Gastronomie

Vorsicht vor politischen Unterzügen

Peter Grunder – 06. Juni 2018
Der Bundesrat hat zwar Verständnis für die Anliegen der Fair-Preis-Initiative, die massgeblich vom Gastgewerbe vorangetrieben worden ist. Aber der Bundesrat lehnt die Initiative ab und macht einen Gegenvorschlag, der nicht überall gut ankommt: Namentlich der Präsident der einschlägig erfahrenen Wettbewerbskommission (Weko) hat grösste Vorbehalte gegen den Vorschlag der Landesregierung. Verständnis hingegen hat der Weko-Präsident für die Anliegen der Fair-Preis-Initiative.

 «Das Anliegen der Fair-Preis-­Initiative, dass nicht einfach die Kaufkraft der Schweizer Konsumenten durch ausländische Anbieter ­abgeschöpft werden soll, ist aus meiner Sicht verständlich.» So klar äusserte sich letzte Woche in ­einem Interview mit der «Neuen ­Zürcher Zeitung» Andreas Heinemann, schweizerisch-deutscher Doppelbürger, ordentlicher Professor an der juristischen Fakultät der ­Universität Zürich und Präsident der eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko).

GJ23 Heinemann UZH Andreas Heinemann: «Warum soll man nur deshalb mehr bezahlen, weil man in der Schweiz wohnt?»
«Warum soll man nur deshalb mehr bezahlen, weil man in der Schweiz wohnt?», fragte Heinemann rhetorisch weiter: «Das hat mir nie eingeleuchtet.» Damit geht der Präsident der Weko weit über das hinaus, was der Bundesrat im Mai an Verständnis für die Initiative aufgebracht hat: Man erachte «das Kernanliegen der ­Ini­tianten als berechtigt», teilte die Landesregierung mit. Deshalb werde der Bundesrat «dem Parlament einen indirekten Gegenvorschlag unterbreiten, welcher auf dem Konzept der ‹relativen Marktmacht› basiert». Das Departement von Johann Schneider-Ammann werde bis Juli 2018 «vertieft prüfen, inwiefern eine Begrenzung dessen Anwendungsbereichs auf Importsachverhalte mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar ist, sodass zielgerichtet die Abschottung des Schweizer Marktes bekämpft werden kann».Damit sähe der Bundesrat die Kernforderung der Initiative erfüllt: «nämlich die Stärkung der Beschaffungsfreiheit von Schweizer Unternehmen im Ausland zur Erleichterung von Parallelimporten.» Der Weko-Präsident Heinemann ist von diesem Ansatz nicht überzeugt: Man gerate damit «in Konflikt mit einem Grundanliegen des Kartellrechts», wonach für alle die gleichen Regeln gelten müssen, warnt er: «Wenn ausländische Unternehmen stärker eingebunden werden als inländische, dann ist das diskriminierend und kann als Heimatschutz bezeichnet werden.» Nachdem Lebensmittel in der Schweiz inzwischen rund 80 Prozent mehr kosten als in der EU, und nachdem der Bundesrat die Fair-Preis-­Initiative zugunsten eines heiklen Gegenvorschlages ablehnt, gilt es desto mehr auf der Hut zu bleiben: Wie die aktuelle Kampagne gegen das Geldspielgesetz zeigt, lassen sich ausländische Unternehmen gute Geschäfte auf dem Schweizer Markt ungern vermiesen. Da wird lobbyiert, was das Zeug hält, und bei der Hochpreis­insel geht es noch um weit höhere Beträge als beim Online-Geldspiel. Dass es die Fair-Preis-Initiative überhaupt brauchte, hatte nicht zuletzt mit solchem Lobbyismus zu tun: Bundesbern schob Vorstösse vor sich her und spielte auf Zeit – mit Unterzügen ist also unbedingt zu rechnen. www.fair-preis-initiative.ch