Eine Menükarte gegen den Personalmangel

Oliver Borner – 15. November 2023
Die Tourismusallianz Graubünden engagiert sich gemeinsam mit den Gewerkschaften und dem Kanton gegen den Personalmangel in der Branche. Erstmals zeigt nun eine Studie die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und Arbeitgebenden auf. Erstaunlich: der Lohn spielt eine untergeordnete Rolle.

Die Studie zeigt, dass die Arbeitnehmenden mit den Arbeitsbedingungen im Bündner Tourismus grundsätzlich zufrieden seien, wie es heute in einer Mitteilung heisst.Im Rahmen der Studie wurden ca. 2 000 Mitarbeitende im Bündner Tourismus nach der Wichtigkeit von 19 Faktoren und ihrer Zufriedenheit mit diesen befragt. Aus der Differenz zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit wurden Handlungsempfehlungen für folgende drei Bereiche abgeleitet:

  1. mehr individuelle Arbeitsmodelle
  2. die Förderung der innerbetrieblichen Zufriedenheit
  3. verbesserte Rahmenbedingungen wie bezahlbarer Wohnraum und die Imagepflege für die Tourismusberufe.

Bei den individuellen Arbeitsmodellen möchte die Tourismusallianz die Unternehmen motivieren, ihren Arbeitnehmenden ein vielfältiges Menü mit verschiedenen Modellen anzubieten. Wie bei einer Menükarte im Restaurant sind diese Menüs unterschiedlich – je nach Art des Betriebes und der Bedürfnisse der Mitarbeitenden.

26 Massnahmen sind vorgesehen

Solche individuellen Arbeitsmodelle zeigen auch die Grenzen der Regulatorien. Sie seien dem gesellschaftlichen Wandel anzupassen, erklärt Marc Tischhauser, Geschäftsführer von GastroGraubünden. Insgesamt wurden von den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden 26 Massnahmen identifiziert. Acht davon befinden sich bereits in Planung bzw. Umsetzung.

Gemäss Tischhauser übernehme die Tourismusallianz die Koordination dieser Massnahmen, freut sich aber auch, dass die Gewerkschaften ebenfalls Verantwortung für die Weiterentwicklung der Projekte tragen. Zudem seien auch die Unternehmer sowie die öffentliche Hand gefordert. Der Vertreter der Tourismusallianz wies ebenfalls auf die Bedeutung des Gesamtpaketes hin, um die Attraktivität des Arbeitsmarktes im Tourismus weiter zu erhöhen. Es gehe um eine Kombination zwischen individuellen Arbeitsmodellen mit angemessenen Arbeitsbedingungen, wertschätzenden Team- und Führungsstrukturen,  bezahlbarem Wohnraum sowie Imagepflege für die Tourismusberufe. Damit werde auch der Spielraum für individuelle Lösungsmöglichkeiten für die Unternehmen erhöht.

«Bei der Wichtigkeit der Faktoren überrascht, dass der Lohn und die Arbeitszeiten erst an neunter und zehnter Stelle genannt werden», lautet das Fazit der Studienautoren. Wichtiger seien das Teamklima, das Verhalten von Vorgesetzten und die Wertschätzung, genug grosse Arbeitsteams sowie qualifizierte Kolleginnen und Kollegen. Zudem ist bezahlbarer Wohnraum für die Tourismusangestellten wichtig.

Erste Massnahmen sind umgesetzt

Zu den bereits umgesetzten Mannsnahmen gehören die Projekte «All in One,» «NextGen Tourism Board» sowie das Weiterbildungsangebot zu Führung, Team- und Organisationsentwicklung. Das Projekt «All in One» verfolgt das Ziel, die Attraktivität der touristischen Arbeitsstellen in Graubünden zu erhöhen, um im Wettbewerb gegenüber anderen Alpendestinationen und Tourismusmusregionen einen Vorteil zu erringen. Potenzielle Mitarbeitende sollen in Graubünden nicht nur Jobs, sondern ein Bündel an Leistungen rund um Arbeiten, Freizeit und Wohnen erhalten.

Die Studie des Instituts für Tourismus und Freizeit der Fachhochschule Graubünden wurde im Auftrag des Amtes für Wirtschaft und Tourismus Graubünden in Zusammenarbeit mit
Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden durchgeführt. Die Arbeitgebenden wurden durch die Tourismusallianz Graubünden vertreten, das Kooperations-Netzwerk von GastroGraubünden, HotellerieSuisse Graubünden und Bergbahnen Graubünden. Die Arbeitnehmenden waren mit dem Gewerkschaftsbund Graubünden, der Dachorganisation der Bündner Gewerkschaften, beteiligt.