Hotellerie

25hours Hotels-CEO Christoph Hoffmann: "Stoppen war nie eine Option."

Christine Bachmann – 18. September 2018
Er ist der Kopf einer der kreativsten und innovativsten Hotel­gruppen, die es zurzeit auf dem Markt gibt: Christoph Hoffmann, CEO der 25hours ­Hotels, im Gespräch.

Christoph Hoffmann ist gelernter Reiseverkehrsfachmann und Absolvent der ­Hotelfachschule Glion. Er hat in diversen Hotelbetrieben gearbeitet, bevor er 2005 mit seinen Partnern Kai Hollmann, Ardi Goldman und Stephan Gerhard die 25hours Hotel Company gründete. Hoffmann ist als CEO und Mastermind seit Beginn für die Entwicklung und Expansion der Gruppe sowie der entsprechenden Marke verantwortlich. Hoffmann ist verheiratet und Vater einer Tochter. GastroJournal: 25hours Hotels wächst rasant. Inwiefern war schon immer klar, dass es so viele Hotels geben wird? Christoph Hoffmann: Unser gemeinsames Verständnis von Beginn an war, dass wir eine Hotelgruppe beziehungsweise eine -Marke etablieren möchten. Wobei das Thema Marke uns fast noch wichtiger war als die Anzahl Häuser, die inzwischen auf 13 Hotels angewachsen ist. Geht es mit der Expansion nun fröhlich so weiter wie bis anhin?
Eventuell noch ein wenig rasanter, denn seit eineinhalb Jahren hält ja Accorhotels 30 Prozent unserer Anteile. Diese strategische Allianz soll uns künftig helfen, international zu wachsen.

«Accorhotels ist nicht angetreten, uns zu schlucken, sondern zu stützen»
Accorhotels ist ein genormter, strukturierter Hotel-Gigant, 25hours Hotels eine kleine, individuelle, etwas verrückte Gruppe. Wie kommt das zusammen?
Genau deshalb kommen wir zusammen. Als wir uns überlegten, mit wem wir kooperieren könnten, da stand Accorhotels nicht auf unserer Liste. Erst als uns Accorhotels-CEO Sébastien Bazin angesprochen hat, haben wir gemerkt, dass das die ideale Liaison sein könnte, weil Accorhotels als Riese genau diese Individualität schätzt, die wir mitbringen. Accorhotels ist zudem nicht angetreten, uns zu schlucken, sondern zu stützen. Denn sie wissen, dass sie mit den Kernmarken alleine nicht mehr weiterkommen. Vielmehr wollen sie künftig stärker in individualisierte Nischenmärkte reinkommen. Weiter ist die Liaison positiv, weil sie uns auch Nachhaltigkeit verspricht. Denn meine Sorge war seit jeher, dass wir, wenn wir als Unternehmen weiterhin so wachsen und gedeihen, irgendwann einmal auseinanderbrechen, weil wir zu gross werden. Nun kann ich einigermassen entspannt in die Zukunft blicken und auf einen starken Partner zählen. Haben Sie keine Angst, dereinst von ­Accorhotels geschluckt zu werden?
Nein, auch wenn Accorhotels die Möglichkeit auf Call Optionen bis zu 100 Prozent hat. Aber alleine bleiben, sich als kleine Gruppe irgendwann einmal übernehmen, weil man zu sehr wächst, war auch keine Option. Nicht mehr weiter expandieren, stoppen, wäre eine Option gewesen! Stoppen war nie eine Option. Aber klar wäre ein langsameres Wachsen ein vernünftigerer Ansatz gewesen. Aber das bin ich nicht, und das sind wir nicht. Denn stoppen bedeutet auch, dass wir unsere Inspirationsquellen verlieren. Denn jedes neue Hotel, das wir eröffnen, bringt uns neue Inputs, Ideen sowie Menschen. «Stand still and rot»: Im Stillstand geht man unter.
«‹Stand still and rot›: Im Stillstand geht man unter»
Was war der konzeptionelle Grund­gedanke und inwiefern konnten Sie diesen bis heute durchziehen?
Jetzt muss ich Sie desillusionieren. Ich hatte keine klare Vision oder Vorstellung, als wir begonnen haben. Es war nie mein Ziel, in so vielen Jahren so viele Hotels zu haben. Ich habe einfach mal begonnen, habe mich mit dem Augenblick beschäftigt – und dass wir heute da stehen, wo wir sind, ist einfach überwältigend. Die Gastronomie ist bei 25hours Hotels sehr wichtig: Wieso in Zeiten, in denen Hotels den F&B-Bereich eher abstossen, genau auf diese Schiene setzen – insbesondere in Städten, in denen das Angebot mannigfaltig vorhanden ist?
Weil die Gastronomie Hotels zum Leben bringt. Ich kann mich an die Bar setzen, kann essen gehen, bin als Business-Gast nicht alleine. Das ist es doch, was ich schätze. Das Zwischenmenschliche. Ein Hotel, in dem alles ausgelagert ist, das mag ich persönlich nicht, dito Automaten-Check-in et cetera. Wie will man hier, wenn man keinen Kontakt mehr hat zum Gast, ihm die Ideologie, die Tonalität des Hauses näher bringen? Apropos Technologien und Digitalisierung. Im Konzept von 25hours Hotels ist zu lesen: «Wir wollen keine Service-Roboter.» Wie stehen Sie sonst zur Digitalisierung?
Mir ist klar, dass die Digitalisierung die Hotellerie verändern wird, beziehungsweise sie schon verändert hat. Wir würden uns hier bei diesem Thema aber gerne die Rosinen he­rauspicken von dem, was Digitalisierung bedeutet. Ich glaube, an dieser Stelle müssen wir nicht unbedingt die «first mover» sein. Vieles von dem, was probiert wird, ist noch nicht kundenfreundlich. Das ist okay so, denn man muss es ja erst ausprobieren. Aber ich persönlich tue das ungern auf dem Rücken unserer Gäste. Deshalb sind wir vorsichtig mit neuen Prozessen. Accorhotels wird uns hier sicher stark helfen. Denn ein weiterer Grund, weshalb wir uns mit ihnen zusammengetan haben, ist, weil wir in diesem Bereich sicher viel von ihnen lernen können. Momentan spielen wir noch mit der Anti-Digitalisierung und bieten in all unseren Hotels mittlerweile zwei analoge Zimmer an. Aber wie gesagt: Es braucht Raum für Analoges und für Digitales.
«Gäste möchten ein nachhaltiges Erlebnis und Inspiration»
Sie legen bei 25hours Hotels Wert auf eine gute Mitarbeiter-Kultur. Was heisst das konkret?
Wir geben unseren Mitarbeitenden sehr viel Vertrauen, und wir glauben, dass Vertrauen und die Freiheit, sich zu entfalten, einfach eine tolle Grundlage sind. Sie sind seit Jahren in der Hotellerie tätig. Wie steht es um die Branche?
Bis zu den 90er-Jahren gab es Luxus­hotels und funktionale 3- bis 4-Sterne Hotels. Das heisst, zu dieser Zeit musste man als Gast tief in die Tasche greifen, wenn man ein besonderes Hotelerlebnis haben wollte. Heute gibt es diese Trennung nicht mehr. Denn der Gast möchte auch im unteren und mittleren Segment etwas Spezielles erleben, wenn er in ein Hotel geht. Dementsprechend ist der Gast anspruchsvoller geworden, und mit diesem Anspruch entsteht ein neuer Markt. Gäste möchten heute ein nachhaltiges Erlebnis und Inspiration. Wie stehts um die Schweizer Hotellerie?
Ich bin da wohl zu subjektiv, weil ich ein grosser Schweiz-Fan bin. Für mich ist die Schweiz in vielerlei Hinsicht noch immer die Wiege der Qualität, wenn es ums Essen, Trinken und Schlafen geht. Dass vielleicht, wie oft von den Schweizern selbst bemängelt, die Innovationskraft fehlt, das kann ich so nicht erkennen. Wo sehen Sie 25hours Hotels in der Zukunft?
Ich sehe Hotels an Standorten, auf die ich jetzt schon gespannt bin, und ich blicke voller Vorfreude auf die Eröffnung unserer Hotels in Sao Paolo, Melbourne und London. 25hours Hotels wird in zehn Jahren ein internationales Unternehmen sein, das von Menschen aus aller Welt geführt wird. Ich sehe mit der Eröffnung dieser Häuser zudem ganz viel Inspiration, die auch unsere ursprünglichen Häuser beflügeln wird. Und zu guter Letzt sehe ich auch eine Obergrenze – ich würde unser Unternehmen ungern mit 200 Hotels sehen, denn dann werden wir definitiv unglaubwürdig. Wir haben uns mit Accorhotels deshalb darauf verständigt, dass wir ungefähr 50 Standorte weltweit beziehungsweise rund 60 Hotels ins Auge fassen, das Leisure-Segment nicht ausgeschlossen. Denn grundsätzlich bleiben wir aufgeschlossen und schauen, was kommt.