Berner Hotels wehren sich gegen Tourismusstrategie

Oliver Borner – 19. Juli 2022
Die Meinungsverschiedenheit um das Tourismusmarketing in der Stadt Bern bleiben bestehen. Nun meldet sich die Vereinigung Bern Hotels mit einem offenen Brief an den Gemeinderat zu Wort.

Dicke Luft in der Hauptstadt. Obwohl gemäss mehreren Berichten in Berner Medien die Zahl der Touristen aus Asien und Amerika wieder stark ansteigen, will die Stadt Bern die Tourismusstrategie der Tourismusagentur Bern Welcome nicht auf die jeweiligen Fernmärkte ausbreiten. Das hat in der vergangenen Woche zu grossen Diskussionen und Streit zwischen Touristikern, Hotels und der Politik geführt.

Heute nun meldet sich die Vereinigung Bern Hotels zu Wort und kritisiert in einem offenen Brief sowohl die Berichterstattung als auch die Aussagen in den Medien. Zahlreiche Aussagen seien falsch und müssten berichtigt werden. Dabei stehen vier Punkte im Fokus:

  1. Die Berner Hotellerie lebe in erster Linie von Geschäftsreisenden. Diese Kundschaft sei für die gesamte Berner Wirtschaft und deren Wertschöpfung ausgesprochen wichtig. Die Geschäftssaison decke jedoch nicht einmal zwei Drittel des Jahres ab, weshalb Bern während des Rests des Jahres eine Feriendestination sei.
  2. Stossend ist für die Vereinigung insbesondere die Diskussion rund um die Art der Gäste. Es sei zwar richtig, auf Gäste zu setzen, die aus der Nähe kämen, mit dem öffentlichen Verkehr anreisen und einen möglichst geringen CO2-Ausstoss verursachten. Allerdings reiche dies nicht aus, um täglich 70-80 Prozent der über 4000 Betten zu füllen. Die Meinung, Bern habe zu viele Betten, weist die Vereinigung entschieden zurück. Diese Betten brauche es für den Geschäfts- und Messetourismus des Kongresstandorts Bern. «Für die BEA beispielsweise würde das bedeuten, dass Aussteller und Besucher in Ermangelung von Hotelbetten in den Nachbarkantonen oder in Thun Hotelzimmer reservieren und dann täglich mit dem Auto an die BEA anreisen.»
  3. Tourismuswerbung sei notwendig, um die Gästeströme zu lenken. Ohne diese Marketingmassnahmen, würden Hotels in der Folge gänzlich auf Tour Operators setzen, die das Marketing übernehmen und so auch Massen- und Billigtourismus in die Bundesstadt bringen würden. Die Folge daraus wäre ein Overtourism, welchen man vor allem in Luzern habe beobachten können.
  4. Die Berner Strategie der Nahmärkte habe sich während der  Coronakrise kurzfristig ausgezahlt. Jedoch veränderten sich die Parameter nun wieder und es sei wichtig, sich breiter aufzustellen. Es müsse im Interesse aller sein, Individualtouristen für Bern zu gewinnen.

Aus diesen Gründen ruft die Vereinigung Bern Hotels die Politik dazu auf, sich zusammen mit Bern Welcome und Bern Hotels an einen Tisch zu setzen, um die Problematik anzugehen. Zudem fodert sich vom Gemeinderat, Bern Welcome zu ermöglichten, auch Fernmärkte zu bearbeiten und somit die richtigen Gäste für Bern zu gewinnen. Andererseits soll er den Hotels erlauben, weiterhin Geschäfts- und Individualtouristen zu beherbergen, um damit in letzter Konsequenz auch Arbeitsplätze zu erhalten.