden die Öffnungszeiten angepasst und ein zusätzlicher Service am Samstagmittag eingeführt.

In Zukunft soll mit der Ausweitung des Modells auf andere Bereiche des Hotels nicht Schluss sein. «Die Flexibilität der Arbeitszeiten und die damit verbundene Abdeckung der individuellen Bedürfnisse der Angestellten wird in Zukunft immer wichtiger werden», sagt der Hoteldirektor. Man werde daher stets prüfen, ob es in den Bereichen Küche, Rezeption oder Housekeeping seitens der Angestellten das Bedürfnis gibt, eine 4-Tage-Arbeitswoche einzuführen.