Tourismus

Lausanne 2020, Luzern 2021, Sion 2026

Peter Grunder – 06. Juni 2018
Am Wochenende des 10. Juni 2018 entscheidet das Walliser ­Stimmvolk darüber, ob Sitten als "Host City" Olympische Winterspiele veranstalten kann. Der Ausgang für "Sion 2026" ist unsicher, ganz im Gegensatz zu "Luzern 2021": Dann werden in der Zentralschweiz die Winterspiele der Studentenschaft stattfinden – die sogenannte Universiade.

In der Schweiz war man erst einmal: 1962 richtete Villars die Winter-Universiade aus, gewissermassen die Olympischen Spiele der Studentenschaft. Ansonsten waren die studentischen Winterspiele in Sofia und Sapporo, in Lake Placid und Livigno – und gleich zweimal in Innsbruck. Der Schweizer Hochschulsport-Verband SHSV habe es verschiedentlich versucht, sagt SHVS-Direktor Leonz Eder, sei aber immer «in einem relativ frühen Stadium steckengeblieben». Die Gründe dafür seien vielfältig, meint Eder, besonders ins Gewicht falle jedoch, «dass die politische und die sportliche Bedeutung von Universiaden in der Schweiz traditionell nicht so hoch eingeschätzt wurde wie etwa in Asien».

GJ23 Eder Leonz Eder: "Die politische und die sportliche Bedeutung von Universiaden wurden in der Schweiz traditionell nicht so hoch eingeschätzt wurde wie etwa in Asien."
Luzern und die sechs Zentralschweizer Kantone Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Uri und Zug hätten sich indes recht rasch für eine Universiade-Kandidatur erwärmen können, nimmt Urs Hunkeler den Faden auf, Geschäftsführer der 30. Winter-Universiade «Lucerne 2021»: «Der Anlass findet Beachtung auf den touristischen Zielmärkten, und er geniesst grosse Unterstützung durch den relativ jungen Bildungsstandort Luzern, der sich vernetzen, bekanntmachen und profilieren will.» Zwar hat der Funke, der die Universiade zu einem nationalen Ereignis machen könnte, noch nicht gezündet, und sowohl Hunkeler wie Eder wünschten sich besonders von nationalen touristischen Akteuren Unterstützung. Dies zumal Universiaden ziemlich punktgenau eine touristische Zielgruppe repräsentieren, welche die Schweiz sucht – und sie sich auch leisten kann. «Die Spitzensportler von heute sind die Führungskräfte in der Wirtschaft und Gesellschaft von morgen», bringt es diesbezüglich Bruno Dörig auf den Punkt, VR-Präsident des Sponsors Adecco-Gruppe. Zwischen dem 21. und 31. Januar 2021 werden sich jedenfalls rund 1600 Studierende aus 50 Ländern und 540 Hochschulen in 9 Sportarten messen, begleitet von etwa ebensovielen Funktionären und betreut von rund 3000 Freiwilligen (vgl. unten). Dies sei sozusagen «Teil einer Trilogie mit den Olympischen Jugend-Winterspielen 2020 in Lausanne und den Olympischen Winterspielen 2026 in Sitten», sagt Hunkeler. Just die Jugend-Olympiade habe dabei eine wichtige Rolle gespielt, erläutert Hunkeler, der unter anderem jahrelang auf dem Rotsee grosse Ruderveranstaltungen organisiert hat.
GJ23 Hunkeler Urs Hunkeler: "Luzern 2021 ist Teil einer Trilogie mit den Olympischen Jugend-Winterspielen 2020 in Lausanne und den Olympischen Winterspielen 2026 in Sitten»
Die Zentralschweiz habe sich nämlich für um die Austragung dieser Spiele beworben. Und als Luzern gegen Lausanne den Kürzeren zog, sei man zwar enttäuscht gewesen, aber auch vorbereitet und offen für eine Alternative, die sich in der Folge mit der Universiade ergab. Mit 39 Millionen Franken, die weitgehend der Bund und die veranstaltenden Kantone tragen, ist das Budget der Universiade recht bescheiden. Das hat auch damit zu tun hat, dass die Teilnehmenden an Universiaden ausser der Ehre nichts verdienen können – vielmehr kostet die Teilnahme 75 Euro pro Tag und Person. Für die Teilnehmenden und ihren Betreuerstab stehen denn auch keine eigens gebauten Unterkünfte in Olympischen Dörfern bereit. Vielmehr werden die bestehenden Beherbergungskapazitäten ausgelastet – übrigens genauso, wie das bis in die späten 1950er Jahre auch bei den Olympischen Spielen der Fall gewesen war. Dass die Kandidatur für die Universiade in der Schweiz gelang, hat indes nicht nur mit der guten Ausgangslage, dem idealen Termin im Januar und der Unterstützung durch die Politik, die Bildungsinstitute und die regionale Wirtschaft samt dem Tourismus zu tun: Während das Internationale Olympische Komitee IOC verschiedene Kandidaturen gegeneinander antreten lässt, was unweigerlich Kosten und Risiken mit sich bringt, trifft der Internationale Hochschulsportverband FISU jeweils eine Vorauswahl. Leonz Eder wie auch Urs Hunkeler sehen insofern die besonderen Umstände, denen das IOC jenseits der finanziellen und organisatorischen Dimensionen ausgesetzt ist: Das IOC mag gewillt und die Schweiz in der Lage sein, Olympische Spiele wieder zu einem nachhaltigen Sportfest zu machen, wie es Universiaden sind und Olympische Spiele einmal waren. Aber so lange totalitäre Staaten mit infrastrukturellem Nachholbedarf den politischen und finanziellen Zweihänder auspacken, um sich Austragungen zu sichern, drohen die besten Absichten zu Lippenbekenntnissen zu werden. Aus Schweizer Sicht ist das auch eine Chance: Wenn man die klaren Bekenntnisse des IOC umsetzen und Olympische Winterspiele endlich wieder in einem vernünftigen Rahmen veranstalten könnte, sollte man sich das nicht schon auf Walliser Kantonsebene verbauen – siehe ganz unten. Lucerne 2021 Gast- und Namensgeber der Univer­siade im Januar 2021 ist Luzern, wo die Wettbewerbe im Eiskunstlauf und im Eisschnelllauf stattfinden werden. In Andermatt-­Realp sind die Rennen im Langlauf vorgesehen, in Hoch-Ybrig diejenigen der Alpinen. Für Curling, Freestyle Ski und Snowboard steht Engelberg mit seinen Pisten und Bahnen bereit, während Eishockey in Zug und in Sursee aus­getragen wird. Ähnlich wie bei den Olympischen Spielen, das für die Bob-Wettbewerbe St. Moritz vorsieht, plant auch die Universiade einen ­Abstecher ins Bündnerland: Auf der Lenzerheide steht Biathlon auf dem Programm. www.winteruniversiade2021.ch "Sion 2026": Dilettanten am Start gefährden die Spiele «Träumen wir den Olympischen Traum!», heisst es auf der Webseite von «Swiss Olympic», dem Schweizer Zweig des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), das die Spiele verantwortet. Rund 70 Jahre nach den Spielen in St. Moritz dürfe die Schweiz wieder von Spielen träumen», erläutert Swiss Olympic – und verweist auf die Website der Organisatoren in Sitten. Dieser Verweis führt freilich ins Leere: «Error, not found», melden die Weiten des Internets zum Link von «Swiss Olympic» und «Sion 2026». Ein Detail, aber ein typisches für den bisherigen Verlauf einer Kampagne, die 2026 in Olympischen Winterspielen gipfeln soll mit der «Host-City» Sitten und Veranstaltungen in den Kantonen Wallis, Waadt, Freiburg, Bern, Obwalden und Graubünden: So gut die Vorarbeiten auf fachlicher Ebene und namentlich mit Blick auf Nachhaltigkeit sind, so schlecht präsentieren sich manche Protagonisten beim öffentlichen Auftritt. Ob so illegal wie sinnfällig Öl auf dem Matterhorn abgefackelt wird, ob Meinungsführer Schläge austeilen, wegen mutmasslicher Interna die Justiz bemühen oder Kampfflugzeuge statt Wettkämpfe fordern: Was Kommunikation angeht, ist eine dilettante Chaotentruppe an den Reglern – man lese zur Verdeutlichung die Geschichte der Schweizer Olympia­kandidaturen (GJ03/2008). Nicht verwundern kann es insofern zum einen, dass bereits die erste Volksabstimmung ein ganz heisser Lauf ist. Zum anderen aber hat das Wallis den Olympischen Geist eigentlich ins Herz gemeisselt: Wenn dort keine Mehrheit zu holen und keine Begeisterung zu wecken ist, kann man den 48. Versuch, die Spiele in die Schweiz zu holen, getrost abbrechen. Und hier übrigens noch der korrekte Link zu Sion 2026.