Hotellerie

Icomos Suisse: Spezialpreis, historisches Hotel sowie Restaurant des Jahres 2019

Christine Bachmann – 15. November 2018
Historische Substanz und Gastgewerbe, das verbindet die von Icomos Suisse ausgezeichneten ­Betriebe. Die Gewinner in den drei Kategorien im Porträt.

Bereits zum 23. Mal in Folge hat Icomos Suisse, in Zusammenarbeit mit GastroSuisse, Hotelleriesuisse und Schweiz Tourismus, die Auszeichnung «Das historische Hotel/Restaurant des Jahres» (siehe Kasten) an Betriebe vergeben, die den hohen denkmalpflegerischen und restauratorischen Ansprüchen der Jury genügen. Weiter vergab die Jury heuer zudem den «Spezialpreis 2019». Gewinnerin dieses Preises ist die Stiftung Kartause Ittingen. Die Jury honorierte «die vorbildliche Erhaltung, Pflege und Weiterentwicklung eines einzigartigen Kulturdenkmals, das im besten klösterlichen Sinn als Ort der Gastlichkeit, Fürsorge und Kultur seit vier Jahrzehnten zukunftsweisend betrieben wird». 1152 als Augustinerkloster gegründet, 1461 von den Kartäusern übernommen, war die Kartause Ittingen fast 700 Jahre lang ein Kloster, bevor dieses 1848 vom Staat aufgehoben wurde. 1867 ging es in den Besitz der Bankiersfamilie Fehr über. Diese wiederum veräusserte das komplette Anwesen nach drei Generationen in Familienbesitz 1977 an die neu gegründete privatrechtliche Stiftung Kartause Ittingen. In deren Besitz befindet sich der Betrieb heute noch. Ihr Zweck: der Erhalt und die Belebung der Kartause, «wobei das Beleben den Erhalt finanzieren muss», wie Hoteldirektor Valentin Bot betont. So sei das operative Geschäft heute selbsttragend. Von 1978 bis heute sind rund 100 Millionen Franken in den Wiederaufbau, die Restaurierung und den Neubauten investiert worden. Das geschah stets unter den wachen Augen der Denkmalpflege, mit der eine gute Zusammenarbeit bestehe, wie Bot betont. «Es ist ein konstruktives Miteinander», führt der Hoteldirektor aus. Die Kartause Ittingen zeichnet sich aber nicht nur durch die historische Substanz aus, sondern auch durch ihre Vielfältigkeit. So finden sich auf dem Gelände des ehemaligen Kartäuserklosters heute ein Hotel mit 68 Zimmern sowie ein Restaurant, eine Bar, Seminar-, Tagungs- und Banketträumlichkeiten mit insgesamt 30 Räumen – ideal für 4 bis 450 Teilnehmende. Hinzu kommen ein Klosterladen, ein Gutsbetrieb, ein Wohnheim mit Werkbetrieb für psychisch oder geistig beeinträchtigte Menschen sowie zwei Museen. «Mit diesem vielfältigen Angebot können wir unsere festgelegten zentralen Werte leben», sagt Bot. Diese bestehen aus:

  • Spiritualität (Kurse und Workshops)
  • Kultur (Ittinger Museum und Kunstmuseum Thurgau sowie Konzertveranstaltungen)
  • Bildung (Tagungen und Seminare)
  • Gastfreundschaft (Hotel und Restaurant)
  • Fürsorge (Integration von Mitarbeitenden mit psychischer oder geistiger Beeinträchtigung)
  • Selbstversorgung (Gutsbetrieb mit Weinbau, Gärtnerei, Metzgerei, Käserei etc.)
Bedingt durch ihre Grösse und auch ihr vielfältiges Angebot bietet die Kartause Ittingen Arbeit für rund 220 Mitarbeitende. «Darunter befinden sich 21 Lernende in sieben Berufen sowie 60 Mitarbeitende, die an einem geschützten Arbeitsplatz tätig sind», erklärt Bot. Ein weiterer Punkt auf der Werteliste, der auch dem gastgewerblichen Angebot zugutekommt, ist die Selbstversorgung. Heute wie damals werden im Kloster viele Produkte selber herstellt. «Es gibt wohl kaum ein zweites Restaurant in der Schweiz, das mit über 200 Produkten vom eigenen Gutsbetrieb beliefert wird», sagt Bot. Rund 70 Prozent des Fleisches auf der Speisekarte stamme von den eigenen Tieren, und 90 Prozent der Weine, die verkauft werden, seien eigene. Seit geraumer Zeit hätten sie deshalb das Null-Kilometer-Menü eingeführt: Was auf den rund 100 Hektaren Land wächst, landet direkt in der Restaurantküche und von dort auf den Tellern. «Das Menü kommt sehr gut bei den Gästen an», weiss Bot. Fragt man ihn, was die Jury am Ende von der Kartause Ittingen überzeugt haben mag, so meint er: «Wohl das umfassende Gesamtkonzept, angefangen bei der historischen Substanz bis hin zum ursprünglichen Prinzip der Selbstversorgung.» www.kartause.ch  ___________________________________________________________ Historisches Hotel des Jahres 2019: Grand Hôtel des Rasses, Les Rasses «Wir freuen uns sehr über die ­Auszeichnung und darüber, dass unser Engagement Früchte getragen hat», sagt Patrice Bez Jacques, Direktor des 3-Sterne-Grandhotels des Rasses in Les Rasses. Der 120-jährige Betrieb, der erst Ende Oktober als 56. Hotel in den ­Verband der Swiss Historic Hotels aufgenommen wurde, ist «Historisches Hotel des Jahres 2019». Für Bez Jacques ist klar: «Der Icomos-Preis wird uns und der Re­gion Sichtbarkeit verschaffen. Wir ­liegen mitten in den Bergen, sodass es nicht einfach ist, Gäste anzuziehen, aber dank des Preises werden wir sicher die Auslastung erhöhen können.» Seit 2011 ist das Grand Hôtel in Besitz der BOAS-­Gruppe, die den historischen ­Betrieb seither kontinuierlich renoviert hat. Der Preis «Historisches Hotel des Jahres 2019» würdige nun als Höhepunkt unsere Bemühungen, den ehemalige Glanz des Hotels wiederherzustellen, freut sich Bez Jacques. www.grandhotelrasses.ch ___________________________________________________________ Historisches Restaurant des Jahres 2019: Belle-Epoque-Flotte der CGN, Lac Léman Kein gewöhnliches Restaurant, sondern eine Schifffahrtsgesellschaft hat heuer den Preis «Historisches Restaurant des Jahres 2019» erhalten: die Compagnie Générale de Navigation (CGN). «Wir sind stolz und geehrt. Der Preis ist eine Anerkennung für unsere Anstrengungen», sagt Maurice Decoppet, Präsident der CGN Belle Epoque SA, einer Tochtergesellschaften der CGN-­Gruppe. Aus gutem Grund ist die CGN Belle Epoque SA ­bestrebt, die Schönheit ihrer Schiffe zu bewahren, die 2011 vom Kanton Waadt unter Denkmalschutz ­gestellt wurden und als ­Kulturerbe von nationalem Interesse anerkannt sind. Die Geschichte erfordert aber auch ein ständiges ­Investieren in die Substanz. So sind von den acht Belle-Epoque-Raddampfern (Montreux, Vevey, Italie, La Suisse, Savoie, Simplon, Helvétie und Rhône) fünf bereits einmal umfassend renoviert worden», wie Maurice Decoppet berichtet. www.cgn.ch
www.abvl.ch ___________________________________________________________ Worte im Namen der Trägerschaft: Grussworte des ­GastroSuisse-Direktors Auf seiner Reise aus dem Kanton Thurgau in den Kanton Waadt habe er ausreichend Zeit gehabt, um sich auf die Feierlichkeiten ­einzustimmen, sagt Daniel Borner von Gastro­Suisse, der im ­Namen der Trägerschaft die Grussworte überbrachte. Borner sieht in den historischen Betrieben «eine grosse Chance für den Tourismus und in diesem Sinne auch für das Reiseland Schweiz». Zudem gehöre die Schweiz zu den Ländern Europas, welche eine Vielzahl früher und qualitätsvoller Zeugen des Tourismus besitzt. Historische Betriebe seien Teil unseres Kulturerbes. Deshalb unterstütze GastroSuisse mit Sympathie und Überzeugung die Arbeit von Icomos Suisse, in Zusammenarbeit mit Hotelleriesuisse und Schweiz Tourismus. Borner lobte ferner den Mut, die Flexibilität und den Unternehmergeist, der notwendig ist, um in einem historischen Gebäude wirtschaftlich erfolgreich zu sein. «Liebe Nominierte für den Icomos-Preis 2019, das ist ihnen vorzüglich gelungen.»