Tourismus

Wer am besten kooperiert

Peter Grunder – 18. Mai 2017
Die Schweiz hat weltweit ein hervorragendes Image. Aber am Welt Tourismus Forum in Luzern wurde klar, wie wenig Schweizer Touristiker damit zu tun haben.

ast etwas unangenehm, scherzte Simon Anholt nach einer Weile. Dies zumal eine hochkarätige Runde Anfang Mai im KKL Luzern die Ohren spitzte: Richard Kämpf, Tourismus-Chef beim Bund, Jürg Schmid von Schweiz Tourismus oder Marcel Perren von der Luzerner DMO.

Fünf Image-Treiber
Laut Simon Anholt treiben vorab fünf Bereiche das Image eines Landes – und womöglich alle Bilder, die man sich macht:
  • Moral: ut oder nicht?
  • Ästhetik: schön oder nicht?
  • Relevanz: Beziehung oder nicht?
  • Stärke: stark oder nicht?
  • Anspruch: zivilisiert oder nicht?
    www.good.country
Die Aufmerksamkeit für Anholt kam nicht von ungefähr, der Brite ist in seinem Feld einzigartig (vgl. Kasten). Und Anholt erfreute und frustrierte die vereinigten Touristiker zugleich. «Tourismusmarketing funktioniert», stellte Anholt klar, «je mehr man ausgibt, desto mehr kommen.» Aber aufs Image habe das «keinen Einfluss». Mit Blick aufs Image sei die «wirkliche Herausforderung politisch». Dabei gehe es nicht mehr um links oder rechts. «Die Hauptsache ist, ob man zurück und in sich schaut oder vorwärts und hinaus.» Dabei stehe die Schweiz teilweise besser da, als sie es in Realität sei, doch das Richtige zu tun sei «lächerlich einfach: schweizerisch bleiben, schweizerischer werden». Mit Blick auf den Tourismus sieht Anholt mehr Komplexität: Zwar gebe es einen klaren Zusammenhang zwischen gutem Image und guten Zahlen. Aber es sei wohl «noch nie so schwer gewesen, im Tourismus zu arbeiten». Man müsse versuchen, «das Chaos im Chaos zu verstehen und nicht panisch zu werden» – etwa mit Preisdumping. Weil laut Anholt jedoch grundsätzlich «am wettbewerbsfähigsten ist, wer am besten kooperiert», wirkt sein Ratschlag auch hier bestechend klar und plausibel. «Das Beste, was ‹Schweiz Tourismus› tun kann, ist für mehr Kooperation zu sorgen.» Alles, was man hier reinstecke, komme mehrfach zurück, betont Anholt – und stützt sich auch hier nicht auf Ideologien, sondern auf wissenschaftliche Fakten. Die Schweizer Touristiker hörten die Botschaft, wie beispielhaft Marcel Perren zeigte: In Luzern kooperiere man eng und branchenüber­greifend – «und es funktioniert». Die Schlussfolgerung aus Anholts Erläuterungen war denn auch klar: Die Schweiz und ihr Tourismus brauchen integrierte Standort­förderung, wie sie 2004 auf Bundesebene zuletzt erfolglos angepackt worden war. Ob die Botschaft allerdings auf Bundesebene überhaupt ankommen kann, ist mehr als fraglich – zumal selbst Simon Anholt systemische Bedenken hat (vgl. Interview).

Stabile Situation auf den Spitzenplätzen
Simon Anholt ist gedanklich weitergezogen und beschäftigt sich inzwischen mehr mit politischer Philosophie. Aber das Bild, das die Menschen von Staaten haben, wird weiterhin erhoben – und zwar aufgrund von über 350 Milliarden ­Daten. Das jeweilige Image ist dabei laut Anholt erstaunlich stabil: «Sogar drastische politische Wechsel haben kaum einen Einfluss auf die Reputation eines Landes.» Etwas Bewegung gibt es aber: im Positiven etwa in demokratischer werdenden südamerikanischen Staaten wie Chile, im Negativen in Ägypten oder der Türkei. Die Schweiz und andere Spitzenstaaten haben jedoch stabile Plätze. Die Top Ten 2016:

1. USA
2. Deutschland
3. Grossbritannien
4. Kanada
5. Frankreich
6. Italien
7. Japan
8. Schweiz
9. Australien
10. Schweden
nation-brands.gfk.

 Die tolerante Tyrannei der Kooperation