Tourismus

Die Gastlichkeit der Zukunft

Peter Grunder – 13. November 2018
Weil im Gastgewerbe immer viel Handarbeit nötig ist, diese Arbeit in der Schweiz aber viel kostet, ist die Branche auf Produktivitätsfortschritte angewiesen. Eine Möglichkeit dafür liefern Innovationen. Letzte Woche hat in Luzern eine Veranstaltung stattgefunden, in der touristische Jungunternehmen Gelegenheit hatten, ihre Projekte vorzustellen – und beurteilen zu lassen. Bericht vom Swiss Start-Up Innovation Camp.

Es sei zwar eine «Schweizer Veranstaltung, aber international», sagte Martin Barth, Präsident des WTFL, an der Eröffnung des Swiss Start-Up Innovation Camps letzthin in Luzern. Zum einen waren etliche interessierte Investoren aus dem Ausland zugegen. Zum anderen haben die Start-ups, die sich präsentierten, zwar ausschliesslich Schweizer Provenienz. Doch da hinter einem Grossteil der Innovationen jeweils Schweizer Hochschulen stehen, finden sich unter den innovativen Jungunternehmern sehr viele Studierende mit internationalem Hintergrund. Die Unterstützung durch den Bund zeigt indes die strategische Richtung: Es gehe letztlich darum, die «Wettbewerbsfähigkeit von KMU zu erhöhen», meinte Alois Zwinggi, Direktor des World Economic Forum (WEF) und Vize des Innova­tionsrates beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Hinsichtlich der KMU interessiere dabei vor allem die Wachstumsbranche Touris­mus, führte Zwinggi aus: «Diese Industrie braucht unsere Unterstützung.» Eric Jakob, Leiter der Standortförderung beim SECO und Mitglied der Jury, erklärte das Engagement seinerseits auch mit der neuen Tourismusstrategie des Bundes. Sie habe einen «starken Bezug zu Innovation und Unternehmertum».

Barth Martin PG Martin Barth: «Wir müssen die Offenheit haben, das Neue zu ermöglichen.»
Das klassische Dilemma und Drama aller Politik und Planung bleibt freilich bestehen: Wirklich klüger ist man immer erst hinterher – niemand kann zurzeit wissen, welche der nominierten 15 Start-ups sich durchsetzen werden und welche nicht. Auch deshalb habe man «versucht, breiter zu gehen», meinte Veranstalter Barth gegenüber GastroJournal: «Wir müssen die Offenheit haben, das Neue zu ermöglichen.» Konkret hiess das in Luzern, dass in fünf Bereichen Jung­unternehmen ihre Geschäftsmodelle vorstellten: Gastgewerbe, Destinationen, Wirkung, Mobilität und Transaktion (vgl. unten). In allen Bereichen fielen verschiedene Projekte auf: der Koffer, der sich über Treppen schieben lässt; das Bestell-, Abrechnungs- und Infosystem für Restaurants; der Kasten, der analysiert, was in der Restaurantküche im Kübel landet, um Food Waste zu minimieren; das Tool, das alle Bewertungen ­eines Betriebes überwacht und automatisch reagiert – um nur ein paar gastgewerbliche Innovationen zu nennen. Die Unternehmen und die Kundschaft werden es zwar letztlich sein, die Erfolg und Misserfolg der Geschäftsmodelle bestimmen werden. Aber diese Modelle brauchen Plattformen wie diese in Luzern. Innovativ ist dabei auch Initiant Martin Barth: Das Welt Tourismus Forum baut in Luzern einen eigentlichen Hub für entsprechende Projekte auf.

Die Sieger

Als bestes Start-up in der Kategorie Gastgewerbe (Hospitality) wählte die Jury Appetita, eine Verknüpfung von Smartphones von Gästen mit Kassensystemen von Gastwirtschaftsbetrieben. Ohne eine App zu laden, kann der Gast in einem Betrieb damit Informationen auf sein Handy holen, Bestellungen vornehmen und bezahlen. Wie alle anderen Start-ups ist auch dieser in Betrieb.

Kitro

In der Kategorie Wirkung (Impact) setzte sich das Projekt Kitro durch, das eben auch den Milestone gewonnen hat. Dabei handelt es sich um ein System, das die organischen Abfälle in Restaurantküchen direkt bei den Kübeln erfasst, sie elektronisch im Detail analysiert und die Resultate den Küchenverantwortlichen zur Verfügung stellt. Kitro läuft bereits in verschiedenen Betrieben und reduziert den Food Waste stark.

RoomPriceGenie

Im Bereich Transaktionen setzte sich die Software «RoomPriceGenie» durch. Ein britischer Mathematiker, der in der Schweiz studiert und dessen Vater eine Pension hat, entwickelte das Programm als günstiges und cleveres Werkzeug für die Preisgestaltung – auf Neudeutsch Yielden und Revenue-Management mit Blick vorab auf Konkurrenz, Saison und Auslastung.

The Trip Boutique

Der virtuelle Reiseassistent «The Trip Boutique» setzte sich in der Kategorie Destinationen durch. Dabei handelt es sich um ein Tool, das Reisenden aufgrund ihrer Vorlieben massgeschneiderte Vorschläge macht. Der Entscheid überraschte, fiel doch «Get Local» ebenfalls auf: ein Internetwerkzeug, das Beherberger mit anderen lokalen Anbietern verknüpft.