«Der Schweizer Markt hat Potenzial»

Reto E. Wild – 13. März 2024
Die EU geht vermehrt dazu über, nicht nur die Weine mit ihren Ursprungsbezeichnungen zu schützen, sondern auch Lebensmittel wie Käse. Riccardo Pastore ist der Direktor des Konsortiums Pecorino Romano g.U. und verrät seine Aktivitäten und weshalb der Schweizer Markt für den sardischen Exportschlager interessant ist.

Herkunfts- oder Ursprungsbezeichnungen haben eine lange Geschichte. Bereits 1756 liess Marquês de Pombal das Anbaugebiet des oberen Dourotals im Norden Portugals klassifizieren. Dies, damit die Weine im wichtigen Exportmarkt England nicht gepanscht ankommen und explizit von Schieferböden stammen.

Frankreich startete 1935 mit der Appellation d'Origine Contrôlée (AOC), Italien folgte 1963 mit ersten DOC-Weinen (Denominazione di Origine Controllata, kontrollierte Ursprungsbezeichnung). Mit der Gründung der EU hat diese Entwicklung Fahrt aufgenommen, wobei der Wein für eine Vorreiterrolle sorgte.

Der neueste Trend: Ursprungsbezeichnungen werden immer häufiger auch für Lebensmittel verwendet. Inzwischen ist europaweit von rund 2000 Ursprungsbezeichnungen die Rede. 

Kürzlich fand ein Anlass statt, bei dem die Weinregion Südtirol, jene des Ätnas auf Sizilien und der Pecorinokäse im Vordergrund standen. Das GastroJournal sprach mit dem Direktor des Konsortiums Pecorino Romano g.U.

Riccardo Pastore, weshalb wurden die Region Ätna, das Südtirol und der Pecorinokäse für geschützte Ursprungsbezeichnungen ausgewählt?
Ricardo Pastore
: Die Kombination von Käse mit Wein wird immer mehr geschätzt und ist bei Verkostungen weit verbreitet. Wir haben die Partnerschaft mit den Konsortien Südtirol Wein und Ätna Weinen angenommen, weil sie, wie der Pecorino Romano g.U., für eine starke Bindung an das Gebiet, die Kultur und die Tradition stehen. Ausserdem hielten wir es für interessant, drei herausragende Produkte zu präsentieren, die Italien von Nord bis Süd abdecken. Wir reden hier von 1450 Autokilometern zwischen dem Südtirol und Sizilien!

Welche weiteren Massnahmen sind geplant, um die Herkunftsbezeichnungen bekannter zu machen?
Bei den durchgeführten Aktivitäten handelt es sich um Kommunikationsmassnahmen im Internet, in den Online- und in den Printmedien. Es werden auch Seminare an Schulen und Universitäten organisiert. Dazu haben wir Teilnahmen an Messen, Veranstaltungen und Konferenzen in der Lebensmittelbranche organisiert. Vergangenes Jahr traten wir zudem an der Igeho in Basel auf.

Welche Rolle nimmt der Pecorino in der Wirtschaft ein?
2022/2023 gab es rund 11400 Betriebe im Ursprungsgebiet Sardinien, Latium (Region Rom) und in der toskanischen Provinz Grosseto. 10 990 davon befinden sich auf Sardinien. Die Insel ist also mit Abstand am wichtigsten für die Produktion von Pecorino. Im Käseproduktionsjahr Oktober 2022 bis Juli 2023 wurden rund 36 630 Tonnen Pecorino Romano g.U. produziert. Etwa 80 Prozent der gesamten Milchproduktion war für die Herstellung von Pecorino Romano DOP bestimmt. Und dieser macht wiederum 85 Prozent des italienischen Marktes für Schafskäse aus. Innerhalb der EU fällt fast die Hälfte des Schafskäsemarktes auf den Pecorino, gefolgt vom französischen Roquefort mit 28 Prozent und dem spanischen Manchego mit 24 Prozent.

Pecorino

Der Pecorino wird auch hierzulande immer beliebter. (Bild: zVg)

Und wo wird der Pecorino verkauft?
26 Prozent des Absatzes fällt auf den italienischen Markt, wobei 32 Prozent über Grosshändler und Discounter sowie 68 Prozent über die Industrie sowie die Hotellerie und Gastronomie verkauft werden. Somit werden über 70 Prozent der Produktion exportiert! Davon haben die USA einen Anteil von 62 Prozent, die EU-Länder 26 Prozent und Nicht-EU-Märkte 12 Prozent. Gut zu wissen: Es gibt beim Pecorino g.U. zwei Reifegrade: Ist er mehr als fünf Monate gereift, gilt er als Tafelkäse – aromatisch, leicht würzig und salzig. Mehr als acht Monate gereift wird er zum Reibkäse: würzig, intensiv und duftend.

Wie wichtig ist der Schweizer Markt?
Er ist für das Konsortium Pecorino Romano g.U. sehr interessant. Trotz der starken Bindung an die Schweizer Produkte sind wir der Meinung, dass unser Produkt Potenzial hat – dank der Präsenz zahlreicher italienischer Auswanderer und der Tatsache, dass die italienische Küche in der Schweiz sehr beliebt ist. Ausserdem hilft der zollfreie Tourismus im Schengen-Raum und das grosse Interesse der jüngeren Generation am Genuss italienischer Gerichte. 

Die Ursprungsbezeichnungen

Die EU regelt die Ursprungsbezeichnungen so: 

  • g. U. – geschützte Ursprungsbezeichnungen (Lebensmittel und Wein): Als g. U. eingetragene Produktnamen weisen die engste Verbindung mit dem geografischen Ort auf, an dem sie hergestellt werden.
  • Erzeugnisse: Lebensmittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Weine.
  • Spezifikation: Jeder Verarbeitungsschritt, also Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung, muss in der jeweiligen Region erfolgen. Für Weine bedeutet dies, dass die Trauben ausschliesslich aus dem geografischen Gebiet stammen müssen, in dem der Wein hergestellt wird.
  • Beispiel: Olivenöl «Kalamata» (g. U.) wird vollständig in der Region von Kalamata in Griechenland und unter Verwendung von Oliven aus diesem Gebiet hergestellt.
  • Kennzeichnung/Etikettierung: obligatorisch für Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse, fakultativ für Wein.
  • Synonyme/Übersetzungen: Anstelle der deutschen Version g.U. (geschützte Ursprungsbezeichnung) werden bei Lebensmitteln oft auch die italienische Version DOP (Denominazione di origine protetta) und die französische Version AOP (Appellation d’Origine Protégée) verwendet. Beim Wein sind AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) und DOC (Denominazione di Origine Controllata) gebräuchlich.       
  • Die geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) besagt, dass Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Produkts in einem bestimmten geographischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgen. Hierzu zählt beispielsweise der Parmaschinken, der nach neueren Urteilen sogar in der Region Parma geschnitten werden muss. Produkte mit geschützter Ursprungsbezeichnung sind beispielsweise Feta- und Manouri-Käse aus Griechenland, alle französischen AOP-Käse und alle italienischen DOP-Käse und andere DOP-Produkte, AOC-Produkte wie Käse, Oliven, Schinken, Würste und sogar einige regionale Brotsorten.