Sieben Köche im Engelberger Wald

Nicole Steffen – 12. Juni 2024
Vom 7. bis 9. Juni 2024 fand in Engelberg OW zum dritten Mal das «Food Unplugged» statt. Der Anlass ist ein Gemeinschaftsprojekt von Tourismus, Gastronomie und Hotellerie und lockt rund 400 Gäste ausserhalb der Hochsaison in das Bergdorf.

Man nehme sieben begabte Köche, drei offene Feuerstellen, regionale Zutaten und ein Serviceteam: Fertig ist das Food Unplugged in Engelberg OW. Die Idee: Küchentalente aus acht verschiedenen Betrieben aus der Region kochen gemeinsam am Feuer im Wald.

Am Anfang des Events stand vor drei Jahren die Initiative von Engelberg Tourismus. Sie vereinte alle Gastronomen des Dorfes an einen Tisch und führte mit ihnen ein Brainstorming durch. «Das Ziel war es, Engelberg nebst einer attraktiven Sportdestination auch als attraktiven Genuss-Hotspot zu positionieren», erklärt Andreas Lietha, Noch-Tourismus-Direktor von Engelberg. Relativ schnell sei das Thema Streetfoodfestival aufgekommen. Doch bei einem Punkt waren sich alle einig: Es braucht nicht noch ein Street Food Festival mit Momos und Pulled Pork in Engelberg.

Roger Filliger, Direktor und Inhaber vom Hotel Bellevue, prägte darauf hin das Schlagwort Food Unplugged. Zurück zum Ursprung, zurück zu der ursprünglichen Zubereitung der Speisen, ohne Gas und ohne Strom. Schnell war die Idee von einem Foodfestival im Wald geboren. Authentisch, regional, einfach und ehrlich.

Vielfältiges Lineup

Am diesjährigen Food Unplugged waren sieben Köche mit ihren Teams beteiligt. André Keller (37), Gastgeber im Restaurant Spannort, mit seinem Küchenchef Carlos Szentgroti (46) und Gian Lippuner (17), Kochlehrling im zweiten Jahr, servierten das Amuse Bouche und den ersten Gang: einen grillierten Spitzkohl mit geräuchertem Ricotta, dazu Liebstöckelmayonnaise, Gewürzsauce und Pinien.

Der zweite Gang kreierte die Villa Hundert. Der schwedische Gastgeber Christian Brangenfeldt kam in Begleitung seines finnischen Chef de Partie, Robert Patterson. Die beiden servierten einen weissen Spargel mit grilliertem Rindertalg und Cassisblättern, dazu Schlangenbrot mit geräucherter Butter.

Nico Lundgren vom Bistro Trübsee zelebriert mit seinem Team eine innovative Fusion-Küche mit alpinen und maritimen Einflüssen. Zusammen mit Sebastian Roll vom Restaurant Golfstübli präsentierte er als dritten Gang eine warm geräucherte Ennetmooser Lachsforelle an Sauce Mousseline, dazu Roggen, Erbsen und Bärlauchkapern.

Für den fünften Gang zeigten sich Thomas Matter von der Wirtschaft Grafenort und Benji Schmidt vom Hotel St. Josefshaus verantwortlich. Ein über acht Stunden gegartes Spanferkel an einer Biersauce, dazu fermentierte Hagenbutte, Frühlingskartoffeln und Wurzelgemüse.

Für den süssen Abschluss sorgten Filip Bjelke und Oscar Laesson von der Brasserie Konrad in der Ski Lodge mit einer grillierten Rhabarbercrème mit Sponge Cake in Rhabarberbutter und Tannenzapfenkaramell. Bjelke (26) liebt das Kochen auf offenem Feuer, die Natur und lokale Zutaten. Am Food Unplugged haben wir ihn im Wald beim Sammeln von Walderdbeerenblüten für das Dessert entdeckt.

Foodfestival ohne Strom und Gas

Für die beiden Küchentalente aus der Villa Hundert ist das Kochen auf offenem Feuer keine Herausforderung mehr. Sie bereiten einen Grossteil ihrer Speisen im Restaurant genauso zu.

Christian Brangenfeldt schwärmt über das Feuerabendessen: «Das Element Feuer ist für mich eine Herzensangelegenheit und das Kochen auf offenem Feuer eine wahre Leidenschaft. Dieser Geruch und dieser Geschmack, das ist einmalig». Für Benjamin Schmidt, Küchenchef vom Hotel St. Josefshaus, war genau diese fehlende Erfahrung die Hauptmotivation, am Food Festival teilzunehmen: «Das Kochen auf offener Flamme ist für mich eine Herausforderung, die ich so noch nicht hatte.»

Carlos Szentgroti, Küchenchef im Restaurant Spannort, beschreibt die Herausforderungen beim Kochen auf offenem Feuer wie folgt: «Das Feuer muss immer leben, sprich man muss es bewirtschaften.» Bei einem Punkt sind sich alle Kochtalente einig. Es sei nichts Neues oder Innovatives, auf offenem Feuer zu kochen, sondern vielmehr ein Weg zurück zum Ursprung, dort wo alles angefangen habe, und genau das sei der Reiz dieser Technik.

Ein fünftägiges Programm

Als wir in der Küche vom Restaurant Spannort eintreffen, werden die Speisen für das Waldbeizli am Samstag- und Sonntagnachmittag vorbereitet. Neben den beiden Nachtessen am Freitag- und Samstagabend gibt es am Nachmittag jeweils ein kleines Foodfestival mit verschiedenen Gerichten der einzelnen Köche.

In der Küche vom Restaurant Spannort riecht es nach frischen Gurken, Gewürzen und Teig. André Keller, Gastgeber vom Restaurant Spannort, raffelt Gurken für ein Tsatsiki, das mit Olivenöl, Essig und Knoblauch serviert wird.

Anstelle von griechischem Jogurt wird Topfen (abgehangener Quark) aus der Molkerei Stans verwendet. Mit der selbstgemachten Gewürzmischung wurden die Gitzischultern von der Geisseheimät Meierskählen von Toni Odermatt aus Stans NW über Nacht mariniert und dann über dem Feuer geschmort. Daraus ist ein Engelberger Gyros mit einem selbstgemachten Pitabrot aus Maismehl entstanden.

«Uns war es vor allem wichtig, kleine Portionen und Gerichte anzubieten, damit die Gäste alles probieren können», so Keller. Oftmals seien die Portionen an Streetfoodfestivals viel zu gross, so dass die Besuchenden nur immer ein Gericht ausprobieren können.

Das wollten sie am Food Unplugged besser machen. Auch sei ihnen wichtig, neben den beiden Nachtessen etwas für die lokale Bevölkerung anzubieten. «Viele Einheimische kommen am Samstag- oder Sonntagnachmittag mit dem Fahrrad, zu Fuss oder mit dem Bus zur Feuerstelle bei der Fürenalp Bahn und geniessen zusammen eine Flasche Wein und ein paar kleine Gerichte.»

Das Festival trägt Früchte

Gemäss Keller sei dies womöglich das erste Jahr, in welchem das Event finanziell rentiere. «Gerade in den ersten Jahren hätten wir das Foodfestival ohne eine grosszügige Unterstützung von Engelberg Tourismus niemals durchführen können», sagt er. In diesem Jahr seien insgesamt rund 400 Menüs verkauft worden.

Den teilnehmenden Köchen werden jeweils die Warenkosten vergütet und zusätzlich eine Pauschale pro Abend ausbezahlt. Ob sich dies für den jeweiligen Betrieb lohne, müsste jeder für sich selbst entscheiden. Das Restaurant Spannort blieb beispielsweise über das ganze Wochenende geschlossen. Das sei ein beachtlicher Umsatz, auf den er bewusst verzichte, so Keller.

Für Maria Franz, Chef de Service vom Restaurant Spannort, ist es eine besondere Freude, dass die verschiedenen Teams am Feuer wie auch im Service am Food Unplugged so gut zusammenarbeiten. Das sei Gastronomie auf einem neuen Niveau.

Auch für Gian Lippuner (17), Kochlehrling im zweiten Jahr vom Restaurant Spannort, ist das Foodfestival ein besonderes Erlebnis. «Ich war überrascht, dass alles so gut lief. Ebenso hat es mich schwer beeindruckt, wie schnell 100 Teller angerichtet sind, wenn so viele Köche vor Ort sind.»

Es lag eine besondere Magie in der Luft, wenn diese lange Passage von leeren Tellern, gleich neben der Tischreihe mit Gästen, innert kürzester Zeit von all den vielen Händen mit Zutaten bestückt und liebevoll garniert und dekoriert wurden. Ein unvergessliches Erlebnis für alle teilnehmenden Köche und Gäste.