«Zum Auftakt blauer Tee aus der Blüte der Schmetterlingserbse, dazu ein neun Monate gereifter Gruyere fruité und hausgemachtes Urdinkelbrot», so empfängt Monika Jans (60) die Teilnehmenden des Käse-Sommelier-Lehrgangs von GastroSuisse zum achten Seminartag «Käse-Begeisterung im Restaurant». Die gebürtige Münchnerin ist die Partnerin von Thomas Huber (58), gemeinsam führen sie das Hotel Restaurant Krone in Sihlbrugg-Hirzel ZH – in 13. Generation. Sie sind mit 16 GaultMillau-Punkten ausgezeichnet, haben rund 40 Restaurantplätze in drei historischen Gaststuben, einen Bankettsaal und zehn Hotelzimmer.
Wie bringt man nun den Käse an den Gast? Monika Jans sagt: «Der Service muss die Leidenschaft entwickeln, den Käse zu verkaufen.» Im imposanten Käsewagen der Krone liegen insgesamt 80 Sorten. Und dieser Wagen ist abends um 19 Uhr so platziert, dass die ankommenden Gäste ihn sehen. «So ist der Käsewagen in den Köpfen bereits gespeichert», erklärt Jans. «Danach ist er im Gastraum präsent.» Vier Bretter liegen im Wagen, je eines für die Kategorien Kuh rezent, Kuh mild, Ziege und Schaf. «Was davonläuft, wie etwa ein Coulommier, liegt ganz vorne, den dieser spricht die meisten Gäste an.» Um Käse professionell verkaufen zu können, muss man seine Käse kennen – und die Produzenten. Jans erzählt dazu Anekdoten wie: «Willi Schmid schmeckt es an der Milch, wenn die Kuh woanders auf der Weide stand.»
Seit 14 Jahren widmet sie sich intensiv dem Käse, aus Leidenschaft. Daneben ist sie Wein-, Spirituosen- und Sake-Sommelière sowie Prüfungsexpertin im G3 sowie der Restaurationsfachleute. Jeder Käse hat eine Geschichte. «Den Gast interessiert nicht den Fettgehalt oder wie viel Wasser ein Käse hat», erklärt Jans. Sie setzt bei ihren Gästen oft auf Humor: «Als Diätkäse empfehle ich Ihnen den Brillat-Savarin mit mindestens 72 Prozent Fettgehalt.»
Degustieren, degustieren, degustieren: Beat Wyss ist auf bestem Wege zum professionellen Käse-Sommelier (Foto: Corinne Nusskern)
Verkaufsargument? Emotionen!
Nun erarbeiten die 20 Seminar-Teilnehmenden die Geschichte eines Käses kurz in Gruppen und präsentieren diese. Es sind Köche, Restaurationsfachleute und Selbstständige aus der ganzen Deutschschweiz. Ihre Ambitionen sind so unterschiedlich wie die besprochenen Käsesorten. Einer von ihnen, der Gastronom und Bier-Sommelier Beat Wyss (50), hat soeben die Leitung der Gastronomie Jungfraubahnen mit diversen Betrieben in Grindelwald BE übernommen. «Mich interessieren vor allem die Food-Pairing-Geschichten. Beim Bier-Sommelier war es extrem, wie unterschiedlich ein Bier schmeckt, je nachdem womit man es verkostet. Darauf bin ich beim Käse extrem gespannt.» Und weshalb absolviert Erica Beer (54), Wein-Sommèliere, Betriebsassistentin und Eventmanagerin im Restaurant Schloss Seeburg in Kreuzlingen TG den Käse-Sommelier? «Weil ich gerne Lebensmittel an den Mann und die Frau bringe.»
Noch scheint das Vorgetragene der Teilnehmenden da und dort etwas holprig. Aber ein Beginn ist gemacht. «Käse verkauft sich mit Emotionen und Anekdoten», wiederholt Jans und ermuntert die Gruppe: «Redet immer mit Produzenten und Lieferanten!»
«Blaues Hirni» – das verkauft sich?
Erste Kontakte knüpfen die angehenden Käse-Sommeliers bei Besuchen von Käseproduzenten und Käsekellern quer durch die Schweiz. Auch das Wissen von Geschichte, Lagerung und Umgang mit Käse ist elementar. Genauso wie die Sensorik, der ein Seminartag gewidmet ist. Die Sensorikwissenschaftlerin und Referentin Christine Brugger (48) erklärt, wie die sensorische Wahrnehmung funktioniert: «Es geht nicht um sauer, bitter, süss, salzig, umami, sondern: Was macht das im Mund?» Mit einem Apfelschnitz sowie gelösten Essenzen wird nun geübt. Wo sitzt der Geschmack und wo das Aroma? Wie «misst» man Textur?
Auch für Beat Wyss und Erica Beer absolut spannend. Die Welt von Aroma, Geschmack, Textur und Trigeminus ist komplex. Bei Sensorik-Neulingen ist das Artikulieren, was sie schmecken, zu Beginn das Schwierigste und die Sensoriksprache noch fremd. «Weil sie es nicht gewohnt sind. Es ist etwas Persönliches, fast Intimes und keiner will sich blamieren», erklärt Brugger. Es braucht Zeit und Training.
Käse-Sommelier-Teilnehmerin Erica Beer: «Es ist toll, dieseKäsevielfalt kennenzulernen.» (Foto: Corinne Nusskern)
Zurück in die Krone in Sihlbrugg-Hirzel. In einer Degustation werden ein gutes Dutzend Käsesorten in verschiedenen Reifestufen verglichen. Teilweise laufen die Käse ihren Rinden davon, daneben liegen Stücke von hausgemachtem Brot. Auf dem Degutisch der Blauschimmelkäse steht auch das «blaue Hirni» aus Blau- und Weissschimmelkulturen von Peter Glauser aus Belp BE. Erica Beer fragt: «Ob der sich so leicht verkauft?»
Jans lächelt und sagt: «Ja. Der Käse wird von der Emmentaler Familienkäserei Jumi in einem Böxli geliefert, auf dem eine witzige Geschichte zum Käse steht, und diese erzähle ich den Gästen.» Da schmunzeln alle und schon bestellt ihn jemand. Dazu serviert Jans Sauternes oder Portwein. Das Problem bei einem gemischten Käseteller sei jeweils einen Wein zu finden, der zu allen Käsen passe. Jans empfiehlt da einen Riesling Spätlese.
Der Gast stellt immer Fragen
Zwischendurch schaut Käser Hans Stadelmann aus dem Toggenburg vorbei und erzählt von der Vielfalt der Ostschweizer Käsewelt, von mikrobiellem (vegetarischem) Lab und der eigenen Käsemarke «Toggenburger Lust». Und vor allem, wie wichtig Regionalität sei.
Diese «Toggenburger Lust» reicht Krone-Küchenchef und Inhaber Thomas Huber dann in drei Altersstadien in seinem viergängigen Käsemenü zusammen mit einer Steinmühlepolenta. Davor ein Nüsslisalat mit Topinambur und zwei Mozzarella di Bufala in verschiedenen Altersstadien sowie ein Käsesoufflé aus Crolino und blauem Büffel mit einer Variation von Bergkartoffeln aus Cham ZG. Als Dessert ein Hauch von einer Bayrischen Käse-Sahne-Torte.
Monika Jans, die Käsemeisterin vom Hotel Restaurant Krone in Sihlbrugg-Hirzel ZH mit einem Ausbrecherkäse. (Foto: Corinne Nusskern)
Erica Beer sagt: «Ich spüre Monika Jans richtig und es ist toll, diese Vielfalt kennenzulernen.» Sie wird viel vom Käse-Sommelier in ihren Alltag mitnehmen. «Mein Ziel ist es, dem Gast mehr Käse zu verkaufen, aber vor allem Käse-Events zusammen mit Wein zu kreieren.» Auch Beat Wyss hat einige Ideen, um das neue Wissen einzusetzen. «Das Restaurant Eigergletscher ist typisch schweizerisch positioniert. Und es gibt in Grindelwald noch keine Käsetage. Bei uns ist vieles im Aufbruch», freut er sich. Und für Käser Stadelmann sind zukünftig bezüglich Käse zwei Dinge wichtig: langgereifte Geschichten und die Wertschöpfung im Tal zu behalten. Denn man müsse aufpassen, sagt er schmunzelnd: «Zuerst geht die Kuh, dann der Gast. Wen soll man dann noch melken?»
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★ Der Käse-Sommelier® Kompetent. Nachhaltig. Gewinnbringend.
Das Spezialistenseminar von GastroSuisse beginnt bei der Käsekunde und der Geschichte des Käses, thematisiert die Tiere und ihre Milch und führt zu diversen Besuchen bei Käseherstellern und in Käsekeller. Im Fokus steht die Vielfalt des Schweizer Käses, aber auch internationale Käse werden behandelt. Ebenso Pairings mit Wein, Bier und Spirituosen sowie die Sensorik und wie man Gäste mit überraschenden Genussmomenten begeistert.
Der nächste Kursstart: 2022, die Termine sind demnächst online.
Kursdauer: Berufsbegleitend, zehn Tage, inklusive Prüfung.
Kosten: 2900 Franken, inklusive Prüfungsgebühren. Bis Ende 2022 zu
100 Prozent L-GAV-subventioniert.