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«Wir müssen auch in schwierigen Zeiten Lehrverträge abschliessen»

Reto E. Wild – 05. Mai 2020
Es kommt eine Zeit nach Corona: Bruno Lustenberger, Vorstand der Hotel & Gastro Formation, rät den Unternehmern dringend, sich selbst in der Krise um die Rekrutierung von Lernenden zu kümmern. Ansonsten wird das die Branche büssen.

Bruno Lustenberger, wie erleben Sie die Coronakrise als Unternehmer, Präsident von GastroAargau und Vorstandsmitglied von GastroSuisse?
Bruno Lustenberger: Die Lage in der Branche ist sehr angespannt, für alle Wirte und Hoteliers ist es schmerzhaft, ihre Betriebe während Wochen zu schliessen. Wir müssen aber vorwärts schauen, dürfen nicht aufgeben und sollten versuchen, gestärkt aus der Krise zu gehen. Das gilt auch für mein eigenes Restaurant Krone in Aarburg AG. Das ist leichter gesagt, als getan. Was meinen Sie damit?
Diese Phase des Notstands sollten die Unternehmer nutzen, um beispielsweise das Konzept zu überdenken, sich selbst zu hinterfragen, sich zu überlegen, was man im Betrieb verbessern kann oder in welchem Bereich es Einsparpotenzial gibt. Die Gastgeber gehen durch die grösste Krise, sollten aber auch an die Zeit nach Corona denken. Was raten Sie zusätzlich?
Ich setze mich gemeinsam mit anderen Branchenvertretern dafür ein, dass auch in schwierigen Zeiten Lehrverträge abgeschlossen werden. Wieso?
Spätestens im August beenden viele Jugendliche die Schule. Wenn wir für sie keine Arbeitsstelle schaffen, kann das die Arbeitslosenkasse belasten, es schadet der Volkswirtschaft, und gleichzeitig wird der Fachkräftemangel immer grösser. Haben wir nicht genügend Lernende, fällt das auf die Ausbildungszentren zurück, und die Branche würde viel zu viel Zeit benötigen, um diesen Missstand wieder aufzuheben. Wie aktiv ist der Verband an den Schulen, um auf die Attraktivität des Berufs von Restaurantfachleuten aufmerksam zu machen?
Weil Veranstaltungen verboten und die Schulen geschlossen sind, sind wir eingeschränkt, unsere Berufe zu bewerben. Wir versuchen, die Mitglieder entsprechend zu informieren, sie in Newslettern zu motivieren, Lehrverträge abzuschliessen und jetzt bitte keine Kündigungen von Lernenden vorzunehmen. Viele Unternehmer wissen allerdings nicht, wie es weitergehen soll.
Das stimmt. Auch ich höre von Wirten, die nicht sagen können, ob sie im Sommer ihren Betrieb noch offen haben oder nicht. Das Problem ist die Liquidität. Ich wollte wissen, wie es aussieht, und nahm wohl rund 200 Anrufe der Hotline von GastroAargau entgegen. Fast immer drehten sich die Gespräche ums Überleben. Die Situation ist tragisch. Ich möchte die Kantone und den Bund deshalb dazu bringen, die Gebühren der Berufsausbildner zu übernehmen. Das wäre ein starkes Zeichen und ist im Vergleich zum Hilfspaket eine verschwindend kleine Summe. Aber für die Zukunft unseres Landes ist dieser Schritt sehr wichtig. Die Lernenden können sich erstmals in der sogenannten Ergänzungskompetenz zum Jung-Sommelier, -Barrista, -Barkeeper und zum -Chef de Rang ausbilden. Wann ist das so weit?
Die Prüfungen dazu finden erst 2022 statt. Nach den Sommerferien geht es mit diesen Lehrgängen los. Ziel ist es auch hier, die Berufe damit weiter aufzuwerten. Welche weiteren Ziele wollen Sie als Vorstand der Hotel & Gastro Formation in der Berufsbildung umsetzen?
Wir sind daran, verschiedene neue Ausbildungsangebote zu erarbeiten. Bei der höheren Berufsbildung setzen wir uns stark für den Bereichsleiter Restauration ein sowie die Ausbildung zum Chefkoch. Und mit der Lehre wollen wir grundsätzlich aktueller werden. Das heisst?
Diätkoch war bis jetzt eine Zusatzlehre. Nun bringen wir diesen Bereich als Berufsprüfung auf den Markt, um zu gewährleisten, dass Altersheime und Spitäler weiterhin genügend ausgebildete Diätköche haben. Die Kochlehre soll generell zeitgemässer werden und beispielsweise neue Gartechniken berücksichtigen. Poelieren von Geflügel macht heute kein Mensch mehr. Sous-Vide, Niedertemperatur oder räuchern sind viel aktueller. Wir schauen also, dass die Ausbildung zielgerichteter ist – mit mehr Handwerk und weniger Theorie, damit es auf dem Markt jene Köche gibt, welche die Branche wirklich braucht.