Zertifikatspflicht im Restaurant: Es gibt nicht nur Verlierer

Oliver Borner – 06. Oktober 2021
Seit knapp einem Monat dürfen Gäste nur mit einem Covid-Zertifikat ins Restaurant. Die Angst vor grossen Umsatz- und Gästeeinbussen ist gross. Jetzt zeigt sich: Es gibt auch Betriebe, die trotz Zertifikatspflicht einigermassen gut wirtschaften. Allerdings fürchten sich diese vor den sinkenden Temperaturen und dem Ende der Gratistests.

Es ist inzwischen rund ein Monat her, seit sich der Bundesrat für die Ausweitung der Zertifikatspflicht auf eine Vielzahl von Innenräumen entschied. Kinos, Fitnesszentren und eben auch die Gastronomie müssen beim Einlass fortan von ihren Gästen ein Zertifikatsnachweis inklusive Ausweis verlangen. GastroSuisse war wenig erfreut über diese Massnahme des Bundes und sprach bereits im Vorfeld von einer «Spaltung der Gesellschaft». Gemäss Umfragen des Verbands befürchteten über 50 Prozent der Betriebe gravierende Umsatzverluste von 30 bis 50 Prozent.

Grosse Einbrüche bleiben vorerst aus

Diese Angst scheint sich in vielen Betrieben etwas gelegt zu haben, wie eine kurze Umfrage des GastroJournals bei Betrieben in der Stadt und auf dem Land zeigt. «Wir stellen zurzeit wenig Änderungen bei den Umsätzen und im Geschäft fest», heisst es beispielsweise bei der Bindella Gruppe, die schweizweit über 40 Restaurants betreibt. Man verzeichne zwar in einzelnen Betrieben am Mittag weniger Gäste als noch vor der Zertifikatspflicht, allerdings gäbe es Orte, beispielsweise an der Bahnhofstrasse in Zürich, wo die Gäste teilweise für Essen Schlange stehen würden.

Ein ähnliches Bild zeichnet Daniel Knobel, Inhaber des Restaurants Johannisburg in Altendorf SZ. «Wir verzeichnen vor allem am Mittag weniger Gäste als noch vor der Zertifikatspflicht. An den Abenden und Wochenenden sind die Zahlen aber bisher etwa gleich geblieben», sagt er auf Anfrage des Fachmagazins. Er gehe allerdings davon aus, dass sich dies mit den sinkenden Temperaturen und dem potentiell schlechteren Wetter in den Herbst- und Wintermonaten ändern werde.

Die gleiche Sorge hegt auch Andreas Berger vom Landgasthaus Strauss in Meierskappel LU. Hier habe sich bereits im vergangenen Monat gezeigt, dass das Wetter einen grossen Einfluss auf die Gäste hatte. War das Wetter schlecht, kamen auch weniger Gäste ins Lokal. «Damit mussten wir bisher einen Umsatzrückgang von 20 bis 30 Prozent hinnehmen», so Berger. Er sei nun gespannt, wie sich die Situation in den kommenden Monaten entwickeln werde.

Jetzt schon weniger optimistisch ist Nathan Schönbeck, der in Basel ein kleines, aber feines Quartierbistro im St. Johann führt und mit seinem neuen Gastrokonzept bis anhin gut angekommen ist. Schönbeck sagt: «Seit der Einführung der Zertifikatspflicht haben wir von Dienstag bis Sonntag fast nur noch Gäste auf unsere Terrasse. Die Gäste verbringen sogar während Fussball-Liveübertragungen ihre Zeit draussen. Events mussten wir absagen, weil wir sonst die Regeln nicht konsequent einhalten konnten. Uns wurden mehre Gruppenanlässe abgesagt.» Begründung der Kunden: Ein Teil der Kunden konnte die Anforderungen nicht erfüllen. Dies sei für seinen Betrieb, so Schönbeck, sehr schmerzhaft, weil genau diese Gruppen seinen Mehrumsatz sicherten, wenn lokale Gäste ausblieben. Bei regulären Öffnungszeiten ohne Events werde dies zur Folge haben, dass das Bistro Munarts mehr und mehr schliessen müsse, da die täglichen Umsätze es nicht erlauben, Miet- und Personalkosten zu finanzieren.

Kostenpflichtige Tests bereiten Sorgen

In diesem Zusammenhang stellt sich für alle befragten Betriebe vor allem die Frage, wie sich die Situation mit den kostenpflichtigen Coronatests, die der Bund letzte Woche angekündigt hat, verändern wird. Diese Massnahme sorgt bei den Betrieben auf dem Land bereits für tiefere Sorgenfalten und Respekt. «Wir rechnen damit, dass mit dieser Massnahme weniger Gäste bei uns einkehren werden», so Daniel Knobel. In der Kombination mit dem schlechteren Wetter könne dies durchaus zum Problem werden.

Das sieht auch Andreas Berger aus Meierskappel so. «Unsere Bedenken richten sich vor allem auf grosse Feste, wie beispielsweise Weihnachtsessen oder Firmenessen. Wenn die Tests nicht mehr gratis sind, kann es durchaus sein, dass eine ganze Gruppe den Besuch absagt, obwohl die Mehrheit geimpft ist», sagt er. Allerdings lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen, welche Auswirkungen die Massnahme auf die Betriebe haben werde. Diese Meinung vertritt auch die Bindella-Gruppe. Es gelte nun, die ganze Situation abzuwarten und später zu bewerten.

GastroSuisse hat indes kein Verständnis für die Einführung von kostenpflichtigen Covid-Tests. «Diese Massnahme verschärft die Situation im Gastgewerbe zusätzlich», schreibt der Verband in einer Mitteilung von vergangener Woche. Gleichzeitig teilt der Verband die Befürchtung, dass die Gästezahl wegen der sinkenden Temperaturen und den damit verbundenen Schliessungen der Aussenbereichen sinken wird. Man müsse davon ausgehen, dass die Umsätze in den Betrieben damit tiefer werden. Deshalb fordert der Verband weiterhin, dass  «die zusätzlichen massiven Umsatzrückgänge [...] zu entschädigen» sind.