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Die grosse Angst vor den Auswirkungen

Reto E. Wild – 03. März 2020
Ausbleibende Buchungen, Absagen von Tischreservationen, starker Franken: Die Branche spürt die Folgen des Coronavirus. Der Wirteverband BaselStadt fordert ein Unterstützungsprogramm, HotellerieSuisse rechnet mit Kurzarbeit.

Die Situation in der Branche erinnert an die Tage nach den Terroranschlägen am 11. September 2001. «Eine globale Ausbreitung des Coronavirus könnte zu einer ebenfalls globalen Reiseangst führen und die ganze Branche nachhaltig lähmen», prophezeit Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus. GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer stösst ins gleiche Horn: «Falls die Ausbreitung des Virus in den nächsten Wochen nicht abnimmt, könnte das enorme Auswirkungen haben.» Andreas Züllig, Präsident von HotellerieSuisse, bezeichnet die Situation als «dramatisch». Anfang dieser Woche sagt der Hotelier von der Lenzerheide GR: «Die Branche kämpfte mit den Folgen von Sars, 9/11 oder dem schwachen Euro. Nun gehen wir davon aus, dass wir im März als Folge des Coronavirus und in Zusammenarbeit mit den Behörden Kurzarbeit einführen müssen.» Genf erleidet einen Schaden von 250 Millionen Franken Vergangene Woche hat der Bundesrat beschlossen, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen abzusagen, um eine mögliche Verbreitung des Coronavirus zu verhindern. Der wirtschaftliche Schaden alleine für den annullierten Autosalon und damit den Standort Genf dürfte laut SRF 1 rund 250 Millionen Franken betragen. Der Bundesrat betonte, er werde für Ertragsausfälle nicht aufkommen. Mit der Basler Fasnacht musste nach der behördlichen Bestimmung ein weiterer Grossanlass abgesagt werden. Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt, sagt: «Die Fasnacht ist hier für viele Gastbetriebe enorm wichtig. Vor allem Restaurants und Bars in der Innenstadt erzielen an den drei Tagen so viel Umsatz wie sonst in zwei Wochen. Die Umsatzeinbussen für die Gastronomie dürften sich auf rund zehn Millionen Franken belaufen.» Der Wirteverband sei tief besorgt. Betroffen seien rund 300 Betriebe, einige Dutzend sehr schwer. «Die Angst vor dem Coronavirus wird in den nächsten Wochen zu noch empfindlicheren Einbussen führen. Wir befürchten, dass vor allem ältere Gäste in nächster Zeit Restaurants meiden werden.» So dürfte es vielen schwerfallen, liquide zu bleiben. Ebneter sucht deshalb das Gespräch mit der Regierung. «Der Umsatzsrückgang in Basel beträgt alleine im März und April 50 Millionen Franken. Es braucht jetzt für die ganze Schweiz dringend Massnahmen, um ein Massensterben von Betrieben zu verhindern», fordert der Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt. Diese Woche trifft sich Wirtschaftsminister Guy Parmelin mit den Sozialpartnern, darunter auch GastroSuisse. «Keinerlei Gründe zur Panik»
Die Angst vor dem Virus hat die Schweiz flächendeckend erreicht. In der Stadt Zürich musste beispielsweise ein bekannter und langjähriger Wirt die Annullation eines Familienfestes hinnehmen, weil die betagten Jubilare Angst vor einer Ansteckung hatten. Der Schweizer Immunologe Beda Stadler, der die Massnahmen des Bundesrats begrüsst, betont am Schweizer Fernsehen: «Das Coronavirus ist nur dann eine echte Gefahr, wenn man sich falsch verhält. In der Schweiz gibt es keinerlei Gründe zur Panik.» Casimir Platzer sieht das ähnlich: «Ich habe Vertrauen in unsere Behörden und rate, ihren Empfehlungen zu folgen. Etwas vom wichtigsten ist, wie bei einer normalen Grippe: Händewaschen!» Eine weitere Vorsichtsmassnahme: Homeoffice für Mitarbeitende mit Symptomen anordnen. Zwei Angestellte des Grand Resort Bad Ragaz SG befinden sich zuhause in der Quarantäne, drei weitere sind für zwei Wochen beurlaubt, weil diese in der Nähe eines Gastes waren, der aus Italien anreiste und das Virus mit sich trug. Nur macht sich in vielen Köpfen Panik vor der Ungewissheit breit. Die Branche leidet gleich aus mehreren Gründen: Der Franken ist so stark wie seit über viereinhalb Jahren nicht mehr und befindet sich gegenüber dem Euro unter der Bandbreite von 1.07 bis 1.10, mit der die Hotellerie laut Andreas Züllig «einigermassen leben kann». Das führt dazu, dass für viele Touristen die Schweiz zu teuer wird und andererseits Schweizer wieder vermehrt in die Nachbarländer reisen. Zudem gab die Lufthansa-Gruppe, zu der die Swiss gehört, diese Woche bekannt, die Flüge nach Peking und Schanghai bis zum 24. April auszusetzen. China gehört zu den wichtigsten ausländischen Märkten für den Schweizer Tourismus.