Simon Anholt lehrt politische Wissenschaften an der Universität East Anglia im englischen Norwich. Bekannt ist der Brite, der mit einer Italienerin verheiratet ist, jedoch als Forscher, der dem Image von Staaten nachgeht. Ab 1996 erfragte er weltweit das Image von Ländern, publizierte darüber und war als Berater tätig – etwa für Bhutan und seine ausserordentliche Tourismusstrategie. GastroJournal hatte am Welt Tourismus Forum die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.
GastroJournal: Herr Anholt, was sind die populärsten falschen Mittel, um ein Image zu beeinflussen?
Simon Anholt: Kommunikationsmittel. Es wird viel Geld ausgegeben, ohne dass es etwas nützt. Wobei das nicht fürs Tourismusmarketing gilt, denn hier geht es um Produkte, die man mit mehr Mitteln besser verkaufen kann.
Was verändert die vernetzte Welt?
Sie führt letztlich zu einer Demokratisierung.
«Ein grundsätzliches Problem der Kleinbetriebe ist die Repräsentanz»Und wie können Kleinbetriebe ihr Image und das Image ihres Landes in der weiten Welt mit dem weltweiten Web beeinflussen?
Dank des Internets ist das heute auch für Kleinbetriebe möglich. Aber es gilt immer noch die alte Regel, dass es anspruchsvoll ist, etwas Interessantes zu sagen. Das grundsätzliche Problem der Kleinbetriebe ist allerdings ähnlich wie dasjenige von Ländern: dass sie repräsentiert werden. Ein grosses Problem fürs Schweizer Gewerbe, das wirtschaftlich tragend, aber politisch nicht mehr entsprechend repräsentiert ist. Was ist zu tun?
Darauf gibt es keine einfache Antwort, zumal wir es hier auch mit bürokratischen Fragen zu tun haben. Ein Schlüssel dürfte aber in Kooperation und Koordination liegen, dass man sich einerseits auch im Kleinen zusammentut und dass man andererseits davon lernt, was andernorts funktioniert. Integrierte Standortförderung, wie sie viele DMOs jetzt anstreben, wie sie auf Kantonsebene das Wallis praktiziert und wie die Schweiz sie vor rund 15 Jahren auf Bundesebene weitgehend erfolglos versucht hat?
Eine wirksame Koordination zwischen dem Tourismus und anderen Sektoren drängt sich auf der oberflächlichen Ebene der Kommunikation nicht auf, sondern auf einer viel tiefergehenden, grossen strategischen Ebene. Wenn sich ein Land über seinen langfristigen Daseinszweck auf der Welt im Klaren ist, über seinen «Beitrag an die Menschheit», wird sich eine bessere Harmonisierung zwischen Regierungsstellen, Institutionen, Wirtschaft und Gesellschaft von selbst ergeben. Die Reputation eines Landes kommt von konsistentem und international anerkanntem Verhalten über Jahre – und nicht von staatlicher Propaganda.
«Reputation kommt nicht von staatlicher Propaganda»Also keine integrierte Standort- förderung?
Man sollte die verschiedenen Bereiche, die im Marketing und in der Kommunikation unterschiedlich arbeiten, nicht kaputtmachen. Zwar braucht es eine zentrale Koordination, zumal wir vielerorts noch in völlig veralteten Strukturen operieren. Aber weil Kooperation auf höherer Ebene gewissermassen tolerante Tyrannei bedeutet, ist eine Umsetzung immer anspruchsvoll und überall anders. Kann es die Schweiz?
Wer es wirklich richtig und gut machen will, muss überdies alles hinterfragen. Es zu versuchen, ist sicher ein aufregender Gedanke. Aber ob es die Schweiz oder überhaupt ein Land schafft, scheint mir fraglich.