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Nach Bundesratsentscheid: «Offenbar hat der Bundesrat das Augenmass komplett verloren»

Oliver Borner – 19. März 2021
Der Bundesrat verzichtet vorerst auf weitere Lockerungen der Coronamassnahmen für das Gastgewerbe. GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer greift den Bundesrat dafür frontal an.

Eine Woche lang wurde darüber gestritten, ob Restaurants sowohl ihre Innen- als auch ihre Aussenbereiche öffnen dürfen, nun kommt es zur Weder-noch-Lösung: Der Bundesrat hat heute Nachmittag entschieden, die Coronamassnahmen für die Gastronomie nicht zu lockern. Nur die Anzahl der Personen, die sich im privaten Raum treffen dürfen, wurde von fünf auf zehn erhöht. «Einerseits verschlechtert sich die epidemiologische Lage immer mehr, andererseits ist die Impfung der gefährdeten Personen noch nicht genug weit vorangeschritten», begründet Gesundheitsminister Alain Berset die Entscheidung des Bundesrats.

Riesige Enttäuschung beim Gastgewerbe

Bei GastroSuisse sorgt dieser Entscheid ein weiteres Mal für Unverständnis. «Das ist absolut enttäuschend und alles andere als nachvollziehbar. Offenbar hat der Bundesrat das Augenmass komplett verloren», sagt Verbandspräsident Casimir Platzer an einer Medienkonferenz. Der Bundesrat ignoriere mit seinem Entscheid nicht nur den Wunsch der Bevölkerung, sondern auch den der Kantonsregierungen, welche sich geschlossen für eine Öffnung der Aussenbereiche ausgesprochen hatten.

An der Medienkonferenz wurde Berset gefragt, weshalb es gefährlicher sei, zu viert auf einer Terrasse mit Schutzkonzepten zu sitzen als zu zehnt privat. Der Gesundheitsminister argumentiert dazu: «Diese Frage wird uns zurecht seit einem Jahr gestellt. Doch Sie müssen sehen, dass eine Begrenzung von Treffen zu Hause eine massive Beschränkung der Grundrechte bedeutet. Das ist nicht okay.» Der Bundesrat müsse schauen, dass er die Kontrolle über die Pandemie nicht verliere.

Wie in den letzten Wochen und Monaten sieht Platzer im Vorgehen des Bundesrats keine klare Strategie. «Ein Branchenlockdown ist bei der aktuellen Situation auf den Intensivstationen nicht mehr adäquat», sagt der Berner Oberländer. Das Gesundheitssystem sei nicht überlastet und gleichzeitig seien immer mehr Menschen geimpft. Offenbar wolle es niemand wahrhaben, dass immer mehr getestet wird und die Positivätsrate seit sieben Wochen stagniere.

Zudem habe es der Bundesrat heute ein weiteres Mal verpasst, dem Gastgewerbe eine Perspektive für die nächsten Monate zu geben. «Es bleibt nur zu hoffen, dass der Bundesrat seine Exit-Strategie endlich ändert und einen vernünftigen Umgang mit der Pandemie einschlägt. Ansonsten werden die Restaurants wohl nie mehr geöffnet», sagt Platzer.