Alles neu im Belv … Nein, eben nicht mehr im Belvoirpark. Die 1925 gegründete Schule in Zürich-Enge heisst seit dem 1. April 2022 Hotelfachschule Zürich (HFZ). Der Name Belvoirpark ist ab sofort Geschichte. So heisst fortan nur noch das Restaurant, das zur Schule gehört. Ein neuer Name, ein neuer Studiengang, man ist neu per Du. Dies und was sich sonst noch ändert – darüber reden Direktorin Susanne Welle (50) und Bruno Lustenberger (58). Der Aargauer gehört dem Führungsausschuss von GastroSuisse an und leitet gemeinsam mit Susanne Welle die Auffrischungskur der Schule an.
Susanne Welle, weshalb die Namensänderung?
Susanne Welle (SW): Als ich meine Stelle angetreten habe, gratulierten mir Leute und fragten, ob ich nun ein Hotel leite. Fast alle Hotelfachschulen heissen so: Lausanne, Luzern, Passugg, Thun, Genf. Belvoirpark?
Der Name hat Tradition.
SW: Man muss sich im Klaren sein: Zürich ist eine Marke, eine starke Marke. Die Stadt ist die sechstbeste Stadt der Welt für Studierende. Das müssen wir nutzen.
Bruno Lustenberger (BL): Eine Namensänderung nach so vielen Jahren ist eine heikle Sache, das ist uns klar. Es wird dauern, bis der neue Name voll akzeptiert ist. Als wir den Alumni die Änderung bekanntgaben, stand eine Frau auf und sagte: «Für mich bleibt es der Belvoirpark.»
SW: In Genf war es gleich. Die Schule hiess «Vieux Bois». 1996 wurde der Name zu Ecole Hôtelière de Genève geändert. Mittlerweile spricht keiner mehr von «Vieux Bois». Nur das Restaurant heisst noch so. So wird es auch in Zürich sein.
Wer kam auf das neue Logo?
BL: Wir beauftragten eine Marketingagentur. Die machte uns auch Vorschläge fürs neue Logo. Wir orientierten uns beim Logo an Genf, erneuerten es aber. Die Schulen haben nun ein einheitliches Logo.
Wird dieser frische Wind mit einem Anlass eingeläutet?
SW: Im Mai laden wir die Branchen und Partner zu einem Kick-off-Apéro ein.
Bruno Lustenberger, wie lautet Ihr Auftrag von GastroSuisse?
BL: Ich wurde von GastroSuisse angefragt, ob ich diesen Führungsausschuss leiten möchte. Bis vor drei Jahren war der Vorstand dafür zuständig. Der war aber zu weit weg. Also gründeten wir den Führungsausschuss und seit Anfang Jahr bin ich an diesem Projekt dran. Ich sage Susanne immer: «Ich bin nicht da, um euch Arbeit zu machen. Ich bin da, um Lösungen zu suchen.» Ich will unterstützen, eine volle Schule, zufriedene Mitarbeitende, zufriedene Studierende. Ich fühle mich nicht als Susannes Vorgesetzter.
SW: Gemeinsame Kreation und Partizipation ist Teil unserer neuen Leitsätze. Wir möchten nicht einen Kopf, der alles weiss, kann und tut. Wir arbeiten miteinander, die Hierarchie ist flach. Zu diesen neuen Leitsätzen gehört übrigens auch die Art und Weise, mit der wir den Studierenden begegnen möchten. Früher war das sehr von oben nach unten. Jetzt aber haben wir Sitzungen mit den Studierenden, hören ihnen zu, möchten ihr Feedback und nehmen dieses ernst.
Was steht sonst noch in diesen Leitsätzen?
SW: Sie umfassen sechs Punkte, wir führen hierzu intern Workshops durch. Das ist wichtig, zumal sich damit die Unternehmenskultur wandelt. Abgesehen von den Studierenden sind nun beispielsweise alle per Du miteinander. Die Studierenden unter sich natürlich sowieso. Aber ich bin mit meinem Schulleiter ebenso per Du wie mit dem Spüler in der Küche. Und er mit mir. Wir arbeiten alle voller Elan an einem Produkt, keiner ist wichtiger als der andere.
BL: Schauen Sie: Vor 30 Jahren absolvierte ich hier das Studium. Seither hatte ich nichts mehr mit der Schule zu tun. Als ich nun hierher zurückgekehrt bin, erschrak ich: Vieles ist noch immer gleich. Wir hatten davor eine sehr lange Direktionsperiode. Es lief, also änderte man nur marginal. Nun ist es an der Zeit, frischen Wind reinzubringen.
Ein hartes Urteil.
BL: Der Markt der Hotelfachschulen hat sich verändert. Andere Schulen, die vor der Coronakrise von ausländischen Studierenden lebten, mussten sich umorientieren. Das traf uns wie andere Schulen auch. Das schwächelnde Image des Gastgewerbes trug auch seinen Teil zur Situation bei. Nun müssen wir die Schule wieder füllen.
SW: Der Wettbewerb ist hart, aber wir stellen uns diesem. Einerseits war die Schule etwas veraltet. Anderseits wurde zu wenig Marketing betrieben.
Die Schule wieder füllen – wie wollen Sie das schaffen?
BL: Im Sommer wollen wir mit einer Klasse des neuen, berufsbegleitenden Studiengangs beginnen. 20 Studierende sind das Mindestziel.
Ein berufsbegleitender Studiengang?
BL: Ein ganz neues Produkt. Dabei besucht man etwa am Montag und Dienstag die Schule und geht an den anderen Tagen regulär arbeiten. Nicht zu einem Praktikumslohn, sondern in einer 60- bis 80-Prozent-Stelle. So kann man sich die Schule finanzieren, was für viele bislang eine Hürde darstellte. Das berufsbegleitende Studium dauert sieben Semester mit jeweils zwei Schultagen pro Woche.
SW: Ich denke, dass dieser Studiengang sehr attraktiv für Betriebe ist, die einen Mitarbeiter haben, der kurz vor dem Abschluss der Lehre steht. Will man diese Person im Betrieb halten, kann man ihr nun ein starkes Paket anbieten: eine Teilzeitstelle und das Studium. Allenfalls beteiligt sich der Betrieb an den Kosten und verpflichtet den Mitarbeitenden dafür, die drei Jahre zu bleiben. Eine Win-win-Situation, gerade heute mit dem Fachkräftemangel.
Die Hotelfachschule Zürich ist nicht die Einzige, die neue Wege geht. Andere entwickeln sich eher in Richtung generelle Management- oder Businessschule.
SW: Das wollen wir nicht sein. Wir sind eine Hotelfachschule und bilden Entscheidungsträger für die Branche aus. Klar, dass die Schule auch eine weit geschätzte Ausbildung für diverse Managementjobs im Dienstleistungssektor ist. Aber grundsätzlich haben wir einen Auftrag, den wir erfüllen möchten.
Gibt es auch Änderungen innerhalb des Vollzeitstudiums?
BL: Wir haben einen neuen Rahmenlehrplan, die Kurse sind neu. Die Studierenden arbeiten nicht mehr hier, sondern absolvieren drei Praktika. Drei Semester an der Schule, drei im Praktikum. Oder – falls jemand mit einer abgeschlossenen Koch- oder Servicelehre zu uns stösst – drei Semester an der Schule, eines im Praktikum. Davor waren wir Exoten, nun gleicht der Takt des Studiums jenem der anderen Schulen.
SW: Ebenfalls neu ist die Möglichkeit eines Austauschsemesters in Genf beziehungsweise für Genfer Studierende in Zürich. Im ersten Semester besuchen die Studierenden jeweils für eine Woche die Partnerschule, um diese kennenzulernen. Auch können die Studierenden fortan ein Praktikum im Ausland absolvieren. Das war bislang nicht möglich. Und ab jetzt erhält man nach dem ersten Jahr ein Basisdiplom, nach dem zweiten ein Vordiplom und nach dem dritten das Abschlussdiplom. So hält man immer etwas in der Hand, das man vorweisen kann.
Sie wollen Entscheidungsträger für die Branche ausbilden. Wo spielte diese Maxime bei der Planung des Lehrgangs eine Rolle?
SW: Vielfach, zum Beispiel bezüglich der Caterings: Wir werden uns bei diesen künftig auf wenige, spannende Anlässe beschränken. Es waren zu viele Events darunter, die zwar eine Werbung für die Schule waren, den Studierenden, die da arbeiteten, aber kaum was nützten. Mit der Stadt Zürich werden wir im Herbst nach Brüssel zur EU reisen. 700 Gäste, eine Riesensache. Das hat für die Studierenden einen Wert.
BL: Wir sind wieder eine Hotelfachschule, die Studierende besuchen, um danach einen Betrieb führen zu können. Dazu gehören auch praktische Kurse, um die Basis zu kennen. Aber wir verschwenden keine Zeit für Anlässe, die den Studierenden nichts bringen.
Wer soll künftig die Hotelfachschule absolvieren?
BL: Wir wollen wieder die Söhne und Töchter der GastroSuisse-Mitglieder an der Schule. Wir sind bereit und überzeugt von unserem Produkt. Die Hotelfachschule Zürich ist eine traditionsreiche Institution, der nun neues Leben eingehaucht wird. Die Schule wird auch günstiger.
SW: Der Normalpreis für Vollzeitstudierende beträgt neu 39 800 Franken, für Teilzeitstudierende 42 000 Franken. Wir lancieren das Teilzeitstudium aber mit einem einmaligen Angebot für 33 000 Franken. Alle Preise sind ohne Verpflegung.
BL: Neu finden auch die G2-, G3- und Sommelierkurse von GastroSuisse bei uns statt. Alles unter einem Dach, das die gleichen Referenten nutzen – das Haus ist schön und modern eingerichtet und soll leben.