Hotellerie

Wertschätzung und Transparenz

Christine Bachmann – 28. Februar 2018
Was macht einen attraktiven Arbeitgeber aus, welche Art der Führung motiviert Mitarbeitende und welche nicht? Antworten.

Fachkräfte- und Lernenden-Mangel zählen zu den grossen Herausforderungen der heutigen Zeit – nicht nur in der Schweiz, sondern auch in den tourismusstarken Nachbarländern (siehe GJ06). Da heisst es für jeden einzelnen Betrieb, die guten Fachkräfte langfristig zu binden und neue für sich zu begeistern. Essenziell hierfür sind neben finanziellen Anreizen inzwischen auch Vorgesetzte, die auf Augenhöhe agieren, und ein Arbeitsklima, das motiviert und Raum für die eigene Entwicklung lässt. Denn was für die Generation Y gilt, gilt noch viel mehr für die Generation Z: Die patriarchischen Systeme gehören der Vergangenheit an. Heute heisst «Führung Machtverzicht», wie es bereits vor zwei Jahren Professor Roland Waibel von der Universität St. Gallen auf den Punkt brachte (siehe GastroJournal 08/2016).

Die Gastgeber in mittleren und grös­seren Betrieben sind dieser Ansprüche inzwischen gewahr, wie ein Blick in diverse gastgewerbliche Betriebe zeigt. So betont Reto Fries, Leiter Human Resources bei der Tavolago AG, dass die Attraktivität eines Arbeitgebers neben finanziellen Anreizen heute auch von Themen wie Kultur, Philosophie der Unternehmung, Entwicklungsmöglichkeiten, Rahmenbedingungen et cetera abhänge. Wobei «die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit am Ende Wertschätzung und Vertrauen sind.» Zwei Schlagwörter, die nicht nur Roland Waibel als wichtigste Faktoren für die Mitarbeiterzufriedenheit benennt, sondern die praktisch in jedem befragten Betrieb zur Sprache kommen und gelebt werden.

So setzt im Hotel Wettstein in Basel Gastgeber Daniel Fankhauser in Sachen Führung auf Vertrauen und Nähe sowie eine offene und transparente Kommunikation: «Unsere Büro-Türe steht jederzeit offen für unsere Mitarbeitenden. Weiter halten wir auch die interne Mitarbeiterförderung hoch. Will heissen: Wir versuchen immer wieder, offene Stellen in höheren Positionen mit internen Mitarbeitenden zu besetzen. Diese Leute kennen wir und wissen, was für ein Potenzial in ihnen schlummert», sagt Fankhauser. Das Hotel Ascot in Zürich, das als Familienbetrieb auf Nähe bei der Führung setzt, versucht ebenfalls, in allen Entscheiden und bei den Entscheidungsgrundlagen gegenüber den Mitarbeitenden möglichst transparent zu sein, wie Torsten Petzke festhält, verantwortlich für Administration & Human Resources. Des Weiteren hätten die Abteilungsleiter im Ascot viel Freiraum in Bezug auf Personalentscheide und Rekrutierung. Dieser Freiraum für die Gestaltung führe gerade beim Kaderteam oft zu einem höheren Engagement. Petzke betont zudem, dass Wertschätzung und Vertrauen nicht durch finanzielle Anreize vermittelt würden. «Wir ­legen sehr viel Wert auf ein tägliches, wertschätzendes Miteinander.» Denn finanzielle Anreize seien seines Erachtens Teil einer gewissen Grunderwartung, und die Motivation einer Einmalprämie halte meist kürzer an als gewünscht.

Attraktive Arbeitgeber leben heute nicht nur eine wertschätzende Kultur, sondern fördern und fordern ihre Mitarbeitenden auch. Ein wichtiger Punkt sind gerade für Fachkräfte kontinuierliche Mitarbeiterschulungen (siehe auch Interview unten). So werden im Hotel Wett­stein zwei Mal im Jahr grössere Schulungen zu aktuellen Themen durchgeführt: «Für dieses Jahr haben wir uns beispielsweise die Themen ‹schriftliche Kommunikation› und ‹Work-Life-Balance› vorgenommen», erzählt Daniel Fankhauser. Im Hotel Ascot seinerseits werden 2018 neben den täglichen und wöchentliche Kurzschulungen auch noch mindestens vier externe Schulungen durchgeführt. Zudem würden Themen, die bereits durch externe Schulungen vermittelt wurden, einmal im Monat durch die Mitarbeitenden als interne Schulung wiederholt, wie Torsten Petzke präzisiert: «Bei den externen Schulungen liegt der Fokus auf Methoden- und Sozialkompetenzen; die internen Kurzschulungen vermitteln vor allem Fachkompetenzen.»

Tavolago wiederum unterscheidet jeweils zwischen Standardschulungen und einem internen Kursangebot – Letzteres bietet rund 20 freiwillige Kurse an. «Die jeweilige Dauer ist dabei sehr unterschiedlich, von Kurzschulungen bis zu mehrtägigen Kursen», hält Reto Fries fest. «Für externe Aus- und Weiterbildungen befragen wir jährlich alle Mitarbeitenden nach ihren Vorstellungen und Ideen und unterstützen dabei von der Grundausbildung über fachspezifische Kurse bis zu eidgenössisch anerkannten Abschlüssen oder Masterabschlüssen so ziemlich jeden Bereich.»