«Viele konnten in den vergangenen Monaten über ihre Zukunftsplanung nachdenken»

Oliver Borner – 22. Juli 2021
Eine Nachfolge für einen Betrieb zu finden, ist für Wirtinnen und Wirte komplex. Ruedi Stöckli, Präsident von GastroLuzern, hat es diesen Frühling erfolgreich geschafft. Der wichtigste Rat von Gastroconsult: die Nachfolge frühzeitig planen.

«Nachfolge, Pächterin oder Pächter, Geschäftsführerin oder Geschäftsführer gesucht»: Solche oder ähnliche Anzeigen finden sich auf den Immobilien- oder Jobportalen der Branche praktisch das ganze Jahr über. Egal ob für einen Gasthof, eine Bergbeiz oder ein gemütliches Café, landauf landab sind Nachfolgerinnen oder Nachfolger für Betriebe gefragt. Bevor es überhaupt zu einer Übergabe kommen kann, gilt es für die Betriebe, eine gute Nachfolgeplanung zu erstellen.

Das stellt die Betriebe regelmässig vor grosse Herausforderungen, wie Reto Grohmann, Unternehmensberater bei Gastroconsult, weiss. «Die Abgabe eines Betriebs scheint zu Beginn, im Gegensatz zu anderen Branchen, emotional eine relativ einfache Sache zu sein. Allerdings gibt es einige Punkte, die es zu beachten gilt», sagt er. Das Wichtigste dabei: Eine Übergabe braucht ihre Zeit. So seien in den meisten Fällen die Übergaben am erfolgreichsten, die zwei bis drei Jahre im Voraus geplant wurden.

Dazu gehört sowohl eine solide Steuerplanung als auch eine professionelle Schätzung des wirtschaftlich tragbaren Miet- oder Verkaufswerts, um für Verhandlungen bereit zu sein. «Wichtig ist zudem eine fundierte Prüfung des Nachfolgers wie beispielsweise Straf- und Betreibungsregister, Businessplan und Finanzierung. Die Erfahrung zeigt zudem, dass sich der Gastronom von Anfang an Gedanken über die gewünschte Zukunft seines Betriebs machen sowie das Bewusstsein reifen lassen muss, dass es nach der Übergabe eine klare Distanz zum Betrieb benötigt», so Grohmann.

Gute Planung zahlt sich aus

Von kurzfristigen Entscheiden rät der Experte daher generell ab. «Kurzfristigkeit heisst auch immer, den Betrieb unter Wert zu verkaufen, respektive zu vermieten», sagt Grohmann. Dieser Ansicht ist auch Ruedi Stöckli. Der Präsident von GastroLuzern gab zusammen mit seiner Frau im Frühjahr die Leitung des Landgasthaus Strauss in Meierskappel aus gesundheitlichen Gründen an einen Nachfolger weiter. «Die Vorbereitungen darauf begannen allerdings bereits vor drei Jahren», sagt er. Unterstützung suchte er sich dabei bei einer Agentur, welche den Grossteil der Nachfolgeplanung übernahm. «Das kostete zwar Geld, ersparte uns dank professioneller Hilfe allerdings sehr viel Zeit und Mühe».

Rückblickend habe sich das für die Auswahl des Nachfolgers mehr als gelohnt. «Wir hatten einige Interessenten und konnten uns dank frühzeitiger Planung mit jedem Einzelnen ausgiebig austauschen», so der 64-Jährige. Seit dem 1. April leitet ein neues Pächterpaar nun den beliebten Betrieb.

Corona als Schwierigkeit? Von wegen!

Dennoch sieht sich der Luzerner Gastropräsident im Glück. «Ich denke, dass sich die Suche nach einer Nachfolge in der Coronazeit um einiges schwieriger ist als noch vor zwei Jahren», sagt er. Die Unsicherheit in der Branche und die Angst vor einem weitern Lockdown im Herbst würden viele Gastronominnen und Gastronomen vor einer Übernahme abschrecken.

Diese Befürchtung kann Reto Grohmann beruhigt entgegenhalten. «Es stimmt zwar, dass wir in den letzten 18 Monaten mehr Nachfolgegesuche erhalten haben, allerdings sieht es momentan nicht danach aus, als ob Corona die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger zusätzlich erschwert, im Gegenteil», sagt er. So wagten vor allem mehr junge Gastronominnen und Gastronomen den Schritt eines Neuanfangs als noch vor der Coronapandemie. Einen Grund dafür sieht Grohmann auch in der arbeitsfreien Zeit während des Lockdowns. «Viele konnten in den vergangenen Monaten über ihre Zukunftsplanung nachdenken. Das hat die einen oder anderen sicherlich dazu verleitet, ein neuer Schritt zu wagen». Zudem habe gerade die junge Generation nichts zu verlieren. «Man scheitert nur, wenn man es gar nicht versucht hat!», so Grohmann.

Das GastroJournal wird in einer der kommenden Ausgaben nochmals auf das Thema Nachfolgeplanung ausführlich eingehen.