«In diesem Sommer und Herbst werden die eidgenössischen Räte die Standortförderung diskutieren, die entsprechende Botschaft hat der Bundesrat kürzlich vorgelegt. Die Standortförderung gehört jeweils zu den letzten grossen Geschäften einer Legislatur. Deshalb spielen die Wahlen immer eine Rolle, und deshalb ist es der Tourismusbranche wichtig, sich früh einzubringen und eine sachliche Diskussion zu führen. Das diesjährige Rendez-vous Touristique, zu dem der Schweizer Tourismus-Verband während der Frühlingssession einmal mehr ins Bellevue nach Bern einladen darf, steht aus diesem Grund weitgehend im Zeichen der Standortförderung. Als Dachorganisation der Branche hofft der STV, dass die Politik die Argumente dieses Wirtschaftszweiges hört, der vor allem in Berggebieten über 200 000 Menschen beschäftigt und jährlich rund 17 Milliarden Franken an Bruttowertschöpfung bilanziert. Der Exportcharakter der Tourismusbranche ist freilich nicht überall klar, wie sich etwa bei den Mehrwerwertsteuerdiskussionen immer wieder zeigt. Immerhin ist es uns in der laufenden Legislatur endlich gelungen, der Schweizer Hotellerie das regelmässige Spiessrutenlaufen in Sachen Mehrwertsteuer zu ersparen und den Sondersatz beim Bund fest zu verankern. Dieser Sondersatz steht in direktem Zusammenhang mit dem Exportcharakter der Tourismusbranche. Denn jeder Schweizer Beherbergungsbetrieb wird dann zum Exporteur, wenn er einen ausländischen Gast empfängt – und entsprechend ist auch jeder andere Verkauf an einen ausländischen Gast in der Schweiz, vom Bergbahnbillet bis zum Souvenir, Export. Die Gesamteinnahmen summieren sich jährlich auf rund 47 Milliarden Franken. Dazu tragen ausländische Gäste mehr als 1/3 bei und machen den Tourismus damit nach wie vor zu einer der wichtigsten Exportbranchen der Schweiz. Weil sich diese Branche aber weitgehend aus Kleinbetrieben zusammensetzt, die überall in der Schweiz an der Arbeit sind und nicht zuletzt die entlegeneren, landschaftlich reizvollen Gegenden beleben, braucht der Tourismus die Mittel der Standortförderung: Innotour, Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit, Schweiz Tourismus und Fonds für Regionalentwicklung (NRP). Zwei systemische Argumente dazu möchte ich besonders ausführen: Die Schweizer Unternehmen der chemischen Industrie oder des Maschinenbaus können meist ohne weiteres international auftreten. Unsere touristischen Anbieter hingegen können das nicht. Ihre Qualität und Konkurrenzfähigkeit im globalen Wettbewerb liegt nämlich just in ihrer überschaubaren Grösse, in diesem persönlichen Kontakt der Gastgeber oder der Bergbahnangestellten zu den Gästen. Dass sie so klein sind, macht sie nun zwar im internationalen Wettbewerb des Massentourismus stark. Aber weil sie so klein sind, können sie diese internationalen Märkte unmöglich allein bearbeiten. Schweiz Tourismus jedoch kann all die wunderschönen kleinen Gasthöfe und Hotels, all die tollen Schneesport- und Alpinschulen, all die atemberaubenden Berghäuser und Bergstationen auf der ganzen Welt präsentieren und vermarkten. Schweiz Tourismus tut das auch mit grossem und unbestrittenem Erfolg, und zwar ohne Tourismusministerium und im internationalen Vergleich mit sehr bescheidenen Mitteln – das Geld, das die Branche für ST fordert, ist gut angelegt und kommt als Umsatz erwiesenermassen mehrfach zurück.
«Bei Innovationen sind die Klein- und Kleinstbetriebe im Tourismus hervorragende Ideengeber.»Zu dieser Standortförderung im eher klassischen Sinn kommt aber noch eine wichtige wirtschafts-, regional- und staatspolitische Dimension der Standortförderung: Ohne touristische Angebote würden sich nämlich die strukturschwachen Regionen bald entvölkern, besichtigen kann man das in beängstigendem Ausmass in manchen italienischen oder französischen Bergtälern unweit der Schweizer Grenze. Wenn in unseren Berggebieten, wo die drei weiteren tragenden Säulen Landwirtschaft, Energie und Militär in den letzten Jahrzehnten schwer gelitten haben, diese Entvölkerung verhindert werden soll, wenn die Schweizer Bergtäler weiterhin als Lebens- und Erholungsräume funktionieren sollen, dann sind die Mittel der Standortförderung letztlich ein Schnäppchen. Wie besonders die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit zeigt, können dabei bescheidene Hilfestellungen grosse Wirkungen entfalten, und die Flexibilisierung der SGH im Zuge der rasenden Entwicklungen etwa im Digitalen unterstreicht eindrücklich, dass es keineswegs um Strukturerhaltung geht, sondern um gute Rahmenbedingungen für die Unternehmen und für die Menschen: Wir können und wir dürfen es uns erlauben, die Berggebiete sich selbst zu überlassen, denn letztlich würde uns das viel teurer zu stehen kommen und die Schweiz als Nation und Heimat bedrohen. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass die Politik es nicht so weit wird kommen lassen. Die Schweiz ist stolz auf Stadt und Land, die Schweiz weiss um den Wert ihrer Berge und Seen, die Schweiz hat immer für einen vernünftigen Ausgleich der Ansprüche und Bedürfnisse gesorgt. Und dabei hat die Schweiz, nicht zu vergessen, die Schwächeren immer besonders im Auge behalten – und das hat uns nicht geschadet, ganz im Gegenteil. In diesem Sinn möchte ich als letztes Argument für eine vernünftige Standortförderung noch ein wirtschaftspolitisches Argument anführen: Wir sind aufgrund unserer wirtschaftlichen Stärke und unserer Tüchtigkeit ein teures Land, und unsere touristischen Leistungen können auch deshalb nicht billig sein, weil sie eben immer mit persönlichem Engagement verbunden sind, das seinen anständigen Preis hat.
«Weil sich die Branche weitgehend aus Kleinstbetrieben zusammensetzt, braucht der Tourismus die Mittel der Standortförderung.»Umso mehr lohnt es sich, in Innovationen zu investieren: nicht bei der Aufmerksamkeit und dem Engagement gegenüber den Gästen, aber von der Digitalisierung bis zur Küchen- und Seilbahntechnik in allen Bereichen, wo mehr Produktivität möglich ist – um letztlich bessere Margen zu erzielen. Bei Innovationen sind all die Klein- und Kleinstbetriebe im Tourismus zwar hervorragende Ideengeber, da sie den Puls der Zeit direkt spüren. Aber um die Ideen umzusetzen, sind die KMU oft zu klein. Deshalb gibt es Innotour als bewährtes Instrument der Standortförderung, und deshalb ist es nicht nur staatspolitisch notwendig, die Standortförderung im kommenden Herbst im Sinn der Tourismusbranche zu verabschieden, sondern auch wirtschaftlich einfach sinnvoll. Als Präsident des Schweizer Tourismus-Verbandes und von Seilbahnen Schweiz, aber auch als langjähriger Nationalrat möchte ich zu guter Letzt betonen, dass es bei der Standortförderung um einen Kredit von weniger als 300 Millionen Franken für vier Jahre geht. Aber wie ich hoffentlich klarmachen konnte, geht es letztlich um mehr: um ein Gefühl dafür, welche Bedeutung und Kraft Tourismus hat. Wer als Reisender unterwegs ist, wer als Gast einkehrt, entwickelt dieses Gefühl ohne weiteres. Aber im wirtschaftlichen und politischen geht dieses Gefühl ohne weiteres verloren. Der Schweizer Tourismus-Verband kümmert sich insofern nicht nur alle vier Jahre um die Standortförderung, sondern der STV versucht tagtäglich und von Saison zu Saison daran zu erinnern, was in all den touristischen Betrieben der Schweiz geleistet wird – und welch grosse Bedeutung das für die ganze Schweiz hat.»