Tourismus

Vom Aufbau zur Nachhaltigkeit

Peter Grunder – 03. Juni 2017
Der Ballenberg steckt in einem Generationen- und Systemwechsel: vom praktisch abgeschlossenen Aufbau des Museums zu einem nachhaltigen Betrieb.

Die Alarmglocke läutete vor gut drei Jahren bei Werner Luginbühl, Ständerat für den Kanton Bern und damaliger Stiftungsrat auf dem ­Ballenberg: Die Herausforderungen im Museum könnten «ohne eine substanzielle Beteiligung der öffentlichen Hand nicht bewältigt werden», warnte er in einem Vorstoss. Luginbühl legte dar, dass der Betrieb zwar ausgezeichnet laufe und das Museum bis 90 Prozent seiner Betriebskosten selber erarbeite – für Museen ein ausserordentlich hoher Wert. Für Unterhalt und Investitionen reichten die Mittel allerdings nicht, warnte der Standesherr: Über die nächsten zehn Jahre brauche das Museum einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Während Bundesrat und Parlament zwar Verständnis äusserten, Luginbühls Vorstoss jedoch weitgehend ablehnten, nahmen die Ballenberger die Herausforderung an: Einerseits wurde der grosse Stiftungsrat massiv reduziert. Andererseits zog eine neue strategische und operative Leitung ihre Schlüsse aus ­Luginbühls Auslegeordnung und den Reaktionen in der ganzen Schweiz (siehe GJ 29/16). Man sei «personell teilweise am Anschlag», sagt der neue Stiftungspräsident Peter Flück, ein aus Brienz stammender Politiker mit einem starken nationalen Netzwerk. Von den Mitarbeitenden über den Unterhalt bis zu den Angeboten müsse man sich aber ohnehin nach der Decke strecken, erläutert Flück. Das sei für Museen Alltag, doch im 1978 gegründeten Ballenberg präsentiere sich die Lage speziell: Das Freilichtmuseum sei inzwischen praktisch fertig gebaut, was grundsätzlich den Betrieb samt dem Gewinnen von Gästen verändere. So zählte das Museum bislang über 80 Prozent Schweizer Besuchende – einen Katzensprung von Interlaken und Luzern entfernt, wird das Museum die internationale Kundschaft künftig auch und stärker ins Visier nehmen. «Der Ballenberg stand immer auf drei Säulen, und diese Säulen bleiben tragend», nimmt der neue Betriebsdirektor Peter Kohler, Betriebswirtschafter aus dem nahen Meiringen, den Faden auf:

  • Erstens und vor allem will der Ballenberg, dessen Museum ­jeweils im Sommerhalbjahr in Betrieb ist, mittel- bis langfristig jährlich wieder rund 250 000 Eintritte erreichen und damit mindestens 80 Prozent seiner Betriebskosten decken.
  • Zweitens wollen die Verantwortlichen die starke Marke Ballenberg im Rahmen von Partnerschaften verstärkt pflegen und dabei strategische wie auch objekt- und prozessbezogene Ansätze verfolgen, ohne die Marke zu entwerten – aktuelle Beispiele sind etwa das Schwingfest oder das Freilichttheater (vgl. auch Kasten).
  • Drittens und nicht zuletzt bleibt der Ballenberg auf die öffentliche Hand angewiesen: Im Rahmen von Leistungsvereinbarungen und ähnlichen, klar definierten Leitplanken sollen sich zuvorderst der Standortkanton Bern und der Bund zum Ballenberg bekennen. Gefragt sind im Rahmen von Kulturförderinstrumenten wie den Lotteriefonds jedoch auch die anderen Kantone und regionalen Trägerschaften, die auf dem Ballenberg allesamt im schönsten Licht erscheinen.
Der Stiftungspräsident und der Betriebsdirektor betonen, dass sie in den letzten drei Jahren ihre Hausaufgaben gemacht haben und nicht einfach die hohle Hand machen wollen: «Wir haben praktisch für ­jedes Objekt und für jeden Kanton genaue Daten darüber, wo wir ­stehen und wohin wir wollen», sagt Kohler. Strategisch wiederum ­findet Flück, der Ballenberg könne einerseits auf einen «sehr engagierten Stiftungsrat» zählen. ­Andererseits seien die Mitglieder des Patronatskomitees aktiv und auf nationaler Ebene der Aufbau einer parlamentarischen Gruppe weit gediehen: «Die nationale Abstützung ist breit und stark.»

Gasthaus Degen

Zwei historische Restaurants interessieren auf dem Ballenberg nicht nur als Museumsstücke, sondern auch als stimmige Orte, in denen fürs leibliche Wohl gesorgt wird: Das Wirtshaus Alter Bären, das im emmentalischen Rapperswil gestanden hatte und nun beim ehemaligen Westeingang des Museums steht, sowie das Gasthaus Degen aus dem zugerischen Hünenberg, das zusammen mit den historischen Bauten von Trinkhalle, Kiosk und Kegelbahn im Zentrum des Freilichtmuseums steht. Der Degen ist dabei ein Beispiel für die Arbeitsweise beim Aufbau des Ballenbergs: Neben dem Kanton Zug und anderen Supportern hatte sich auch GastroSuisse an den Kosten für die Positionierung des Gasthauses auf dem Ballenberg beteiligt. Der Degen kann aber auch in die Zukunft weisen: Der Megatrend von Regionalität bietet auch und gerade im Gastgewerblichen Möglichkeiten für Partnerschaften, und zwar ohne dass ein oranges oder goldenes «M» das Gasthaus prägen wird.

www.ballenberg.ch