Die Destination in den Fokus gerückt

Oliver Borner – 01. Dezember 2022
Zum zehnjährigen Jubiläum drehte sich beim Tourismus Forum Schweiz (TFS) im Zentrum Paul Klee alles um das Thema Destinationsmanagement. Die über 160 Touristikerinnen und Touristiker waren sich einig: Governance, Digitalisierung, CO2-Emissionen und neu auch der Fachkräftemangel werden die Tourismusbranche künftig stark beschäftigen.

Grosses Wiedersehen zum Jubiläum in Bern. Vergangene Woche fand im Zentrum Paul Klee die 10. Ausgabe des Tourismusforum Schweiz unter der Schirmherrschaft des Staatsekretariats für Wirtschaft (SECO) statt. Eric Jakob, Leiter Direktion für Standortentwicklung beim SECO, durfte mehr als 160 Touristikerinnen und Touristiker zum Jubiläumstreffen begrüssen. «Schön, dass ihr alle da seid. Wir freuen uns, euch alle wieder zu sehen.»

Destinationen heute, Destinationen morgen

Im Fokus des diesjährigen Branchentreffens standen die zahlreichen Destinationen, respektive das Management und die Vermarktung der Destinationen, in der Schweiz. Dazu fanden über den Tag verteilt mehrere Panels, in welchen führende Köpfe über die Destinationen diskutierten, und Workshops, in denen die Touristikerinnen und Touristiker aktiv in die Diskussion eingebunden wurden, statt. Dabei wurde schnell klar: Der Kontext spielt beim Destinationsmanagement eine entscheidende Rolle. Soll heissen: Massnahmen, die beispielsweise im Wallis funktionieren, funktionieren nicht zwingend im Tessin. So beurteilten die Experten in den Panels auch die Rolle der Destinationsmanagementorganisationen (DMO) unterschiedlich. Während Christian Gressbach, Direktor von Toggenburg Tourismus, ihnen eine strategische Rolle zuschreibt, sieht Angelo Trotta, Direktor von Ticino Turismo, unter anderem das Marketing als wichtige Rolle der DMO. Zudem sei die Zusammenarbeit zwischen den Destinationen wichtig. Je grösser die Region, desto wichtiger die Zusammenarbeit zwischen den DMO untereinander. Je kleiner die Region, desto wichtiger die Zusammenarbeit zwischen den DMO und den Leistungsträgern. Dem pflichtete Brigitte Küng, Projektleiterin Hanser Consulting bei. «DMO müssen vermehrt in Dienstleistungsketten denken. Die nutzenstiftende Zusammenarbeit wird zentral.»

Ausführlich diskutiert wurde die sogenannte Governance. Sie beschreibt die praktische Gestaltung der Rechte, Prozesse und Kontrollen in den jeweiligen Destinationen. Diese wurden an den beiden Beispielen aus Leukerbad VS und Genf GE aufgezeigt. Es zeigt sich: Die Prozesse und Regeln zur integrierten Lebens- und Tourismusraumentwicklung einer Destination müssen präzis und verbindlich definiert sein. Zudem hängen sie immer von den lokalen Gegebenheiten, Ressourcen und Kompetenzen ab. Folglich gibt es auch keinen Königsweg.

Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Fachkräftemangel

Viele Arbeitskräfte gehen in Rente, tiefe Löhne und der Wohnraum in Berggebieten wird immer knapper: Das betrifft auch die Tourismusbranche. Während Hotelketten oder grössere Bergbahnen mit attraktiven Bedingungen negative Aspekte wettmachen können, können die Mehrheit der kleinen Betriebe kaum Karriereperspektiven bieten. Als eine der ersten Tourismusregionen hat Gstaad Saanenland Tourismus dafür eine Lösung entwickelt. Die Karriereplattform yourgstaad.ch bietet jungen Berufsleuten Arbeitsplätze an und lockt gleichzeitig mit einem Rundumpaket mit Gratisweiterbildung, Events und Rabatten.

Vor dem Hintergrund des Netto-Null-Ziels 2050 der Schweiz, welches der Bundesrat 2019 beschlossen hat, gewinnt die Bilanzierung von CO2-Emissionen in den Destinationen an Relevanz. «Es geht in Sachen Klimaschutz in den Destinationen noch zu wenig schnell vorwärts. Daher braucht es geeignete Tools, um diese Emissionen möglichst genau zu messen», sagt Monika Bandi, Co-Leiterin der Forschungsstelle Tourismus an der Universität Bern. Dabei kann eine Tourismusorganisation die führende Rolle einnehmen. So arbeiten Arosa und Valposchiavo gemeinsam mit der Fachhochschule Graubünden (FHGR) am Ziel, klimafreundliche Destinationen zu werden.

Über 1400 touristische Betriebe haben sich in der Schweiz dem Nachhaltigkeitsprogramm «Swisstainable» angeschlossen. Das zeigt, dass das Thema auch im Schweizer Tourismus angekommen ist. Das Programm geht 2023 einen Schritt weiter. Ab März können auch Destinationen die Nachhaltigkeitsauszeichnung «Swisstainable» erwerben. Dabei müssen möglichst viele Betriebe innerhalb der Destination am Programm mitmachen. Dies birgt Chance für die Tourismusorganisationen. Sie kennen die Betriebe und können mit Argumenten Überzeugungsarbeit leisten.

Ein Blick in die Zukunft

Neben dem Austausch und den Inputs aus und mit der Branche wagten namhafte Persönlichkeiten einen Blick in die Zukunft des Tourismusforums. «Das Forum ist eine wichtige Austauschplattform und muss daher in Zukunft weiter Bestand haben», so Nationalrat und Präsident des Schweizer Tourismus-Verband Nicolo Paganini. «Ich würde mir für die Zukunft aber wünschen, dass das Forum noch mehr auf die Interaktion zwischen den Teilnehmenden setzt, damit das Know-how noch besser ausgetauscht werden kann.» Urban Camenzind, Regierungsrat des Kantons Uri und Präsident der Konferenz Kantonaler Volkswirtschaftsdirektorinnen und -direktoren (VDK), ergänzt: «Die Nähe zur Branche muss unbedingt auch in Zukunft gewahrt werden. Nur so kann die Branche optimal von diesem Forum profitieren.» Diese Anliegen kommen bei Eric Jacob an. Im Hintergrund werde bereits an einer Weiterentwicklung des TFS gearbeitet. «Wir möchten in Zukunft die Romandie verstärkt in das Forum einbinden. Die Idee einer Dezentralisierung ist daher im Gespräch.»