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Preisgekröntes Bier aus dem Spaghettitopf

Benny Epstein – 31. Oktober 2019
Eine «Kobra» als Konstante und dazu Unikate in Kleinstauflagen: Claude Degen mischt als Einmannbetrieb die Schweizer Bierbrauerszene auf. Seine Produkte kommen sehr gut an, obwohl er noch immer auf der Suche nach Perfektion ist.

«Perfektion ist das Ziel, aber ich weiss, dass ich die nie erreichen werde. Perfektion ist eine Illusion. Das Lernen und Verbessern ist ein lebenslanger Prozess, der nie endet.» Nein, die Worte stammen weder von einem Life Coach noch von einem ewigen Philosophie-Studenten, sondern von einem Bierbrauer: Claude Degen, Produzent des Degen-Biers, ist auf der steten Suche nach Perfektion in seinen Brauerzeugnissen. «Ich bewege mich irgendwo zwischen Wissenschaft und Kunst.» Die Balance beherrscht der Solothurner aus Trimbach ziemlich gut: 2011 wurde seine «Kobra» zum Schweizer Bier des Jahres gekürt, 2019 – mittlerweile mit abgeänderter Rezeptur – wurde es an den Swiss Beer Awards in der Kategorie Pale Ale ausgezeichnet. «Eine schöne Bestätigung, dass ich etwas richtig mache», sagt er nüchtern. Apropos nüchtern: Gibt es in einer Beiz nur eine gewöhnliche Stange oder die üblichen Industrie-Biere zur Auswahl, so verzichtet er lieber auf den Alkohol. «Das ist es mir nicht wert. Ich mag diese Biere nicht mehr.» Einmal und nie wieder
Für sein Degen-Bier sucht der 52-Jährige nach den besten Zutaten. «Malz von einem deutschen Traditionsunternehmen, Hopfen und Hefe müssen immer frisch sein.» Und auch beim Wasser will er es genau wissen. Für dunkles Bier sei das Wasser an seiner Produktionsstätte in Zofingen AG perfekt. Produziert er helles Bier, filtriert er das Wasser, um so weiches Bergquellwasser zu simulieren. Degen produziert jeweils zwei Biere. Die «Kobra» ist seine Konstante. Als Kontrast bietet er jeweils ein Bier an, das er nur einmal produziert. «Das ergibt 1950 Flaschen, dann gibt es dieses Bier nie wieder. Ich stelle pro Jahr sechs bis acht solche Unikate her.» Die Gastronomie schätze diese Zweigleisigkeit. Degen ist ein Einmannbetrieb. Mittlerweile kann er von seiner Leidenschaft leben, die einst im Spaghettitopf im eigenen Garten ihren Lauf nahm. «Da wurstelte ich drei Jahre lang meine ersten Versuche zusammen.» Die Lust aufs Tüfteln wuchs während seiner Lehre als Chemielaborant bei Roche in Basel. «Das Mischen von Pülverchen befriedigte mich aber nicht. Es war mir zu abstrakt. Ich wollte etwas herstellen, das mir und anderen Spass macht.» Mittlerweile produziert er 50'000 Flaschen pro Jahr. Beim Brauen sucht Degen nach Harmonie. «Das Bier darf zum Beispiel bitter sein, aber dann braucht es einen Gegenpol. Ich habe klare Vorstellungen.» Mit diesen findet er die Harmonie immer wieder. Die Perfektion aber sucht er noch.