Hotellerie
Tourismus

Die amtliche Beherbungsstatistik zu Ferienwohnungen ist publik, jedoch mit merkwürdigen Zahlen

Peter Grunder – 26. Mai 2017
Fast 15 Jahre lang hat es in der Schweiz keine amtliche Beherbergungsstatistik zu Ferien­wohnungen mehr gegeben. Nun sind wieder Zahlen da, aber merkwürdige.

Eine Sparübung beendete 2003 eine hoheitliche Aufgabe, die der Bund seit 1934 selbstverständlich wahrgenommen hatte: das Erfassen von touristischen Übernachtungen in der Schweiz. Obwohl hierzulande ganze Talschaften vom Tourismus leben und obwohl Daten dazu unverzichtbar sind, um Entwicklungen zu erkennen und darauf zu reagieren, gab es keinen Aufschrei der Entrüstung: Es war mit Pascal Couchepin gar ein Walliser Bundesrat, der die Beherbergungsstatistik federführend abschaffte. Die Schweiz hat allerdings auch ­keine Tourismuspolitik: Das bewies einst Bundesrat Couchepin, und das legt heute auch Johann N. Schneider-­Ammann regelmässig nahe. Insofern kann es nicht verwundern, dass von Seiten des Bundes nur das Nötigste getan wird, um Daten zum Tourismus zu erheben – mit Ausnahme des herausragenden Satellitenkontos Tourismus, das indes statistisch nicht auf dem touristischen Mist wächst. Vom Tourismusland Schweiz gab es 2004 überhaupt keine Zahlen, doch 2005 rauften sich die Branchenverbände, interessierte Kreise und staatliche Stellen zusammen. In einer öffentlich-privaten Partnerschaft, die vom Schweizer Tourismus-Verband (STV) regelmässig neu verhandelt werden muss, gibt es seither eine Statistik zu den Hotelübernachtungen. Die Parahotellerie allerdings blieb mit Ausnahme von Campingplätzen und Jugendherbergen liegen. All die Übernachtungen in Schweizer Ferienwohnungen wurden nicht mehr erfasst, obwohl der STV sich Jahr für Jahr bemühte, auch hier eine Neuauflage zu realisieren. Weil sich aber nicht nur der Bund foutiert, sondern auch ein Grossteil der Touristiker wenig Interesse an Transparenz hat, blieb die Wiederaufnahme der Parahotellerie-­Statistik ein leeres Versprechen. Dies obwohl sich über Jahrzehnte erwiesen hatte, dass in Schweizer Ferienwohnungen ebensoviele Gäste nächtigen wie in Hotels: Spitzenwerte waren Anfang der 1980er und der 1990er jeweils über 40 Millionen Übernachtungen in der Schweizer Parahotellerie – das übertraf die maximalen gut 37 Millionen Hotelübernachtungen ums Jahr 1990. Schnee von gestern: Letzte Woche hat das Bundesamt für Statistik zum ersten Mal seit 2003 wieder Jahreszahlen zur Schweizer Parahotellerie veröffentlicht. Demnach wurde 2016 in Schweizer Ferienwohnungen knapp 15 Millionen Mal übernachtet – in Hotels waren es 35,5 Millionen Logiernächte. Wer bis hierher gelesen und verstanden hat, wird sich wundern: Während die jährlichen Hotelübernachtungen in der Schweiz seit Jahrzehnten um den Wert von 35 Millionen schwanken, hat sich die Zahl der Logiernächte in Schweizer Ferienwohnungen seit 2003 mehr als halbiert. Da stimmt etwas nicht, und der Vergleich mit Österreich legt nahe, dass der Hund nicht in der Vergangenheit begraben liegt. Aber irgendwie scheint das allen ziemlich egal zu sein. www.bfs.admin.ch