Glutenfreies Kochen in der Gastronomie: «Es braucht Wille und eine gute Planung in der Küche»

Oliver Borner – 12. Mai 2022
Schweizweit setzen nur wenige Betriebe auf glutenfreie Gerichte auf ihren Speisekarten. Wie es trotzdem klappt, zeigt ein Betrieb aus der Stadt Luzern.

In einem Restaurant unbeschwert eine Pizza oder einen Teller Spaghetti Bolognese geniessen: Was für die meisten zur Normalität gehört, ist für etwa ein Prozent der Schweizer Bevölkerung alles andere als selbstverständlich. Ungefähr 80'000 Menschen leiden unter der Autoimmunerkrankung Zöliakie, das heisst, sie dürfen keine Produkte konsumieren, die das Kleberprotein Gluten enthalten. Dazu gehören bekanntlich Produkte wie Brot oder Pasta aus den gängigen Getreiden wie Weizen, Roggen, Dinkel und Gerste.

Das stellt die Betroffenen oftmals vor grosse Herausforderungen, besonders beim Auswärtsessen in einem Restaurant. Denn: Nur wenige Restaurants in der Schweiz bieten explizit glutenfreie Speisen an. Das zeigt ein Blick in das Verzeichnis der IG Zöliakie, der offiziellen Anlaufstelle für Zöliakie-Betroffene in der Schweiz. Demnach sind stand heute erst rund 120 Betriebe in der Schweiz in diesem Verzeichnis eingetragen. «Zu wenig», sagte Tina Toggenburger, Präsidentin der IG Zöliakie, bereits vor einem Jahr gegenüber dem GastroJournal. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

«Der Aufwand schreckt oft ab»

Die Gründe für die sehr kleine Zahl an Betrieben, die explizit glutenfreie Speisen anbieten, sind vielfältig, wie Rolf Suter-de Gouveia sagt. Der Luzerner kocht in seinem italienischen Restaurant Trattoria della Nonna in Luzern seit zwölf Jahren glutenfrei und hat damit viel Erfahrung mit glutenfreiem Kochen. «Zum einen ist der Aufwand beim glutenfreien Kochen für den Koch und sein Team grösser als beim 'normalen' Kochen», sagt er. So muss in der Küche auf strikte Trennung zwischen glutenhaltigen und glutenfreien Produkten geachtet werden, was in einer Grossküche mit vielen Mitarbeitenden schnell zu einer Herausforderung werden könne. Suter selbst löst dieses Problem mit einer strikten Raumaufteilung. «Glutenfreie Speisen werden bei uns ausschliesslich in einem separaten Raum zubereitet. Gerade beim Herstellen des Teiges darf durch das Stäuben des Mehls keine Kreuzkontamination auftreten, sonst ist er für die Allergiker nicht mehr geniessbar».

 

Daneben sieht der langjährige Koch auch in der Schulung der Mitarbeitenden einen Grund für das kleine Angebot an glutenfreien Speisen in der Gastronomie. «Die Schulung erfordert viel Zeit und Aufwand. Ich denke, das schreckt viele Betriebe davon ab, glutenfreie Speisen anzubieten», so Suter. Zudem sind glutenfreie Produkte in der Regel teurer als herkömmliche Produkte, was zu erhöhten Kosten im Betrieb führt.

Gute Planung und Willen sind das A und O

Diese Mehrkosten entstehen auch im Restaurant von Rolf Suter, was dazu führt, dass die glutenfreien Gerichte für die Gäste teurer sind als die normalen. «Der Zuschlag lässt sich leider nicht vermeiden. Dafür garantieren wir, dass unsere Gerichte sicher glutenfrei sind», sagt Suter. Das Konzept ist erfolgreich. «Wir haben zahlreiche Gäste, die aus anderen Kantonen oder aus dem Ausland zu uns fahren, um ein glutenfreies Gericht zu geniessen. Das Feedback ist trotz der leicht höheren Preise nach wie vor sehr gut».

Eine Umstellung in der Küche empfiehlt Suter allerdings nur denjenigen, die auch wirklich den Willen haben, sich strikt an die Regeln des glutenfreien Kochens zu halten. Neben der Trennung von Lebensmitteln gehört auch das Verwenden von separatem Geschirr und Pfannen dazu. «Wichtig ist zudem, dass eine Umstellung gut durchdacht ist und mit den Mitarbeitenden transparent abgesprochen und eingeübt wird», sagt er. Daneben empfehle es sich, Rezepturen von Fertigprodukten wie Gewürzmischungen oder Glacé regelmässig auf Glutenverträglichkeit zu überprüfen.