«Die heutige Generation kennt gar nichts anderes», sagt Beatrice Imboden, Präsidentin der Stadtberner Hotellerie. «Es ist selbstverständlich geworden, dass man zusammenarbeitet», bestätigt Tobias Burkhalter, Präsident von GastroStadt Bern und Umgebung. Die beiden Branchenprofis sprechen nicht nur von der Kooperation der beiden Verbände, die in Bern seit Jahren eine gemeinsame Geschäftsstelle mit Melitta Kronig-Hischier teilen. Und sie sprechen auch nicht nur davon, dass in Bern alle gastgewerblich, touristisch und politisch relevanten Kräfte unter der Affiche «Bern Welcome» ein gemeinsames Haus bauen – leiten wird es Martin Bachofner (vgl. GJ18). 2010 sei eine Gruppe von etwa 30 Leuten zusammengekommen, erzählt Beatrice Imboden: die wesentlichen städtischen Entscheidungsträger von der Politik bis zum Eishockeyclub. «Wollen wir das nicht grundsätzlich hinbringen?», habe man sich gefragt im Nachgang zur «Euro 08», die auch in Bern viel Eindruck hinterlassen hatte. «Wir wollen letztlich die Wertschöpfung und die Qualität steigern», erläutert Tobias Burkhalter, die Ziele seien aber erst nicht besonders hoch gesteckt worden. «Man darf nicht eine Kooperationsglocke über alles stülpen wollen», sagt Burkhalter, «das muss aus den Organisationen herauskommen, dann kann es eine Dynamik entwickeln, die nicht nur der Sache dient, sondern auch den Organisationen und ihren Mitgliedern.» Nicht gleich den grossen Wurf anzustreben, sei durchaus hilfreich, nimmt Imboden den Faden auf und benennt weitere Erfolgsschlüssel: «Man sollte sich nicht vornehmen, zuerst die Konflikte zu lösen, sondern gemeinsame Nenner zu finden und sie zu stärken – und dort, wo Konflikte sind, Kompromisse oder neue Ansätze anzustreben.» Persönlichkeiten und Situationen spielten natürlich immer eine Rolle, sind sich die beiden einig. So habe in Bern nicht nur die «Euro 08» oder die bestandene Kooperation zwischen Hotellerie und Gastronomie gute Grundlagen gelegt. Schub gegeben hätten auch Leute wie der Stadtpräsident oder Marcel Brülhart, der massgeblich die «Euro» mitorganisiert hatte und die aktuelle Berner Kooperation engagiert begleitet. Von glücklichen Konstellationen abgesehen, gibt es aber auch konkrete Rezepturen. «Einen Schritt zurücktreten und das Gesamtbild ins Auge fassen», rät Burkhalter, «es bewähre sich, danach zu fragen, was allen dient und nicht nur einem selbst oder der eigenen Organisation.» «Die Spitzen müssen es wollen», ergänzt Imboden. Und weil die nachfolgenden Generationen kaum mehr für ein Engagement in Verbänden und Organisationen zu gewinnen seien, müsse man desto mehr in Prozessen und Projekten denken und auch anerkennen, wenn etwas zu einem Ende komme oder nicht gehe. «Anders geht es fast nicht mehr.» Wenn die Projekte und Prozesse aber in Gang kommen, ist das Entwicklungspotenzial offenbar erstaunlich: Zwar sei es theoretisch allen klar, dass der Verzicht auf Doppelspurigkeiten und das Zusammenlegen von Kräften allen diene, verdeutlicht Burkhalter. «Aber ich bin überrascht, was alles möglich ist und wie schnell die notwendigen Mittel zusammenkommen.» Schmunzelnd ergänzt Imboden, die positive Dynamik sei inzwischen so weit gediehen, dass unsachliche Positionen wie etwa persönliche Animositäten, Profilierungs- oder Machtfragen peinlich berührten und darum tunlichst vermieden würden. Einen systemischen Hintergrund hat freilich auch das – und ist also überall möglich. «Transparenz spielt eine grosse Rolle», weiss Burkhalter. «Man muss selbstkritisch sein und lösungsorientiert», sagt Imboden. Also los!
Tourismus
Kooperation kann funktionieren
Peter Grunder – 16. Juni 2017
Kooperation ist mittlerweile zu einem Schlagwort geworden: Alle reden darüber und befürworten sie, aber fast niemand praktiziert sie. Dabei funktioniert sie sensationell.