«Zu meinem Leidwesen bin ich gegen Insektenpulver allergisch. Ich habe das in Frankreich erlebt und wäre fast gestorben (...). Infolgedessen werde ich sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, in Restaurants, Bäckereien usw. zu gehen. Ich habe mit einigen Restaurantbesitzern gesprochen, aber sie scheinen von dieser Änderung nichts zu wissen». Eine Verbraucherin wandte sich kürzlich an den Präsidenten von GastroVaud, Gilles Meystre, und berichtete ihm von ihren unangenehmen Erfahrungen mit dem teilweise entfetteten Pulver von Acheta domesticus (Hausgrille).
Am 3. Januar 2023 hatte die Europäische Union dessen Inverkehrbringen als neuartiges Lebensmittel zugelassen, was bedeutet, dass dieses Insektenpulver bei der Herstellung bestimmter in der Schweiz vermarkteter Lebensmittel verwendet werden darf. Gilles Meystre wandte sich daher an den Kantonschemiker, um mehr darüber zu erfahren. «Es ist unsere Aufgabe, die Gastronomen zu informieren, wenn neue Verpflichtungen in Kraft getreten sind, damit sie über die Gesundheitsauflagen auf dem Laufenden sind. Es geht darum, unsere Mitglieder vor bösen Überraschungen zu bewahren, denn wenn sie von einer Hygienekontrolle oder einem Kunden erwischt werden, stehen ihr Image und ihre Haftung auf dem Spiel. Vorbeugen ist besser als heilen», so der Präsident von GastroVaud.
Krustentiere, Muscheln und Milben
Was sagt die Verordnung? Der Kantonschemiker des Kantons Waadt, Dr. Christian Richard, erklärte, dass Insekten zwar bislang nicht in Anhang 6 der Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) über die Information über Lebensmittel (LMIV) aufgeführt sind, ihr Vorhandensein aber aufgrund der anerkannten Risiken auf dem Etikett oder der Verpackung deutlich angegeben werden muss. Es stellt sich heraus, dass dieser Inhaltsstoff bei Personen, die auf Krustentiere, Muscheln und deren Produkte sowie auf Hausstaubmilben allergisch reagieren, allergische Reaktionen hervorrufen kann. «Wenn ein Restaurantbesitzer, Bäcker, Caterer oder ein anderer Akteur in der Lebensmittelkette dieses Pulver verwendet, muss er seine Kunden auf das Risiko aufmerksam machen», sagt Dr. Christian Richard. Das bedeutet in der Praxis, dass der Gastronom in der Lage sein muss, Informationen darüber an die Gäste weiterzugeben. Zum Beispiel, indem er dem Servicepersonal ermöglicht, genaue Informationen über die Zutaten vorzulegen, wenn die Gäste danach fragen, und zwar nach denselben Kommunikationsverfahren wie bei anderen Allergenen.
Neuer BPHR-Leitfaden in Vorbereitung
Gastronomen sollten beim Einkauf nicht nur darauf achten, ob eine Zubereitung Grillenpulver enthält, sondern auch darauf, dass Insekten als tierische Lebensmittel gelten und ein Lebensmittel, das Insektenpulver enthält, nicht als vegan oder gar vegetarisch gekennzeichnet werden darf.
GastroSuisse bestätigt diesen entscheidenden Punkt: Auf Nachfrage der Gäste müssen die Mitarbeiter des Gastgewerbes vegetarisch sein. Sie müssen in der Lage sein, mündlich Auskunft über die in Anhang 6 aufgeführten Zutaten zu geben (auf der Website von GastroSuisse unter «Allergene Lebensmittel»baufgelistet), einschliesslich der Frage, ob Insektenpulver enthalten ist.
Michelle Keusch, Mitarbeiterin in der Abteilung Wirtschaftspolitik bei GastroSuisse, erkundigte sich beim EDI nach Beispielen für Lebensmittel mit Grillenpulver, die in der Schweiz bereits verbreitet sind. «Bisher sind uns noch keine Produkte bekannt, die das neu zugelassene entfettete Pulver der heimischen Grille enthalten», heisst es in der Antwort. Die Website von GastroSuisse wird demnächst mit den Informationen über die Vorschriften für Insektenpulver aktualisiert. Wird auch der «Leitfaden für die gute Praxis im Gastgewerbe», der als Referenz für die Branche dient, aktualisiert werden? Zurzeit befinden sich zahlreiche Verordnungen des Lebensmittelrechts in der Vernehmlassung oder werden noch geändert. GastroSuisse arbeitet an der Überarbeitung des Leitfadens, aber es ist noch nicht klar, wann die neue Version veröffentlicht wird.