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Die Natur bestimmt die Arbeit

Daniela Oegerli – 10. Mai 2017
Weinbauern sind abhängig von äusseren Einflüssen, die ihnen nicht immer wohlgesinnt sind.

 Im Keller des Weingutes der Familie Baumann in Oberhallau klirren die Wein­flaschen aneinander. «Wir füllen gerade den Classique rot ab. Der Pinot noir reift

«Naturereignisse bestimmen auch den finanziellen Ertrag»
15 Monate lang in gebrauchten Barrique-Fässern», erläutert Ruedi Baumann die Geschäftigkeit. Der Praktikant Niklas Grom überwacht die Abfüllanlage. Der angehende Sommelier erreichte dieses Jahr in der Kategorie Service den 2. Platz beim «Marmite Youngster»-Wettbewerb. «Wir engagieren regelmässig Praktikanten, das ist für uns eine Bereicherung», sagt Beatrice Baumann. Niklas könne man überall einsetzen, schwärmt sie weiter, er sei einfach ein Multitalent. Baumanns führen den Betrieb mit acht Hektaren Reben zu dritt, mit dem jüngsten Sohn Peter, der ebenfalls eine Winzerlehre absolviert hat. Die beiden älteren Söhne hätten sich für einen anderen Beruf entschieden. «Wenn jedoch Hilfe von Nöten ist, dann können wir auf alle Familienmitglieder zählen.» Beatrice und Ruedi haben den Betrieb von seinen Eltern übernommen. Diese hätten damals noch neben Wein auch Obst angebaut und der Betrieb sei kleiner gewesen. «Wir haben dann ganz auf Rebbau gesetzt und die Fläche kontinuierlich erweitert.» Auch wenn sie über jahrelange Erfahrung verfügen, müssen sie immer wieder vom neuem auf die Begebenheiten der Natur reagieren. Gerade aktuell der grosse Frost: «Wir können nicht sofort abschätzen, welche Auswirkungen dieses Naturereignis auf den Ertrag der Reben hat», gibt Ruedi zu Bedenken. Beispielsweise auch beim Hagel, von dem sie im Jahr 2015 heimgesucht wurden. «Die Erträge damals waren klein, dafür die Qualität ausgezeichnet.» Dennoch verringerte sich dadurch der finanzielle Umsatz. «Wenn solche Ereignisse vereinzelt auftreten, können wir das finanziell tragen. Wenn es öfters vorkommt, geht es an die Existenz», gibt Ruedi zu bedenken. Grundsätzlich übernimmt ­jeder in der Familie alle Arbeiten. «Da wir so wenige sind, ist es gar nicht anders möglich», erklärt Beatrice.
«Jeder in unserer Familie arbeitet auf seine Weise»
Und doch arbeiten alle unterschiedlich, was Beatrice 2007 dazu bewogen hat, einen eigenen Wein zu keltern. Ruedi meinte dazu nur: «No ann mee!» Was im Schaffhauser Dialekt heisst: «Noch einen mehr!» Ruedi war der Meinung, dass das Sortiment ihrer Weine gross genug sei, Beatrice setzte sich jedoch durch und kreierte ihren eigenen Wein, den sie «ann mee» nennt. Auf die Frage, wo denn der Unterschied zu den Weinen ihres Mannes sei, erklärt sie: «Ich gehe schonend vor und mache viele Arbeitsschritte von Hand.» Seit einem Jahr jedoch übernimmt der Sohn Peter die Kelterung des «ann mee», weil Beatrice die Zeit dazu nicht mehr findet. Der Wein der Familie Baumann ist in Restaurants in der ganzen Schweiz erhältlich. Beatrice und Ruedi pflegen dabei den Kontakt zu den Restaurateuren, denn ihnen ist wichtig, dass diese hinter ihren Weinen stehen können. «Es macht keinen Sinn, wenn ein Gastronom unseren Wein auf der Karte hat, ihn aber gar nicht mag», sind sich die beiden einig. Viele Gastronomen kämen persönlich vorbei, um die Weine vor Ort zu degustieren. Wenn es die Zeit erlaubt, pflegen sie zudem den Austausch mit anderen Winzern: «Es ist uns wichtig, dass die Winzerkollegen dasselbe Qualitätsverständnis wie wir haben», betont Ruedi.
«Der Austausch mit den anderen Winzern ist uns wichtig»
Denn neben dem Geselligen sei es für alle gleichermassen wichtig, sich auch fachlich austauschen zu können. So sei die Zusammenarbeit zwischen Michael Meyer vom nahen Bad Osterfingen und den Baumanns entstanden. Gemeinsam vinifizieren sie den «Zwaa». «Wir kennen Michael und auch seine Weine schon lange. Weil auch er grossen Wert auf Qualität legt, haben wir uns irgendwann entschieden, einen gemeinsamen Wein zu machen», erinnert sich Ruedi. Die beiden schätzen die Vielseitigkeit ihrer Arbeit gleichermassen, sei es im Keller, in den Reben oder im Marketing. «Wir führen dieses Weingut seit 39 Jahren – und nie war ein Jahr so wie das andere.» Sie hatten schon Hagel, Frost oder im Herbst Schnee. Glücklicherweise sei das Wetter in den meisten Jahren gut. «Bei uns bestimmt eben die Natur die Arbeit.»