Christof Steiner hat die Hotelfachschule Thun absolviert. Danach war er im Ausland sowie in Saas-Fee tätig, bevor er 2009 gemeinsam mit seiner Frau Maya das historische Kurhaus Bergün übernahm, das er bis heute mit viel Herzblut führt. Seit 2015 engagiert sich Steiner als Präsident der Swiss Historic Hotels.
GastroJournal: Wie steht es um die Swiss Historic Hotels (SHH)?
Christof Steiner: Seit der Gründung vor 13 Jahren hat sich bei den SHH einiges getan und wir sind zu einer gesunden Hotelkooperation mit über 50 Betrieben herangewachsen. Dabei konnten wir auch einige Meilensteine verbuchen – beispielsweise die Herausgabe unserer zwei «Zeitreise »-Bücher – und wir freuen uns über eine gestiegene Nachfrage sowohl von Seiten Hotels wie auch von Gäste-Seite.
«Wir dürfen uns vor der Digitalisierung nicht verschliessen»Wenn Sie sich für die SHH etwas wünschen können, was wäre das?
Der Status quo ist für uns stimmig, auch wenn es nicht so ist, dass wir keine Ideen hätten. Nachholbedarf sehe ich im Bereich Vermarktung, insbesondere online. Wir sind wahrscheinlich die einzige Kooperation, die den Mitgliedern keinen eigenen Buchungskanal zur Verfügung stellt, weil wir aus Philosophie-Gründen nach wie vor primär auf Direktbuchungen setzen. Dennoch sehe ich bei der Online-Vermarktung dank unserer Grösse Potenzial. Denn die Digitalisierung lässt sich nicht stoppen, und wir dürfen uns nicht davor verschliessen. Digitalisierung und historische Betriebe, harmoniert das?
Für mich schliesst es sich nicht aus. Vielmehr bin ich sogar davon überzeugt, dass es gerade im Verkaufsbereich keine Grenzen geben darf, denn dort sind wir gleichgeschaltet mit allen anderen Hotels. Interessant sind die Möglichkeiten der Digitalisierung meiner Meinung nach auch in der Haustechnik. Hier könnte man mittels Energiemanagement sehr viel herausholen, gerade bei historischen Häusern. Oder auch «Augmented Reality»: Hiermit könnte ein Gastgeber historische Rundgänge durch sein Haus anbieten, oder den Gästen zeigen, wie es früher ausgesehen hat. Die Anzahl Betriebe bleibt durch die Grundvoraussetzung «historisch» beschränkt. Wie schaut es dennoch mit Wachstum aus?
In unserer Strategie ist zwar ein gesundes Wachstum definiert, wir suchen aber nicht proaktiv nach Partnern. Vielmehr sind wir in der glücklichen Lage, dass die SHH attraktiv genug sind, dass Betriebe momentan auf uns zukommen. Davon können wir aber aufgrund strenger Kriterien nur gut die Hälfte aufnehmen. Wenn wir ein grösseres Wachstum wollten, müssten wir unsere Kriterien herunterschrauben, aber das ist definitiv kein Thema. Somit ist das Wachstum limitiert. Hinzu kommt, dass die SHH davon leben, dass sie klein, persönlich und überschaubar sind. Wie sieht es mit historischen Restaurants aus, wäre das eine Option?
Es gibt vergleichbare Länderorganisationen, die auch Restauration in ihrer Kooperation haben. In der Schweiz hat man das zwar vor einigen Jahren ebenfalls geprüft, aber die Rückmeldungen von Seiten der Restaurateure waren negativ.
«Unser Wachstum ist aufgrund strenger Kriterien limitiert»Hinzu kommt, dass wir uns zwischenzeitlich klar als Hotelkooperation positioniert haben. Wir würden es allerdings begrüssen, wenn es Restaurateure mit historischem Betrieb gäbe, die sich unabhängig von uns organisieren würden. Dann könnten wir von Kooperation zu Kooperation beispielsweise Think- Tanks bilden oder gemeinsame Marketingaktionen lancieren. Wie ist der Kontakt untereinander – sowohl national als auch international?
Auf nationaler Ebene treffen wir uns zweimal im Jahr, um uns auszutauschen. Meist sind da gut zwei Drittel aller Mitglieder anwesend, was immer sehr befruchtend wirkt. Auf internationaler Ebene bei den Historic Hotels of Europe indes ist der Austausch mit 500 Partnern schon etwas unpersönlicher, dennoch spannend. Das Teilen von Best-Practice-Beispielen betrachte ich als grossen Gewinn. Was sind zurzeit die grössten Herausforderungen der SHH?
Herausforderungen haben wir grundsätzlich dieselben wie der Rest der Branche. Hier macht mich zuversichtlich, dass der Schweizer Franken wieder etwas schwächer geworden ist. Zudem hoffe ich, dass die politischen Vorstösse, sei es die Motion Bischof oder die Fair-Preis-Initiative, eine gewisse Entspannung in die Branche bringen könnten. Eine Chance sehe ich sicher in unserer klaren Positionierung. Denn gerade heute suchen die Gäste immer mehr das Historische und Authentische, entsprechend liegen die SHH im Trend. Bedauerlich ist jedoch, dass die SHH in der Westschweiz schlecht vertreten sind, obwohl es dort tolle Betriebe gäbe. Aber an diese heranzukommen ist schwierig. Kommt hinzu, dass ein aktiv akquirierter Betrieb oft ein anderes Commitment hat, als wenn er aus eigenem Antrieb zu unserem Netzwerk gestossen ist. Inwiefern wir da rasch eine Veränderung unserer nationalen Abdeckung erleben werden, ist unklar. Soeben sind die neuen Kandidaten für den Icomos-Preis bekannt geworden (siehe GJ39). Was bringt der Preis?
Der Icomos-Preis hat sehr viel Bewusstsein für die historischen Häuser geschaffen, und ist neben der wirtschaftlichen Relevanz auch ein schönes Kompliment. Ein Blick in die nahe Zukunft?
Wir freuen wir uns über die Herausgabe des neuen Buches und hoffen, dass wir an den Erfolg des ersten anknüpfen können. Aber auch sonst schauen wir mit Zuversicht in die Zukunft.