«Der Stellenwert von Bier wird in der Schweizer Gesellschaft immer grösser»

Oliver Borner – 30. April 2021
Zum heutigen nationalen Tag des Bieres spricht Nicolo Paganini, Präsident des Schweizer Brauereiverbandes, über Bier, das Nachwuchsproblem bei den Brauern und die aktuelle Situation in der Branche.

Was macht den Tag des Bieres für die Branche und für Sie speziell?
Nicolo Paganini: «In dieser aussergewöhnlichen Zeit findet der Tag des Bieres natürlich nicht wie gewohnt statt. Vieles ist wegen der Coronamassnahmen eingeschränkt, daher müssen auch wir uns anpassen. Trotzdem führen viele Brauereien heute, am traditionellen Start in die Biersaison, verschiedene Aktionen durch, um die Braukultur und die Biervielfalt in der Schweiz zu feiern. Die Aktionen reichen von Livestreams über Wettbewerbe bis zu Biergeschenken. Zudem gibt es auch in diesem Jahr wieder für diesen Tag von den Bierbrauer-Lernenden entwickeltes und gebrautes Bier.»

Welchen Stellenwert hat Bier in der Schweizer Gesellschaft?
«Das Bier geniesst einen immer grösseren Stellenwert. Das Bier hat sich in den letzten Jahren immer mehr zum Genussmittel entwickelt. Die Gesellschaft interessiert es, wie ein Bier hergestellt wird, welche Aromen in einem Bier vorkommen oder welche Biersorten und Bierstile es überhaupt gibt. Das zeigt sich unter anderem in der Gastronomie, wo es mittlerweile eigene Bierkarten gibt. Zudem ist das Interesse an Biersommelierkursen in den letzten Jahren stetig gestiegen. Das freut die Branche mit ihren schweizweit 1‘200 Brauereien natürlich sehr.»

Während viele Schweizerinnen und Schweizer gerne Bier trinken, wollen nur wenige Auszubildende den Beruf als Brauerin oder Bierbrauer erlernen. Woran liegt das?
«Das Problem liegt meines Erachtens darin, dass der Beruf vielen nicht bekannt ist. Es gibt kaum junge Erwachsene, die in ihrem Freundeskreis jemanden kennen, der eine Lehre als Bierbrauer durchläuft. Zudem sind die infrastrukturellen Anforderungen für die Brauereien sehr hoch. Sie müssen eine Ausbildung von A bis Z und somit alle Ausbildungsschritte gewährleisten können. Dies ist nur in hauptberuflich geführten Brauereien möglich.»

Und wie will der Verband diesem Problem entgegenwirken?
«Um die Auszubildenden auf den Beruf aufmerksam zu machen, setzt der Verband in erster Line auf Bewerbung des Berufs. Wir lancieren just am Tag des Schweizer Bieres ein Erklärvideo zur Ausbildung als Bierbrauer und hoffen natürlich, dass sich dadurch mehr junge Menschen für den Beruf begeistern.»

Wie viele Zuliefererbranchen leidet auch die Bierbranche unter der Coronapandemie. Wie sieht die Situation aktuell aus?
«Viele Brauereien erlitten seit Beginn der Pandemie natürlich dramatische Verluste gegenüber dem Normalbetrieb. Die Situation ist allerdings nicht bei allen Brauereien gleich. Entscheidend ist, in welchen Absatzkanälen eine Brauerei mit ihren Bieren stark vertreten ist. Am meisten leiden diejenigen, die vorwiegend in der Gastronomie und bei den Events stark sind und kaum im Detailhandel gelistet sind. Glücklicherweise entschied der Bundesrat vor knapp zwei Wochen die Öffnung der Terrassen in der Gastronomie. Das hilft allen Brauereien in der jetzigen Situation natürlich ungemein.»

Die momentane Situation ist also durchaus schwierig. Wie blicken Sie unter diesen Umständen in die nahe Zukunft der Bierbranche?
«Es bleibt für die Branche nach wie vor eine schwierige Zeit, weil die Planungssicherheit fehlt. Der Bundesrat hat mit dem Drei-Stufen-Ausstieg einen Weg aufgezeigt, ob der allerdings eintritt, wissen wir heute nicht. Der Verband setzt seine Hoffnungen daher auf die rasche und flächendeckende Impfkampagne, so dass ab Juli – wie das der Bundesrat vorgestern in Aussicht gestellt hat - wieder Veranstaltungen wie kleinere Festivals oder Volksfeste stattfinden können..»

Am Tag des Bieres muss auch Bier getrunken werden. Welches Bier werden Sie sich gönnen?
(lacht)«Wenn ich am Abend aus Bern zurück in die Ostschweiz komme, werde ich mir das von den Lernenden gebraute Kveik Pale Ale zum Abschluss des Tages gönnen.»