Bundesrat Guy Parmelin, Richard Kämpf (Leiter Ressort Tourismuspolitik Seco), Schweiz-Tourismus-Direktor Martin Nydegger, ST-Präsidentin Brigitta Gadient und viele mehr: Sie alle verfolgen zur Eröffnung der STV-Generalversammlung in einem Saal in der Rolex-Manufaktur die Worte von Nicolò Paganini, Mitte-Nationalrat und STV-Präsident: «Die Zeiten sind sehr volatil. Auf jede Herausforderung folgt eine nächste, auf Covid-19 der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine mit der Folge von steigenden Energiepreisen, einer Energiemangellage, der Inflation sowie dem Fachkräftemangel.» Dieses «Krisenstakkato» führe zu Unsicherheiten. «Wir wissen nicht, welche nächste Krise an die Tür des Schweizer Tourismus klopfen wird. Wir wissen aber, dass eine neue Normalität nicht so schnell kommen wird. Unsere Welt ist komplexer geworden.»
Immerhin habe, so der Ostschweizer, der Schweizer Tourismus ein Problem weniger als andere Ferienziele: Es sei falsch, in unserem Land von einem grundsätzlichen Problem mit «Overtourism» zu reden. Verhältnisse wie in Venedig oder Amsterdam kenne das Tourismusland Schweiz nicht. Er sieht ein anderes Problem: Immer wieder werde empfohlen, zur Bewältigung des Fachkräftemangels höhere Löhne zu zahlen. «Doch wenn dann deswegen die Stange Bier aufschlägt, empfehlen die Medien Auslandferien. Wir als Dachverband müssen uns so aufstellen, dass wir in dieser Welt bestehen können. Ein geeintes Auftreten, ein faires Miteinander, Leidenschaft für unsere Gäste sowie viel Arbeit und Einsatz führen uns zum Erfolg.»
Dazu braucht es auch Geld. Der Ständerat hat sich für erhöhte Tourismusgelder in der Zeit von 2024 bis 2027 ausgesprochen. Der STV setze nun alles daran, dass auch der Nationalrat dem Beschluss der kleinen Kammer folgt und befinde sich in der «heissen Phase der Standortförderung». Ehrengast Bundesrat Guy Parmelin betont in seiner Rede, dass der Bund in der Förderperiode 2020 bis 2023 rund 230 Millionen Franken für den Schweizer Tourismus investiere. Für laufende und zukünftige Projekte stünden für Innotour weitere 30 Millionen Franken zur Verfügung. Parmelin und das Waadtland hätten eine natürlich gewachsene Beziehung zum Tourismus, denn «bereits 1816 haben britische Influencer die Waadt und ihre Berge bekannt gemacht».
Wohin die Reise beim Verband geht, erläutert STV-Geschäftsführer Philipp Niederberger. So haben sich 2022 über 1500 Betriebe für die Schweiz-Tourismus-Marke Swisstainable angemeldet. «Es werden täglich mehr. Unser Ziel ist es, bis Ende Jahr 2500 Betriebe für Swisstainable zu gewinnen. Dahinter steckt viel Arbeit.» Parallel dazu baut der Tourismusverband seit Januar 2022 ein Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit auf. Und: Basel, Lenzerheide, Luzern und Scuol Val Müstair heissen die ersten Pilotdestinationen im Bereich Nachhaltigkeit.
Der 15-köpfige Vorstand des Tourismus-Verbands erhält ein paar Änderungen: Für SP-Ständerat Hans Stöckli (71), seit 2013 STV-Mitglied und im Vorstand, ist es die letzte Generalversammlung. Der Architekt der Tourismusregion Jura-Dreiseenland mit jährlich 355 000 Logiernächten tritt nicht mehr zu den Parlamentswahlen an. Ihm wird für seinen «riesigen Einsatz für den Vorstand» gedankt. Wer den von links bis rechts beliebten Politiker ersetzt, werden die Wahlen vom Herbst zeigen. Die Vorstandsmitglieder Leonie Liesch (Verband Schweizer Tourismusmanager) und Roger Graf (Zooschweiz) haben sich beruflich neu orientiert. Bruno Huggler, Tourismusdirektor von Crans-Montana VS, und Caspar Bijeleveld von Zooschweiz ersetzen die Abgänge und werden in corpere und ohne Gegenstimme gewählt.
Die 92. Generalversammlung des Schweizer Tourismus-Verbands findet am 16. August 2024 statt. Favorisiert werden als Austragungsorte das Wallis oder das Tessin, wobei es nicht überraschen würde, wenn die Südschweiz das Rennen macht. Grund: Philipp Niederberger ist Walliser und will sich wohl nichts vorwerfen lassen...