Hotellerie

Die loyalsten Mitarbeitenden fürs Hotel

Christine Bachmann – 30. Mai 2018
Das Magdas Hotel in Wien integriert Flüchtlinge in die Wirtschaft. Vor gut drei Jahren gestartet, wird das ­Magdas Hotel in Wien heuer seinen Break-even erreichen: ­eine Erfolgsgeschichte mit Nachmachcharakter.

Blühende Prater-Allee. Direkter Blick aufs Riesenrad. Das Hotel Magdas in Wien ist nicht nur zentral gelegen, sondern mit seinem Konzept einzigartig in Europa. Denn das ehemalige Seniorenhaus der Caritas, das für 1,5 Millionen Euro zum Hotel umgewandelt wurde, integriert seit der Eröffnung im Februar 2015 Flüchtlinge in den gastgewerblichen Alltag. Entstanden ist das Projekt aus einem Bedürfnis heraus, wie Geschäftsführerin Gabriela Sonnleitner erzählt: «Die Caritas hat in ihren Beratungsstellen gemerkt, dass Menschen, die einen Asylbescheid haben und in Österreich arbeiten möchten und auch dürften, keine Anstellung finden.» Das, obwohl gerade im Tourismus-Bereich händeringend nach Mitarbeitenden gesucht werde: «Wir hatten also auf der einen Seite jene, die nach Arbeit, und auf der anderen solche, die nach Mitarbeitenden suchen.» Da sei die Idee entstanden, diese beiden Gruppen zusammenzubringen. Zwar müsse man als gastgewerblicher Betrieb am Anfang in die Leute investieren, aber dann habe man die loyalsten Mitarbeitenden, die man sich wünschen kann, führt Sonnleitner weiter aus: «Apropos Flüchtlingsintegration, das Modell ‹Riesco› in der Schweiz finden wir ganz toll. Genau so etwas bräuchten wir auch in Österreich. Denn viele Gastgeber sagen zwar: Ich würde jemanden mit Asylbescheid nehmen, aber ein wenig etwas müssten sie schon können.» Denn dass die Integration zwar Nutzen stiftet, aber auch mit Aufwand verbunden ist, zeigt sich an der Anzahl Mitarbeitenden, die auf einen Flüchtling im Betrieb kommen. «Auf eine Fachkraft kommt jeweils ein zu integrierender Mitarbeitender», erklärt Sonnleitner: «Denn wir haben gemerkt, auch wenn jemand mit Branchen-Vorkenntnissen kommt, ist es was anderes, die Arbeit in Österreich zu machen, als im eigenen Kulturkreis.» Weiter habe sich die Leitung inzwischen mehr auf junge Menschen fokussiert. «Wir hatten zu Beginn auch ältere Arbeitnehmende, aber das grosse Potenzial liegt einfach in der Jugend, die zudem noch eine Chance auf eine offizielle Lehre hat.» Finanziell verdienen die Flüchtlinge übrigens im Magdas gleich viel wie die jeweiligen Fachkräfte in ihrer Abteilung. «Wir arbeiten mit diesen reellen Löhnen, weil es uns ein Anliegen ist, gegenüber normalen Wirtschaftsunternehmen konkurrenzfähig zu sein», erklärt Sonnleitner. Die einzige Eingabe, die sie im letzten Herbst gemacht habe betreffend «Lernenden-Förderung», sei auch für die anderen Unternehmen zugänglich. Diese wirtschaftliche Einstellung ist sicher auch ein Grund, weshalb das Magdas zu den anderen gastgewerblichen ­Betrieben einen guten Kontakt pflegt. So ist Sonnleitner immer wieder einmal bei Verbänden und Kollegen eingeladen, um das Projekt vorzustellen. «Und im Sommer frage ich jeweils auch andere Hoteldirektoren an, ob sie Rückmeldungen zu unserem Haus liefern könnten, weil das total wertvoll ist», sagt Sonnleitner. Hier bestehe eine grosse Bereitschaft von Seiten der Kollegen, sich ein bis zwei Stunden hinzusetzen und zu sagen, wo es noch Potenzial gebe und wo nicht. Das Magdas Hotel firmiert als Verein, ist eine 100-prozentige Tochter der Caritas und funktioniert wirtschaftlich unabhängig. «Das Start- investment der Caritas, ein Kredit über 1,5 Millionen Euro, um die nötigen Revitalisierungs-Arbeiten im Betrieb durchzuführen, wurden seit der Eröffnung kontinuierlich zurückbezahlt», betont Sonnleitner: «Wenn alles gut läuft in diesem Jahr, dann werden wir erstmals den Break-even erreichen.» Mit 180 Betten und 88 Zimmern verfügt das Magdas über eine durchschnittliche Grösse. Konzeptionell wird auf Vintage gesetzt. «Ein Konzept, das aus der Not heraus entstanden ist, denn wir hatten anfänglich nur wenig Geld. Mit 1,5 Millionen Euro kommt man einfach nicht weit», weiss Sonnleitner. Also habe man vieles im Haus wiederverwendet, Mobiliar aus dem Caritas-Fundus geholt und auch Möbelspenden von Privaten sowie Kollegen entgegengenommen – beispielsweise aus dem Hotel Sacher. «Wenn ich die Einrichtung gemacht hätte, dann würde es heute furchtbar ausschauen», lacht Sonnleitner, «aber wir hatten tolle Designer und mit Daniel Büchel einen wahren Meister, wenn es um Upcycling geht.» Neben dem Hotelbetrieb, der rund zwei Drittel des Gesamtumsatzes einspielt, ist der F&B-Bereich inzwischen essenziell geworden. «Wir haben einen grossen Essbereich im Parterre, der insbesondere am Wochenende rege genutzt wird, und unter der Woche werden unsere Räumlichkeiten auch für diverse Firmenveranstaltungen und ­Seminare genutzt.» Frequentiert wird das Magdas von einer sehr inhomogenen Gästegruppe. «Konzipiert war das Haus ursprünglich für junge Menschen, die schon verdienen, aber noch keine Bindungen haben und gerne reisen.» Aber wenn man im Magdas in den Frühstücksraum schaue, dann sehe es ganz anders aus. «Marketingmässig ist das schwierig. Aber ich glaube, dass unser Motto ‹stay open minded› das verbindende Glied ist. Denn das hat nichts mit dem Alter zu tun.» Blickt Sonnleitner in die Zukunft, so ist die grosse Vision ein Franchise-Konzept. «Denn wir wollen die grosse Wirkung aus dem Magdas machen. Was in Österreich funktioniert, das könnte auch in anderen Ländern wirken», ist Sonnleitner überzeugt. Momentan seien sie zudem daran, Zukunftsszenarien zu besprechen betreffend des Altbaus, in dem sich das Magdas befindet. «Denn wir müssen wissen, ob das Haus auch einer längeren Verwendung standhält, da wir es vor drei Jahren nur einer Oberflächensanierung unterzogen haben.» Sobald die Entscheidung der «Mutter» und Hauseigentümerin Caritas feststehe, dass das Projekt auch die nächsten Jahre so weiterlaufe, könne investiert werden. «Und ich werde alles daransetzen, dass wir weitermachen können», betont Sonnleitner. www.magdas-hotel.at